seine blauen Augen leuchteten noch in Begeisterung trotz Allem, was er erlitten.
"Du bist frei, Johannes!" rief Jacob triumphirend, "wir, Deine Brüder haben Dich befreit!" Und er hob ihn auf seine starken Arme und trug den Befreiten hin- aus aus dem Hause.
Draußen donnerte der Ruf von allen Seiten: "Jo- hannes lebe! unser Johannes! unser Freund und Bru- der! er ist nun frei!"
Und so viel Männer, als nur an Johannes heran konnten, umringten ihn und hoben ihn auf ihre Schul- tern, daß das Volk seinen geretteten Liebling sehe!
Er wußte nicht wie ihm war, er fühlte nur, daß er frei war; frei durch die Liebe des Volkes -- daß es ihn nicht vergessen hatte. Aber er verstand Nichts von Al- lem und sein Auge starrte traumverloren auf eine mäch- tige schwarz-roth-goldene Fahne, die ein Turner vor ihm neigte und schwenkte. Das waren ja die heiligen Farben, die er verborgen als Student auf seiner Brust ge- tragen und um deretwillen er zuerst verfolgt worden war -- und jetzt wehten sie hier auf dem Markt einer deutschen Stadt -- jetzt sah er sie auf hunderten von Hüten und Mützen.
"Friedrich Du auch?" rief Johannes, als er diesen gewahr ward, "ich träume wohl?"
ſeine blauen Augen leuchteten noch in Begeiſterung trotz Allem, was er erlitten.
„Du biſt frei, Johannes!“ rief Jacob triumphirend, „wir, Deine Bruͤder haben Dich befreit!“ Und er hob ihn auf ſeine ſtarken Arme und trug den Befreiten hin- aus aus dem Hauſe.
Draußen donnerte der Ruf von allen Seiten: „Jo- hannes lebe! unſer Johannes! unſer Freund und Bru- der! er iſt nun frei!“
Und ſo viel Maͤnner, als nur an Johannes heran konnten, umringten ihn und hoben ihn auf ihre Schul- tern, daß das Volk ſeinen geretteten Liebling ſehe!
Er wußte nicht wie ihm war, er fuͤhlte nur, daß er frei war; frei durch die Liebe des Volkes — daß es ihn nicht vergeſſen hatte. Aber er verſtand Nichts von Al- lem und ſein Auge ſtarrte traumverloren auf eine maͤch- tige ſchwarz-roth-goldene Fahne, die ein Turner vor ihm neigte und ſchwenkte. Das waren ja die heiligen Farben, die er verborgen als Student auf ſeiner Bruſt ge- tragen und um deretwillen er zuerſt verfolgt worden war — und jetzt wehten ſie hier auf dem Markt einer deutſchen Stadt — jetzt ſah er ſie auf hunderten von Huͤten und Muͤtzen.
„Friedrich Du auch?“ rief Johannes, als er dieſen gewahr ward, „ich traͤume wohl?“
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ſeine blauen Augen leuchteten noch in Begeiſterung trotz
Allem, was er erlitten.
„Du biſt frei, Johannes!“ rief Jacob triumphirend,
„wir, Deine Bruͤder haben Dich befreit!“ Und er hob
ihn auf ſeine ſtarken Arme und trug den Befreiten hin-
aus aus dem Hauſe.
Draußen donnerte der Ruf von allen Seiten: „Jo-
hannes lebe! unſer Johannes! unſer Freund und Bru-
der! er iſt nun frei!“
Und ſo viel Maͤnner, als nur an Johannes heran
konnten, umringten ihn und hoben ihn auf ihre Schul-
tern, daß das Volk ſeinen geretteten Liebling ſehe!
Er wußte nicht wie ihm war, er fuͤhlte nur, daß er
frei war; frei durch die Liebe des Volkes — daß es ihn
nicht vergeſſen hatte. Aber er verſtand Nichts von Al-
lem und ſein Auge ſtarrte traumverloren auf eine maͤch-
tige ſchwarz-roth-goldene Fahne, die ein Turner vor
ihm neigte und ſchwenkte. Das waren ja die heiligen
Farben, die er verborgen als Student auf ſeiner Bruſt ge-
tragen und um deretwillen er zuerſt verfolgt worden
war — und jetzt wehten ſie hier auf dem Markt einer
deutſchen Stadt — jetzt ſah er ſie auf hunderten von
Huͤten und Muͤtzen.
„Friedrich Du auch?“ rief Johannes, als er dieſen
gewahr ward, „ich traͤume wohl?“
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/343>, abgerufen am 22.11.2024.
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