die Bauern zurückgeschlagen, dann wollten sie, die guten Bürger, schon eine andre Entschuldigung für ihr Außen- bleiben finden und wäre es auch nur die gewesen, daß es sich ja gar nicht erst der Mühe verlohnt hätte, um solchen Lumpenpackes Willen herbeizukommen, das sei mit ein paar Polizeidienern auseinander zu treiben, oder die guten Bürger wären schnell noch hinzugekommen, wenn sie gesehen, daß der "Pöbel" Reißaus gemacht. Diejeni- gen aber, welche auf den Trommelruf kamen, die riefen den Bauern kameradschaftliche Grüße zu und fragten, was sie eigentlich wollten.
"Den Johannes frei!" schrie Jacob, "weiter nicht das Geringste!" und tausend Stimmen wiederholten es.
Da rief die Bürgergarde, die auf dem Platze war, wie ein Mann: "Ja, da helfen wir Euch! den Johan- nes raus! der muß frei werden!"
Mit Entsetzen blickten die Polizei- und Gerichtsdiener aus ihren Verstecken und die Mitglieder der geängsteten Behörden auf dieses Schauspiel, da Bürgergardisten und Bauern einander zum Bunde die Hand reichten! Das Volk machte Miene, das Gefängniß und die Amtswohnung zu stürmen. Wie leicht könnte nicht auch das Rathhaus daran kommen! dachte voll Schaudern der Stadtrath. Aus seiner Mitte ging jetzt eine Deputation zum Amt- mann: er solle Johannes frei geben, der Bürgermeister,
die Bauern zuruͤckgeſchlagen, dann wollten ſie, die guten Buͤrger, ſchon eine andre Entſchuldigung fuͤr ihr Außen- bleiben finden und waͤre es auch nur die geweſen, daß es ſich ja gar nicht erſt der Muͤhe verlohnt haͤtte, um ſolchen Lumpenpackes Willen herbeizukommen, das ſei mit ein paar Polizeidienern auseinander zu treiben, oder die guten Buͤrger waͤren ſchnell noch hinzugekommen, wenn ſie geſehen, daß der „Poͤbel“ Reißaus gemacht. Diejeni- gen aber, welche auf den Trommelruf kamen, die riefen den Bauern kameradſchaftliche Gruͤße zu und fragten, was ſie eigentlich wollten.
„Den Johannes frei!“ ſchrie Jacob, „weiter nicht das Geringſte!“ und tauſend Stimmen wiederholten es.
Da rief die Buͤrgergarde, die auf dem Platze war, wie ein Mann: „Ja, da helfen wir Euch! den Johan- nes raus! der muß frei werden!“
Mit Entſetzen blickten die Polizei- und Gerichtsdiener aus ihren Verſtecken und die Mitglieder der geaͤngſteten Behoͤrden auf dieſes Schauſpiel, da Buͤrgergardiſten und Bauern einander zum Bunde die Hand reichten! Das Volk machte Miene, das Gefaͤngniß und die Amtswohnung zu ſtuͤrmen. Wie leicht koͤnnte nicht auch das Rathhaus daran kommen! dachte voll Schaudern der Stadtrath. Aus ſeiner Mitte ging jetzt eine Deputation zum Amt- mann: er ſolle Johannes frei geben, der Buͤrgermeiſter,
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die Bauern zuruͤckgeſchlagen, dann wollten ſie, die guten
Buͤrger, ſchon eine andre Entſchuldigung fuͤr ihr Außen-
bleiben finden und waͤre es auch nur die geweſen, daß
es ſich ja gar nicht erſt der Muͤhe verlohnt haͤtte, um
ſolchen Lumpenpackes Willen herbeizukommen, das ſei mit
ein paar Polizeidienern auseinander zu treiben, oder die
guten Buͤrger waͤren ſchnell noch hinzugekommen, wenn
ſie geſehen, daß der „Poͤbel“ Reißaus gemacht. Diejeni-
gen aber, welche auf den Trommelruf kamen, die riefen
den Bauern kameradſchaftliche Gruͤße zu und fragten,
was ſie eigentlich wollten.
„Den Johannes frei!“ ſchrie Jacob, „weiter nicht
das Geringſte!“ und tauſend Stimmen wiederholten es.
Da rief die Buͤrgergarde, die auf dem Platze war,
wie ein Mann: „Ja, da helfen wir Euch! den Johan-
nes raus! der muß frei werden!“
Mit Entſetzen blickten die Polizei- und Gerichtsdiener
aus ihren Verſtecken und die Mitglieder der geaͤngſteten
Behoͤrden auf dieſes Schauſpiel, da Buͤrgergardiſten und
Bauern einander zum Bunde die Hand reichten! Das
Volk machte Miene, das Gefaͤngniß und die Amtswohnung
zu ſtuͤrmen. Wie leicht koͤnnte nicht auch das Rathhaus
daran kommen! dachte voll Schaudern der Stadtrath.
Aus ſeiner Mitte ging jetzt eine Deputation zum Amt-
mann: er ſolle Johannes frei geben, der Buͤrgermeiſter,
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/339>, abgerufen am 22.11.2024.
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