Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

schlug! Du träumst wohl noch davon, weil Du in der
Herrenburg wohnst -- aber schau, sie ist ja Ruine und
so ist auch das alte Herrenrecht mit ruinirt. Nun, wir
werden uns schon noch besser verständigen. Sie sind
im Dienst des Grafen und ich achte jedes Dieners
Treue -- aber nun freut's mich erst recht, daß Sie
schon vorhin sagten, Sie würden's gern sehen, wenn ich
oft käme, denn sonst müßt' ich nun denken, ich habe es
nur dem Befehl des Grafen zu danken, wenn sie mich
freundlich aufnehmen!

Der Vogt wackelte mit dem Kopf, machte sich von
unserm Johannes los und sagte aufathmend: "Nun,
das muß wahr sein, ein wilder Bursche waren Sie
immer, aber jetzt scheinen Sie vollends als ein rechter
Sausewind wiedergekommen zu sein, -- das ist ja wie im
Frühling, wenn die ersten Thaustürme kommen, daß es
hier klingt, als müßten gleich die ganzen uralten Mauern
vollends zusammenbrechen. Und Jhr, Mutter Eva,
hört und seht auch bei all' dem tollen Reden und Trei-
ben ganz ruhig zu und seht dabei aus als lachte Euch
das Herz vor Freuden im Leibe."

"Muß auch schon so sein!" erwiderte sie, "aber
er hat's mir auch schon gesagt, ich soll ihn nicht so sehr
vor andern Leuten loben, das sei auch Eigenlob, wenn
man sein Kind lobe; sei wirklich etwas Gutes an ihm,

ſchlug! Du traͤumſt wohl noch davon, weil Du in der
Herrenburg wohnſt — aber ſchau, ſie iſt ja Ruine und
ſo iſt auch das alte Herrenrecht mit ruinirt. Nun, wir
werden uns ſchon noch beſſer verſtaͤndigen. Sie ſind
im Dienſt des Grafen und ich achte jedes Dieners
Treue — aber nun freut’s mich erſt recht, daß Sie
ſchon vorhin ſagten, Sie wuͤrden’s gern ſehen, wenn ich
oft kaͤme, denn ſonſt muͤßt’ ich nun denken, ich habe es
nur dem Befehl des Grafen zu danken, wenn ſie mich
freundlich aufnehmen!

Der Vogt wackelte mit dem Kopf, machte ſich von
unſerm Johannes los und ſagte aufathmend: „Nun,
das muß wahr ſein, ein wilder Burſche waren Sie
immer, aber jetzt ſcheinen Sie vollends als ein rechter
Sauſewind wiedergekommen zu ſein, — das iſt ja wie im
Fruͤhling, wenn die erſten Thauſtuͤrme kommen, daß es
hier klingt, als muͤßten gleich die ganzen uralten Mauern
vollends zuſammenbrechen. Und Jhr, Mutter Eva,
hoͤrt und ſeht auch bei all’ dem tollen Reden und Trei-
ben ganz ruhig zu und ſeht dabei aus als lachte Euch
das Herz vor Freuden im Leibe.“

„Muß auch ſchon ſo ſein!“ erwiderte ſie, „aber
er hat’s mir auch ſchon geſagt, ich ſoll ihn nicht ſo ſehr
vor andern Leuten loben, das ſei auch Eigenlob, wenn
man ſein Kind lobe; ſei wirklich etwas Gutes an ihm,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0085" n="77"/>
&#x017F;chlug! Du tra&#x0364;um&#x017F;t wohl noch davon, weil Du in der<lb/>
Herrenburg wohn&#x017F;t &#x2014; aber &#x017F;chau, &#x017F;ie i&#x017F;t ja Ruine und<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t auch das alte Herrenrecht mit ruinirt. Nun, wir<lb/>
werden uns &#x017F;chon noch be&#x017F;&#x017F;er ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen. Sie &#x017F;ind<lb/>
im Dien&#x017F;t des Grafen und ich achte jedes Dieners<lb/>
Treue &#x2014; aber nun freut&#x2019;s mich er&#x017F;t recht, daß Sie<lb/>
&#x017F;chon vorhin &#x017F;agten, Sie wu&#x0364;rden&#x2019;s gern &#x017F;ehen, wenn ich<lb/>
oft ka&#x0364;me, denn &#x017F;on&#x017F;t mu&#x0364;ßt&#x2019; ich nun denken, ich habe es<lb/>
nur dem Befehl des Grafen zu danken, wenn &#x017F;ie mich<lb/>
freundlich aufnehmen!</p><lb/>
        <p>Der Vogt wackelte mit dem Kopf, machte &#x017F;ich von<lb/>
un&#x017F;erm Johannes los und &#x017F;agte aufathmend: &#x201E;Nun,<lb/>
das muß wahr &#x017F;ein, ein wilder Bur&#x017F;che waren Sie<lb/>
immer, aber jetzt &#x017F;cheinen Sie vollends als ein rechter<lb/>
Sau&#x017F;ewind wiedergekommen zu &#x017F;ein, &#x2014; das i&#x017F;t ja wie im<lb/>
Fru&#x0364;hling, wenn die er&#x017F;ten Thau&#x017F;tu&#x0364;rme kommen, daß es<lb/>
hier klingt, als mu&#x0364;ßten gleich die ganzen uralten Mauern<lb/>
vollends zu&#x017F;ammenbrechen. Und Jhr, Mutter Eva,<lb/>
ho&#x0364;rt und &#x017F;eht auch bei all&#x2019; dem tollen Reden und Trei-<lb/>
ben ganz ruhig zu und &#x017F;eht dabei aus als lachte Euch<lb/>
das Herz vor Freuden im Leibe.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Muß auch &#x017F;chon &#x017F;o &#x017F;ein!&#x201C; erwiderte &#x017F;ie, &#x201E;aber<lb/>
er hat&#x2019;s mir auch &#x017F;chon ge&#x017F;agt, ich &#x017F;oll ihn nicht &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
vor andern Leuten loben, das &#x017F;ei auch Eigenlob, wenn<lb/>
man &#x017F;ein Kind lobe; &#x017F;ei wirklich etwas Gutes an ihm,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0085] ſchlug! Du traͤumſt wohl noch davon, weil Du in der Herrenburg wohnſt — aber ſchau, ſie iſt ja Ruine und ſo iſt auch das alte Herrenrecht mit ruinirt. Nun, wir werden uns ſchon noch beſſer verſtaͤndigen. Sie ſind im Dienſt des Grafen und ich achte jedes Dieners Treue — aber nun freut’s mich erſt recht, daß Sie ſchon vorhin ſagten, Sie wuͤrden’s gern ſehen, wenn ich oft kaͤme, denn ſonſt muͤßt’ ich nun denken, ich habe es nur dem Befehl des Grafen zu danken, wenn ſie mich freundlich aufnehmen! Der Vogt wackelte mit dem Kopf, machte ſich von unſerm Johannes los und ſagte aufathmend: „Nun, das muß wahr ſein, ein wilder Burſche waren Sie immer, aber jetzt ſcheinen Sie vollends als ein rechter Sauſewind wiedergekommen zu ſein, — das iſt ja wie im Fruͤhling, wenn die erſten Thauſtuͤrme kommen, daß es hier klingt, als muͤßten gleich die ganzen uralten Mauern vollends zuſammenbrechen. Und Jhr, Mutter Eva, hoͤrt und ſeht auch bei all’ dem tollen Reden und Trei- ben ganz ruhig zu und ſeht dabei aus als lachte Euch das Herz vor Freuden im Leibe.“ „Muß auch ſchon ſo ſein!“ erwiderte ſie, „aber er hat’s mir auch ſchon geſagt, ich ſoll ihn nicht ſo ſehr vor andern Leuten loben, das ſei auch Eigenlob, wenn man ſein Kind lobe; ſei wirklich etwas Gutes an ihm,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/85
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/85>, abgerufen am 04.12.2024.