Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.dieses Gefühlsunwerth fühlen, wenn ich nicht danach streben wollte, dies auch zu verdienen -- -- Aber wie kannst Du denken, nur Eitelkeit sei im Spiel, wenn ich darüber klage, daß Thalheim nicht gekommen?" "Nun wirklich," lachte Aurelie pfiffig, "da machst Du ein naives Geständniß, so bist Du wohl gar in Thalheim verliebt?" "Welch' einfältiges Wort und welcher noch einfältigerer Gedanke! Siehst Du dort", und Elisabeth legte sich mit dem Oberkörper ein wenig vor und deutete mit der Hand nach dem geöffneten Fenster, "siehst Da da oben den kleinen Stern am Himmel, der gerade unter dem Orion steht? Er ist verschwindend klein gegen dies glänzende Sternbild und Niemand, der jenes nennt, nennt und zählt ihn mit -- aber deshalb ist er doch des Orion steter Begleiter. Was wär' es denn weiter, wenn ich jener kleine Stern wäre und Thalheim mein Orion? Wenn ich in seiner Bahn ihm nachwandelte, unzertrennlich von ihm und doch immer in derselben Ferne wie ein Stern neben dem andern?" "Was schwärmst Du wieder?" "Ja, so seid ihr," seufzte Elisabeth und wieder den gewöhnlichen Gesprächston annehmend, sagte sie kurz: "Thalheim's Gattin ist dem Tode nahe, er will nicht von ihrem Schmerzenslager weichen und deshalb hat er sich bei uns entschuldigen lassen. Aber das ist nicht Alles. Erst gestern, dieses Gefühlsunwerth fühlen, wenn ich nicht danach streben wollte, dies auch zu verdienen — — Aber wie kannst Du denken, nur Eitelkeit sei im Spiel, wenn ich darüber klage, daß Thalheim nicht gekommen?“ „Nun wirklich,“ lachte Aurelie pfiffig, „da machst Du ein naives Geständniß, so bist Du wohl gar in Thalheim verliebt?“ „Welch’ einfältiges Wort und welcher noch einfältigerer Gedanke! Siehst Du dort“, und Elisabeth legte sich mit dem Oberkörper ein wenig vor und deutete mit der Hand nach dem geöffneten Fenster, „siehst Da da oben den kleinen Stern am Himmel, der gerade unter dem Orion steht? Er ist verschwindend klein gegen dies glänzende Sternbild und Niemand, der jenes nennt, nennt und zählt ihn mit — aber deshalb ist er doch des Orion steter Begleiter. Was wär’ es denn weiter, wenn ich jener kleine Stern wäre und Thalheim mein Orion? Wenn ich in seiner Bahn ihm nachwandelte, unzertrennlich von ihm und doch immer in derselben Ferne wie ein Stern neben dem andern?“ „Was schwärmst Du wieder?“ „Ja, so seid ihr,“ seufzte Elisabeth und wieder den gewöhnlichen Gesprächston annehmend, sagte sie kurz: „Thalheim’s Gattin ist dem Tode nahe, er will nicht von ihrem Schmerzenslager weichen und deshalb hat er sich bei uns entschuldigen lassen. Aber das ist nicht Alles. Erst gestern, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0018" n="8"/> dieses Gefühlsunwerth fühlen, wenn ich nicht danach streben wollte, dies auch zu verdienen — — Aber wie kannst Du denken, nur Eitelkeit sei im Spiel, wenn ich darüber klage, daß Thalheim nicht gekommen?“</p> <p>„Nun wirklich,“ lachte Aurelie pfiffig, „da machst Du ein naives Geständniß, so bist Du wohl gar in Thalheim verliebt?“</p> <p>„Welch’ einfältiges Wort und welcher noch einfältigerer Gedanke! Siehst Du dort“, und Elisabeth legte sich mit dem Oberkörper ein wenig vor und deutete mit der Hand nach dem geöffneten Fenster, „siehst Da da oben den kleinen Stern am Himmel, der gerade unter dem Orion steht? Er ist verschwindend klein gegen dies glänzende Sternbild und Niemand, der jenes nennt, nennt und zählt ihn mit — aber deshalb ist er doch des Orion steter Begleiter. Was wär’ es denn weiter, wenn ich jener kleine Stern wäre und Thalheim mein Orion? Wenn ich in seiner Bahn ihm nachwandelte, unzertrennlich von ihm und doch immer in derselben Ferne wie ein Stern neben dem andern?“</p> <p>„Was schwärmst Du wieder?“</p> <p>„Ja, so seid ihr,“ seufzte Elisabeth und wieder den gewöhnlichen Gesprächston annehmend, sagte sie kurz: „Thalheim’s Gattin ist dem Tode nahe, er will nicht von ihrem Schmerzenslager weichen und deshalb hat er sich bei uns entschuldigen lassen. Aber das ist nicht Alles. Erst gestern, </p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0018]
dieses Gefühlsunwerth fühlen, wenn ich nicht danach streben wollte, dies auch zu verdienen — — Aber wie kannst Du denken, nur Eitelkeit sei im Spiel, wenn ich darüber klage, daß Thalheim nicht gekommen?“
„Nun wirklich,“ lachte Aurelie pfiffig, „da machst Du ein naives Geständniß, so bist Du wohl gar in Thalheim verliebt?“
„Welch’ einfältiges Wort und welcher noch einfältigerer Gedanke! Siehst Du dort“, und Elisabeth legte sich mit dem Oberkörper ein wenig vor und deutete mit der Hand nach dem geöffneten Fenster, „siehst Da da oben den kleinen Stern am Himmel, der gerade unter dem Orion steht? Er ist verschwindend klein gegen dies glänzende Sternbild und Niemand, der jenes nennt, nennt und zählt ihn mit — aber deshalb ist er doch des Orion steter Begleiter. Was wär’ es denn weiter, wenn ich jener kleine Stern wäre und Thalheim mein Orion? Wenn ich in seiner Bahn ihm nachwandelte, unzertrennlich von ihm und doch immer in derselben Ferne wie ein Stern neben dem andern?“
„Was schwärmst Du wieder?“
„Ja, so seid ihr,“ seufzte Elisabeth und wieder den gewöhnlichen Gesprächston annehmend, sagte sie kurz: „Thalheim’s Gattin ist dem Tode nahe, er will nicht von ihrem Schmerzenslager weichen und deshalb hat er sich bei uns entschuldigen lassen. Aber das ist nicht Alles. Erst gestern,
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