würden's die Leut' auch schon von selbst finden, ohne daß ich weiter erzähl'. So muß ich's denn auch ab- warten, wie Jhr hier zusammen vonkommen werdet und darf weiter gar Nichts drein reden."
Unterdeß waren sie nun in die Stube getreten und der Vogt hatte die Fensterladen aufgestoßen. "Ein Bis- chen kehren wird meine Alte hier müssen!" sagte er, als ihm in den Fensternischen die Spinneweben ins Ge- sicht zogen. Hoch und groß war das Zimmer und unsrer Mutter Eva schien es eben nicht sehr wohnlich, weil sie an ihr Kämmerlein dachte, in dem man die Decke mit der Hand erlangen konnte, was ihr gerade recht gemüthlich vorkam.
Die Wände waren mit einer blau und silbergrauen Seidentapete überzogen, die, obwohl schon alt, doch noch wunderbar gut erhalten war. Ein paar Spiegel mit vergoldeten, etwas schwarz gewordenen Rahmen, hingen an den Pfeilern. Die Vorhänge, die an den Fenstern herniederwallten, waren von rothem Damast, ein Wenig verstäubt und verschossen, nahmen sich aber im- mer noch ganz stattlich aus. Eben so die Ueberzüge, die aus gleichem Stoffe waren, der alten eichenen Mö- beln. Ein riesiges Pult mit schöner Schnitzarbeit stand an dem einen Fenster und war zum Schreiben recht wie gemacht. Zwei alte Ahnenbilder hingen neben einander
wuͤrden’s die Leut’ auch ſchon von ſelbſt finden, ohne daß ich weiter erzaͤhl’. So muß ich’s denn auch ab- warten, wie Jhr hier zuſammen vonkommen werdet und darf weiter gar Nichts drein reden.“
Unterdeß waren ſie nun in die Stube getreten und der Vogt hatte die Fenſterladen aufgeſtoßen. „Ein Bis- chen kehren wird meine Alte hier muͤſſen!“ ſagte er, als ihm in den Fenſterniſchen die Spinneweben ins Ge- ſicht zogen. Hoch und groß war das Zimmer und unſrer Mutter Eva ſchien es eben nicht ſehr wohnlich, weil ſie an ihr Kaͤmmerlein dachte, in dem man die Decke mit der Hand erlangen konnte, was ihr gerade recht gemuͤthlich vorkam.
Die Waͤnde waren mit einer blau und ſilbergrauen Seidentapete uͤberzogen, die, obwohl ſchon alt, doch noch wunderbar gut erhalten war. Ein paar Spiegel mit vergoldeten, etwas ſchwarz gewordenen Rahmen, hingen an den Pfeilern. Die Vorhaͤnge, die an den Fenſtern herniederwallten, waren von rothem Damaſt, ein Wenig verſtaͤubt und verſchoſſen, nahmen ſich aber im- mer noch ganz ſtattlich aus. Eben ſo die Ueberzuͤge, die aus gleichem Stoffe waren, der alten eichenen Moͤ- beln. Ein rieſiges Pult mit ſchoͤner Schnitzarbeit ſtand an dem einen Fenſter und war zum Schreiben recht wie gemacht. Zwei alte Ahnenbilder hingen neben einander
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wuͤrden’s die Leut’ auch ſchon von ſelbſt finden, ohne
daß ich weiter erzaͤhl’. So muß ich’s denn auch ab-
warten, wie Jhr hier zuſammen vonkommen werdet und
darf weiter gar Nichts drein reden.“
Unterdeß waren ſie nun in die Stube getreten und
der Vogt hatte die Fenſterladen aufgeſtoßen. „Ein Bis-
chen kehren wird meine Alte hier muͤſſen!“ ſagte er,
als ihm in den Fenſterniſchen die Spinneweben ins Ge-
ſicht zogen. Hoch und groß war das Zimmer und
unſrer Mutter Eva ſchien es eben nicht ſehr wohnlich,
weil ſie an ihr Kaͤmmerlein dachte, in dem man die
Decke mit der Hand erlangen konnte, was ihr gerade
recht gemuͤthlich vorkam.
Die Waͤnde waren mit einer blau und ſilbergrauen
Seidentapete uͤberzogen, die, obwohl ſchon alt, doch
noch wunderbar gut erhalten war. Ein paar Spiegel
mit vergoldeten, etwas ſchwarz gewordenen Rahmen,
hingen an den Pfeilern. Die Vorhaͤnge, die an den
Fenſtern herniederwallten, waren von rothem Damaſt, ein
Wenig verſtaͤubt und verſchoſſen, nahmen ſich aber im-
mer noch ganz ſtattlich aus. Eben ſo die Ueberzuͤge,
die aus gleichem Stoffe waren, der alten eichenen Moͤ-
beln. Ein rieſiges Pult mit ſchoͤner Schnitzarbeit ſtand
an dem einen Fenſter und war zum Schreiben recht wie
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/86>, abgerufen am 04.12.2024.
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