Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.da die Sprechenden sich immer weiter entfernten, kein Wort mehr verstehen konnte. Ueber diesem kleinen Vorfalle vergaß Aurelie ganz und gar, daß sie noch vor ein paar Minuten mit Elisabeth nicht im besten Vernehmen gewesen war -- sie trat zu dieser und berichtete, mit einem "Denke Dir" beginnend, umständlich und pathetisch das Erlauschte und stellte in einem langen Wortschwall Tausend Vermuthungen auf, die sich daran knüpfen ließen. Elisabeth hörte geduldig zu und sagte dann lächelnd: "Nun Du ein solches Abenteuer erlebt, bereust Du wohl nicht mehr die wenigen Minuten des verlornen Schlafes?" Da besann sich Aurelie erst wieder, daß jene ihr vorhin gezürnt und sie sagte weich: "Vorhin wurdest Du mir böse -- ich will Dir zugeben, daß mir mit Deinen Worten Recht geschah, und so soll es wieder gehen wie immer -- ich bin vorlaut, Du bist stolz -- wir gestehen uns dies ein, und ich selbst bin die Erste, welche nachgiebt. So ist denn wieder Alles bei'm Alten und fiel ich Dir vorhin in's Wort, so hast Du nun die Güte, es zu vollenden." Elisabeth drückte die dargebotne Hand und begann nach einer Weile mit niedergeschlagenen Augen: "Ihr nennt mich eitel und ehrgeizig und die Meisten der Gefährtinnen witzeln über mich. Ich bin es nicht, ich will nur den großen Vortheil nicht unbenutzt lassen, der mir zu Theil geworden, indem ein Thalheim unser Lehrer ist. Ich würde mich da die Sprechenden sich immer weiter entfernten, kein Wort mehr verstehen konnte. Ueber diesem kleinen Vorfalle vergaß Aurelie ganz und gar, daß sie noch vor ein paar Minuten mit Elisabeth nicht im besten Vernehmen gewesen war — sie trat zu dieser und berichtete, mit einem „Denke Dir“ beginnend, umständlich und pathetisch das Erlauschte und stellte in einem langen Wortschwall Tausend Vermuthungen auf, die sich daran knüpfen ließen. Elisabeth hörte geduldig zu und sagte dann lächelnd: „Nun Du ein solches Abenteuer erlebt, bereust Du wohl nicht mehr die wenigen Minuten des verlornen Schlafes?“ Da besann sich Aurelie erst wieder, daß jene ihr vorhin gezürnt und sie sagte weich: „Vorhin wurdest Du mir böse — ich will Dir zugeben, daß mir mit Deinen Worten Recht geschah, und so soll es wieder gehen wie immer — ich bin vorlaut, Du bist stolz — wir gestehen uns dies ein, und ich selbst bin die Erste, welche nachgiebt. So ist denn wieder Alles bei’m Alten und fiel ich Dir vorhin in’s Wort, so hast Du nun die Güte, es zu vollenden.“ Elisabeth drückte die dargebotne Hand und begann nach einer Weile mit niedergeschlagenen Augen: „Ihr nennt mich eitel und ehrgeizig und die Meisten der Gefährtinnen witzeln über mich. Ich bin es nicht, ich will nur den großen Vortheil nicht unbenutzt lassen, der mir zu Theil geworden, indem ein Thalheim unser Lehrer ist. Ich würde mich <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0017" n="7"/> da die Sprechenden sich immer weiter entfernten, kein Wort mehr verstehen konnte. Ueber diesem kleinen Vorfalle vergaß Aurelie ganz und gar, daß sie noch vor ein paar Minuten mit Elisabeth nicht im besten Vernehmen gewesen war — sie trat zu dieser und berichtete, mit einem „Denke Dir“ beginnend, umständlich und pathetisch das Erlauschte und stellte in einem langen Wortschwall Tausend Vermuthungen auf, die sich daran knüpfen ließen.</p> <p>Elisabeth hörte geduldig zu und sagte dann lächelnd: „Nun Du ein solches Abenteuer erlebt, bereust Du wohl nicht mehr die wenigen Minuten des verlornen Schlafes?“</p> <p>Da besann sich Aurelie erst wieder, daß jene ihr vorhin gezürnt und sie sagte weich: „Vorhin wurdest Du mir böse — ich will Dir zugeben, daß mir mit Deinen Worten Recht geschah, und so soll es wieder gehen wie immer — ich bin vorlaut, Du bist stolz — wir gestehen uns dies ein, und ich selbst bin die Erste, welche nachgiebt. So ist denn wieder Alles bei’m Alten und fiel ich Dir vorhin in’s Wort, so hast Du nun die Güte, es zu vollenden.“</p> <p>Elisabeth drückte die dargebotne Hand und begann nach einer Weile mit niedergeschlagenen Augen: „Ihr nennt mich eitel und ehrgeizig und die Meisten der Gefährtinnen witzeln über mich. Ich bin es nicht, ich will nur den großen Vortheil nicht unbenutzt lassen, der mir zu Theil geworden, indem ein Thalheim unser Lehrer ist. Ich würde mich </p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0017]
da die Sprechenden sich immer weiter entfernten, kein Wort mehr verstehen konnte. Ueber diesem kleinen Vorfalle vergaß Aurelie ganz und gar, daß sie noch vor ein paar Minuten mit Elisabeth nicht im besten Vernehmen gewesen war — sie trat zu dieser und berichtete, mit einem „Denke Dir“ beginnend, umständlich und pathetisch das Erlauschte und stellte in einem langen Wortschwall Tausend Vermuthungen auf, die sich daran knüpfen ließen.
Elisabeth hörte geduldig zu und sagte dann lächelnd: „Nun Du ein solches Abenteuer erlebt, bereust Du wohl nicht mehr die wenigen Minuten des verlornen Schlafes?“
Da besann sich Aurelie erst wieder, daß jene ihr vorhin gezürnt und sie sagte weich: „Vorhin wurdest Du mir böse — ich will Dir zugeben, daß mir mit Deinen Worten Recht geschah, und so soll es wieder gehen wie immer — ich bin vorlaut, Du bist stolz — wir gestehen uns dies ein, und ich selbst bin die Erste, welche nachgiebt. So ist denn wieder Alles bei’m Alten und fiel ich Dir vorhin in’s Wort, so hast Du nun die Güte, es zu vollenden.“
Elisabeth drückte die dargebotne Hand und begann nach einer Weile mit niedergeschlagenen Augen: „Ihr nennt mich eitel und ehrgeizig und die Meisten der Gefährtinnen witzeln über mich. Ich bin es nicht, ich will nur den großen Vortheil nicht unbenutzt lassen, der mir zu Theil geworden, indem ein Thalheim unser Lehrer ist. Ich würde mich
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