Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.an -- womit hatte sie es verdient, um Paulinen verdient, daß diese eine so ehrende Meinung von ihr hegte? In diesem Augenblicke, als die stille Pauline ihre großen blauen Kinderaugen o vertrauend auf Elisabeth richtete, als suche sie bei ihr Schutz gegen die Unbilligkeiten der Andern, drang dieser Blick so tief in den Grund ihrer Seele, daß sie sich davon ungewohnt bewegt fühlte. Sie näherte sich ihr, ergriff ihre Hand freundlich und sagte: "Rede doch! Was giebt es?" Nie hatte Elisabeth so liebreich zu Paulinen gesprochen, wie sie jetzt diese wenigen Worte sagte -- Pauline drückte ihr die Hand und ließ sie nicht wieder los, während sie ihre Rede nur an sie richtete: "Wir waren hier bei einander, und warfen Reifen, als wir draußen an der Thüre eine weinende, bittende Stimme hörten, dazwischen scheltende Worte eines unsrer Dienstmädchen -- dabei ward mein Name genannt -- ich war deshalb Eine der Ersten, welche hinliefen, um zu sehen, was es gäbe. -- >Ich muß durchaus mit Mamsell Paulinchen sprechen, der liebe Gott wird's Ihnen segnen, wenn Sie mich zu ihr lassen --< hörte ich wieder sagen -- da macht' ich rasch die Gartenthüre auf -- und ein ärmlichgekleidetes, blasses Mädchen, ein altes Körbchen mit Blumen am Arm, stand vor mir. Es sah sehr leidend und kummervoll aus, und sein Anzug war aus vielen Stücken mühsam zusammengenäht. -- -- -- Die Armuth mußte die an — womit hatte sie es verdient, um Paulinen verdient, daß diese eine so ehrende Meinung von ihr hegte? In diesem Augenblicke, als die stille Pauline ihre großen blauen Kinderaugen o vertrauend auf Elisabeth richtete, als suche sie bei ihr Schutz gegen die Unbilligkeiten der Andern, drang dieser Blick so tief in den Grund ihrer Seele, daß sie sich davon ungewohnt bewegt fühlte. Sie näherte sich ihr, ergriff ihre Hand freundlich und sagte: „Rede doch! Was giebt es?“ Nie hatte Elisabeth so liebreich zu Paulinen gesprochen, wie sie jetzt diese wenigen Worte sagte — Pauline drückte ihr die Hand und ließ sie nicht wieder los, während sie ihre Rede nur an sie richtete: „Wir waren hier bei einander, und warfen Reifen, als wir draußen an der Thüre eine weinende, bittende Stimme hörten, dazwischen scheltende Worte eines unsrer Dienstmädchen — dabei ward mein Name genannt — ich war deshalb Eine der Ersten, welche hinliefen, um zu sehen, was es gäbe. — ›Ich muß durchaus mit Mamsell Paulinchen sprechen, der liebe Gott wird’s Ihnen segnen, wenn Sie mich zu ihr lassen —‹ hörte ich wieder sagen — da macht’ ich rasch die Gartenthüre auf — und ein ärmlichgekleidetes, blasses Mädchen, ein altes Körbchen mit Blumen am Arm, stand vor mir. Es sah sehr leidend und kummervoll aus, und sein Anzug war aus vielen Stücken mühsam zusammengenäht. — — — Die Armuth mußte die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0070" n="60"/> an — womit hatte sie es verdient, um Paulinen verdient, daß diese eine so ehrende Meinung von ihr hegte? In diesem Augenblicke, als die stille Pauline ihre großen blauen Kinderaugen o vertrauend auf Elisabeth richtete, als suche sie bei ihr Schutz gegen die Unbilligkeiten der Andern, drang dieser Blick so tief in den Grund ihrer Seele, daß sie sich davon ungewohnt bewegt fühlte. Sie näherte sich ihr, ergriff ihre Hand freundlich und sagte: „Rede doch! Was giebt es?“ Nie hatte Elisabeth so liebreich zu Paulinen gesprochen, wie sie jetzt diese wenigen Worte sagte — Pauline drückte ihr die Hand und ließ sie nicht wieder los, während sie ihre Rede nur an sie richtete:</p> <p>„Wir waren hier bei einander, und warfen Reifen, als wir draußen an der Thüre eine weinende, bittende Stimme hörten, dazwischen scheltende Worte eines unsrer Dienstmädchen — dabei ward mein Name genannt — ich war deshalb Eine der Ersten, welche hinliefen, um zu sehen, was es gäbe. — ›Ich muß durchaus mit Mamsell Paulinchen sprechen, der liebe Gott wird’s Ihnen segnen, wenn Sie mich zu ihr lassen —‹ hörte ich wieder sagen — da macht’ ich rasch die Gartenthüre auf — und ein ärmlichgekleidetes, blasses Mädchen, ein altes Körbchen mit Blumen am Arm, stand vor mir. Es sah sehr leidend und kummervoll aus, und sein Anzug war aus vielen Stücken mühsam zusammengenäht. — — — Die Armuth mußte die </p> </div> </body> </text> </TEI> [60/0070]
an — womit hatte sie es verdient, um Paulinen verdient, daß diese eine so ehrende Meinung von ihr hegte? In diesem Augenblicke, als die stille Pauline ihre großen blauen Kinderaugen o vertrauend auf Elisabeth richtete, als suche sie bei ihr Schutz gegen die Unbilligkeiten der Andern, drang dieser Blick so tief in den Grund ihrer Seele, daß sie sich davon ungewohnt bewegt fühlte. Sie näherte sich ihr, ergriff ihre Hand freundlich und sagte: „Rede doch! Was giebt es?“ Nie hatte Elisabeth so liebreich zu Paulinen gesprochen, wie sie jetzt diese wenigen Worte sagte — Pauline drückte ihr die Hand und ließ sie nicht wieder los, während sie ihre Rede nur an sie richtete:
„Wir waren hier bei einander, und warfen Reifen, als wir draußen an der Thüre eine weinende, bittende Stimme hörten, dazwischen scheltende Worte eines unsrer Dienstmädchen — dabei ward mein Name genannt — ich war deshalb Eine der Ersten, welche hinliefen, um zu sehen, was es gäbe. — ›Ich muß durchaus mit Mamsell Paulinchen sprechen, der liebe Gott wird’s Ihnen segnen, wenn Sie mich zu ihr lassen —‹ hörte ich wieder sagen — da macht’ ich rasch die Gartenthüre auf — und ein ärmlichgekleidetes, blasses Mädchen, ein altes Körbchen mit Blumen am Arm, stand vor mir. Es sah sehr leidend und kummervoll aus, und sein Anzug war aus vielen Stücken mühsam zusammengenäht. — — — Die Armuth mußte die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-23T11:52:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-08-23T11:52:15Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |