Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.andern Mädchen wohl sehr belustigen, sie brachen in ein lautes Gelächter aus, daß die Fremde hoch erröthete, und die Augen niederschlagend ein paar helle Thränen verschluckte. Ich nahm sie bei der Hand, indem ich ihr sagte, daß ich Pauline Felchner sei, und die Andern bat, doch nicht zu lachen -- sie lachten aber nur desto mehr, sagten, ich habe wohl solche Jugendfreundinnen -- die reichen Fabrikanten hätten immer Bettelvolk zu Verwandten, und ließen solche hämische Worte mehr fallen, so daß jene immer verwirrter ward, mir zu Füßen fiel, und schluchzend bat: >Ach, Mamsell Paulinchen, meine Mutter hat Sie oft mit mir auf einem Arme zugleich getragen -- jetzt liegt sie hier auf den Tod, und die kleinen Geschwister sterben vielleicht auch bald vor Hunger. Sie hat mir oft erzählt, wie gut sie es in Ihrem Hause gehabt -- und wie ich nun hörte, daß Sie hier wären, so dacht' ich in meinem Innern: die hilft euch vielleicht. Ich sah einmal bei Doctor Thalheim's, wo ich die Aufwartung habe, ein Buch, auf welches Ihr Name gedruckt war -- da fragte ich den guten Herrn Doctor, ob er Etwas von Ihnen wisse -- und er erzählte mir, wie Sie hier so fromm und gut wären, daß Sie mir gewiß helfen würden -- nicht mir, sondern der kranken Mutter, den hungernden Kindern -- da faßt' ich mir ein Herz und lief her, und da bin ich nun --< sie hielt inne, und barg ihr Gesicht unter der Schürze, es war vielleicht das erste Mal, andern Mädchen wohl sehr belustigen, sie brachen in ein lautes Gelächter aus, daß die Fremde hoch erröthete, und die Augen niederschlagend ein paar helle Thränen verschluckte. Ich nahm sie bei der Hand, indem ich ihr sagte, daß ich Pauline Felchner sei, und die Andern bat, doch nicht zu lachen — sie lachten aber nur desto mehr, sagten, ich habe wohl solche Jugendfreundinnen — die reichen Fabrikanten hätten immer Bettelvolk zu Verwandten, und ließen solche hämische Worte mehr fallen, so daß jene immer verwirrter ward, mir zu Füßen fiel, und schluchzend bat: ›Ach, Mamsell Paulinchen, meine Mutter hat Sie oft mit mir auf einem Arme zugleich getragen — jetzt liegt sie hier auf den Tod, und die kleinen Geschwister sterben vielleicht auch bald vor Hunger. Sie hat mir oft erzählt, wie gut sie es in Ihrem Hause gehabt — und wie ich nun hörte, daß Sie hier wären, so dacht’ ich in meinem Innern: die hilft euch vielleicht. Ich sah einmal bei Doctor Thalheim’s, wo ich die Aufwartung habe, ein Buch, auf welches Ihr Name gedruckt war — da fragte ich den guten Herrn Doctor, ob er Etwas von Ihnen wisse — und er erzählte mir, wie Sie hier so fromm und gut wären, daß Sie mir gewiß helfen würden — nicht mir, sondern der kranken Mutter, den hungernden Kindern — da faßt’ ich mir ein Herz und lief her, und da bin ich nun —‹ sie hielt inne, und barg ihr Gesicht unter der Schürze, es war vielleicht das erste Mal, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0071" n="61"/> andern Mädchen wohl sehr belustigen, sie brachen in ein lautes Gelächter aus, daß die Fremde hoch erröthete, und die Augen niederschlagend ein paar helle Thränen verschluckte. Ich nahm sie bei der Hand, indem ich ihr sagte, daß ich Pauline Felchner sei, und die Andern bat, doch nicht zu lachen — sie lachten aber nur desto mehr, sagten, ich habe wohl solche Jugendfreundinnen — die reichen Fabrikanten hätten immer Bettelvolk zu Verwandten, und ließen solche hämische Worte mehr fallen, so daß jene immer verwirrter ward, mir zu Füßen fiel, und schluchzend bat: ›Ach, Mamsell Paulinchen, meine Mutter hat Sie oft mit mir auf einem Arme zugleich getragen — jetzt liegt sie hier auf den Tod, und die kleinen Geschwister sterben vielleicht auch bald vor Hunger. Sie hat mir oft erzählt, wie gut sie es in Ihrem Hause gehabt — und wie ich nun hörte, daß Sie hier wären, so dacht’ ich in meinem Innern: die hilft euch vielleicht. Ich sah einmal bei Doctor Thalheim’s, wo ich die Aufwartung habe, ein Buch, auf welches Ihr Name gedruckt war — da fragte ich den guten Herrn Doctor, ob er Etwas von Ihnen wisse — und er erzählte mir, wie Sie hier so fromm und gut wären, daß Sie mir gewiß helfen würden — nicht mir, sondern der kranken Mutter, den hungernden Kindern — da faßt’ ich mir ein Herz und lief her, und da bin ich nun —‹ sie hielt inne, und barg ihr Gesicht unter der Schürze, es war vielleicht das erste Mal, </p> </div> </body> </text> </TEI> [61/0071]
andern Mädchen wohl sehr belustigen, sie brachen in ein lautes Gelächter aus, daß die Fremde hoch erröthete, und die Augen niederschlagend ein paar helle Thränen verschluckte. Ich nahm sie bei der Hand, indem ich ihr sagte, daß ich Pauline Felchner sei, und die Andern bat, doch nicht zu lachen — sie lachten aber nur desto mehr, sagten, ich habe wohl solche Jugendfreundinnen — die reichen Fabrikanten hätten immer Bettelvolk zu Verwandten, und ließen solche hämische Worte mehr fallen, so daß jene immer verwirrter ward, mir zu Füßen fiel, und schluchzend bat: ›Ach, Mamsell Paulinchen, meine Mutter hat Sie oft mit mir auf einem Arme zugleich getragen — jetzt liegt sie hier auf den Tod, und die kleinen Geschwister sterben vielleicht auch bald vor Hunger. Sie hat mir oft erzählt, wie gut sie es in Ihrem Hause gehabt — und wie ich nun hörte, daß Sie hier wären, so dacht’ ich in meinem Innern: die hilft euch vielleicht. Ich sah einmal bei Doctor Thalheim’s, wo ich die Aufwartung habe, ein Buch, auf welches Ihr Name gedruckt war — da fragte ich den guten Herrn Doctor, ob er Etwas von Ihnen wisse — und er erzählte mir, wie Sie hier so fromm und gut wären, daß Sie mir gewiß helfen würden — nicht mir, sondern der kranken Mutter, den hungernden Kindern — da faßt’ ich mir ein Herz und lief her, und da bin ich nun —‹ sie hielt inne, und barg ihr Gesicht unter der Schürze, es war vielleicht das erste Mal,
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