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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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Abschiedswort hervorgebracht. Er hatte wohl traurig aus-
gesehen, aber nicht traurig wie ein Schuldbewußter, son-
dern wie Einer gar nicht um sich, aber tief um Anderer
Willen bekümmert ist. So hatte er zum Fenster hinauf-
gerufen: "Tröstet meine Mutter, Frau Pfarrerin -- sie
wird Trost brauchen können und von Euch wird sie ihn
am ehesten anhören!" Er wußte wohl, daß eine Mut-
ter nur von einer andern Mutter verstanden werden
kann! -- Dies waren seine letzten Worte, die er im
Dorfe sprach.

Mutter Eva lag auf ihrem Bett, Käthe und Sus-
chen waren um sie beschäftigt, beide vermochten nicht, ihre
Thränen zurückzudrängen und Schreck und Angst lag auf
ihren Gesichtern. Der Chirurgus ging mit Achselzucken
wieder zur Thür hinaus, an der Traugott lehnte und von
innerm Schmerz verlegen an den Nägeln kaute -- es
war bei ihm auch vergebens, daß er sich seiner Thränen
erwähren wollte, sie rannen in großen Tropfen über sein
braunes Gesicht, das sonst immer munter und wie lau-
ter Lachen aussah. -- Der Pfarrer trat ein, er schüttelte
Traugott stumm und schmerzlich die Hand und setzte sich
an Mutter Eva's Lager nieder. Sie sah ihn mit halb-
gebrochenen Augen an und versuchte vergebens zu spre-
chen, der Schreck hatte auch ihre Zunge gelähmt. Sie
war aber nicht völlig bei Bewußtsein. Wie die Pfarrerin

Abſchiedswort hervorgebracht. Er hatte wohl traurig aus-
geſehen, aber nicht traurig wie ein Schuldbewußter, ſon-
dern wie Einer gar nicht um ſich, aber tief um Anderer
Willen bekuͤmmert iſt. So hatte er zum Fenſter hinauf-
gerufen: „Troͤſtet meine Mutter, Frau Pfarrerin — ſie
wird Troſt brauchen koͤnnen und von Euch wird ſie ihn
am eheſten anhoͤren!“ Er wußte wohl, daß eine Mut-
ter nur von einer andern Mutter verſtanden werden
kann! — Dies waren ſeine letzten Worte, die er im
Dorfe ſprach.

Mutter Eva lag auf ihrem Bett, Kaͤthe und Sus-
chen waren um ſie beſchaͤftigt, beide vermochten nicht, ihre
Thraͤnen zuruͤckzudraͤngen und Schreck und Angſt lag auf
ihren Geſichtern. Der Chirurgus ging mit Achſelzucken
wieder zur Thuͤr hinaus, an der Traugott lehnte und von
innerm Schmerz verlegen an den Naͤgeln kaute — es
war bei ihm auch vergebens, daß er ſich ſeiner Thraͤnen
erwaͤhren wollte, ſie rannen in großen Tropfen uͤber ſein
braunes Geſicht, das ſonſt immer munter und wie lau-
ter Lachen ausſah. — Der Pfarrer trat ein, er ſchuͤttelte
Traugott ſtumm und ſchmerzlich die Hand und ſetzte ſich
an Mutter Eva’s Lager nieder. Sie ſah ihn mit halb-
gebrochenen Augen an und verſuchte vergebens zu ſpre-
chen, der Schreck hatte auch ihre Zunge gelaͤhmt. Sie
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[286/0294] Abſchiedswort hervorgebracht. Er hatte wohl traurig aus- geſehen, aber nicht traurig wie ein Schuldbewußter, ſon- dern wie Einer gar nicht um ſich, aber tief um Anderer Willen bekuͤmmert iſt. So hatte er zum Fenſter hinauf- gerufen: „Troͤſtet meine Mutter, Frau Pfarrerin — ſie wird Troſt brauchen koͤnnen und von Euch wird ſie ihn am eheſten anhoͤren!“ Er wußte wohl, daß eine Mut- ter nur von einer andern Mutter verſtanden werden kann! — Dies waren ſeine letzten Worte, die er im Dorfe ſprach. Mutter Eva lag auf ihrem Bett, Kaͤthe und Sus- chen waren um ſie beſchaͤftigt, beide vermochten nicht, ihre Thraͤnen zuruͤckzudraͤngen und Schreck und Angſt lag auf ihren Geſichtern. Der Chirurgus ging mit Achſelzucken wieder zur Thuͤr hinaus, an der Traugott lehnte und von innerm Schmerz verlegen an den Naͤgeln kaute — es war bei ihm auch vergebens, daß er ſich ſeiner Thraͤnen erwaͤhren wollte, ſie rannen in großen Tropfen uͤber ſein braunes Geſicht, das ſonſt immer munter und wie lau- ter Lachen ausſah. — Der Pfarrer trat ein, er ſchuͤttelte Traugott ſtumm und ſchmerzlich die Hand und ſetzte ſich an Mutter Eva’s Lager nieder. Sie ſah ihn mit halb- gebrochenen Augen an und verſuchte vergebens zu ſpre- chen, der Schreck hatte auch ihre Zunge gelaͤhmt. Sie war aber nicht voͤllig bei Bewußtſein. Wie die Pfarrerin

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/294>, abgerufen am 22.11.2024.