unbenommen. So lange die jungen Staatsbürger in Verdummung und Schwelgerei dahinleben, sind sie auch den Regierungen und deren Willkürlichkeiten nicht ge- fährlich, darum ist es diesen auch Recht, wenn sie darin erhalten werden und Jeder, der sie davon zurückbringen will, wird als ein Störenfried beobachtet und verschrieen. O lieber Herr Pfarrer, ich weiß es recht gut, was Sie mir sagen wollen und können, ich bin als ein solcher Störenfried schon im ganzen Lande verschrieen, überall, wo ich hinkomme, spielt dasselbe Stück, aber mich macht man dadurch nicht anders, ich fange überall dasselbe Trei- ben von vorn an und kann mir wohl sagen, daß ich da- durch, daß ich niemals in kleinen Kreisen für die gute Sache zu wirken verschmähte, mehr genützt habe, als viele meiner gleichgesinnten aber ruhmsüchtigen Freunde, die immer nur in den großen Städten und nur wo sie gekannt und genannt wurden, dem Fortschritt zu dienen suchten. Man muß es ihnen vergeben, weil Viele von ihnen gleich nur in diesen größern Verhältnissen aufge- wachsen sind, weil sie nicht gelernt haben, wie man mit dem Bauer, dem Arbeiter, dem gemeinen Mann über- haupt reden muß, das weiß nur der, der in der Hütte geboren und unterm Volke aufgewachsen ist, drum komm' ich immer wieder auf mein altes Wort zurück:
"Es ist mein Stolz, daß ich vom Volke stamme!"
unbenommen. So lange die jungen Staatsbuͤrger in Verdummung und Schwelgerei dahinleben, ſind ſie auch den Regierungen und deren Willkuͤrlichkeiten nicht ge- faͤhrlich, darum iſt es dieſen auch Recht, wenn ſie darin erhalten werden und Jeder, der ſie davon zuruͤckbringen will, wird als ein Stoͤrenfried beobachtet und verſchrieen. O lieber Herr Pfarrer, ich weiß es recht gut, was Sie mir ſagen wollen und koͤnnen, ich bin als ein ſolcher Stoͤrenfried ſchon im ganzen Lande verſchrieen, uͤberall, wo ich hinkomme, ſpielt daſſelbe Stuͤck, aber mich macht man dadurch nicht anders, ich fange uͤberall daſſelbe Trei- ben von vorn an und kann mir wohl ſagen, daß ich da- durch, daß ich niemals in kleinen Kreiſen fuͤr die gute Sache zu wirken verſchmaͤhte, mehr genuͤtzt habe, als viele meiner gleichgeſinnten aber ruhmſuͤchtigen Freunde, die immer nur in den großen Staͤdten und nur wo ſie gekannt und genannt wurden, dem Fortſchritt zu dienen ſuchten. Man muß es ihnen vergeben, weil Viele von ihnen gleich nur in dieſen groͤßern Verhaͤltniſſen aufge- wachſen ſind, weil ſie nicht gelernt haben, wie man mit dem Bauer, dem Arbeiter, dem gemeinen Mann uͤber- haupt reden muß, das weiß nur der, der in der Huͤtte geboren und unterm Volke aufgewachſen iſt, drum komm’ ich immer wieder auf mein altes Wort zuruͤck:
„Es iſt mein Stolz, daß ich vom Volke ſtamme!“
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unbenommen. So lange die jungen Staatsbuͤrger in
Verdummung und Schwelgerei dahinleben, ſind ſie auch
den Regierungen und deren Willkuͤrlichkeiten nicht ge-
faͤhrlich, darum iſt es dieſen auch Recht, wenn ſie darin
erhalten werden und Jeder, der ſie davon zuruͤckbringen
will, wird als ein Stoͤrenfried beobachtet und verſchrieen.
O lieber Herr Pfarrer, ich weiß es recht gut, was Sie
mir ſagen wollen und koͤnnen, ich bin als ein ſolcher
Stoͤrenfried ſchon im ganzen Lande verſchrieen, uͤberall,
wo ich hinkomme, ſpielt daſſelbe Stuͤck, aber mich macht
man dadurch nicht anders, ich fange uͤberall daſſelbe Trei-
ben von vorn an und kann mir wohl ſagen, daß ich da-
durch, daß ich niemals in kleinen Kreiſen fuͤr die gute
Sache zu wirken verſchmaͤhte, mehr genuͤtzt habe, als
viele meiner gleichgeſinnten aber ruhmſuͤchtigen Freunde,
die immer nur in den großen Staͤdten und nur wo ſie
gekannt und genannt wurden, dem Fortſchritt zu dienen
ſuchten. Man muß es ihnen vergeben, weil Viele von
ihnen gleich nur in dieſen groͤßern Verhaͤltniſſen aufge-
wachſen ſind, weil ſie nicht gelernt haben, wie man mit
dem Bauer, dem Arbeiter, dem gemeinen Mann uͤber-
haupt reden muß, das weiß nur der, der in der Huͤtte
geboren und unterm Volke aufgewachſen iſt, drum komm’
ich immer wieder auf mein altes Wort zuruͤck:
„Es iſt mein Stolz, daß ich vom Volke ſtamme!“
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/243>, abgerufen am 27.11.2024.
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