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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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August stieß Franz an und sagte: "Sieh einmal, das ist ein schönes Herrchen -- wer weiß, am Ende ein Freier für unser Mamsellchen."

Franz warf einen prüfenden Blick auf Jaromir und sagte ernst: "Ja, er hat Etwas in seinem Gang und seinem Gesicht, was die andern vornehmen Leute nicht haben -- er sieht vornehmer aus als sie Alle -- aber das macht bei ihm nicht nur der Anzug -- es ist, als käm' es von innen heraus, als hab' er einen vornehmen Geist."

"Ich mögte wohl wissen, wie unser eins aussähe in solch' feinem Rock," meinte August, "ich glaube närrisch genug, und doch, wenn wir Geld hätten, könnten wir uns eben so anziehen, und wenn wir nicht zu arbeiten brauchten und den ganzen Tag faullenzen könnten, hätten wir auch solche Hände -- sieh' einmal, die sind so weiß, wie sie bei uns kein Mädchen hat, nur etwa Mamsell Paulinchen."

Der so Gemusterte trat jetzt zu den Arbeitern und sagte leicht:

"Guten Tag, meine Herren."

Er hatte sich diese Redensart einmal angewöhnt, seitdem das Jahr 1830 nicht mehr hatte dulden wollen, daß der Aristokrat den Bürger anders als Herr anrede, und da er recht wohl fühlte, wie ein Duzend Jahre später mit der Zahl der Jahre auch die Zahl der Fordernden

August stieß Franz an und sagte: „Sieh einmal, das ist ein schönes Herrchen — wer weiß, am Ende ein Freier für unser Mamsellchen.“

Franz warf einen prüfenden Blick auf Jaromir und sagte ernst: „Ja, er hat Etwas in seinem Gang und seinem Gesicht, was die andern vornehmen Leute nicht haben — er sieht vornehmer aus als sie Alle — aber das macht bei ihm nicht nur der Anzug — es ist, als käm’ es von innen heraus, als hab’ er einen vornehmen Geist.“

„Ich mögte wohl wissen, wie unser eins aussähe in solch’ feinem Rock,“ meinte August, „ich glaube närrisch genug, und doch, wenn wir Geld hätten, könnten wir uns eben so anziehen, und wenn wir nicht zu arbeiten brauchten und den ganzen Tag faullenzen könnten, hätten wir auch solche Hände — sieh’ einmal, die sind so weiß, wie sie bei uns kein Mädchen hat, nur etwa Mamsell Paulinchen.“

Der so Gemusterte trat jetzt zu den Arbeitern und sagte leicht:

„Guten Tag, meine Herren.“

Er hatte sich diese Redensart einmal angewöhnt, seitdem das Jahr 1830 nicht mehr hatte dulden wollen, daß der Aristokrat den Bürger anders als Herr anrede, und da er recht wohl fühlte, wie ein Duzend Jahre später mit der Zahl der Jahre auch die Zahl der Fordernden

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[103/0109] August stieß Franz an und sagte: „Sieh einmal, das ist ein schönes Herrchen — wer weiß, am Ende ein Freier für unser Mamsellchen.“ Franz warf einen prüfenden Blick auf Jaromir und sagte ernst: „Ja, er hat Etwas in seinem Gang und seinem Gesicht, was die andern vornehmen Leute nicht haben — er sieht vornehmer aus als sie Alle — aber das macht bei ihm nicht nur der Anzug — es ist, als käm’ es von innen heraus, als hab’ er einen vornehmen Geist.“ „Ich mögte wohl wissen, wie unser eins aussähe in solch’ feinem Rock,“ meinte August, „ich glaube närrisch genug, und doch, wenn wir Geld hätten, könnten wir uns eben so anziehen, und wenn wir nicht zu arbeiten brauchten und den ganzen Tag faullenzen könnten, hätten wir auch solche Hände — sieh’ einmal, die sind so weiß, wie sie bei uns kein Mädchen hat, nur etwa Mamsell Paulinchen.“ Der so Gemusterte trat jetzt zu den Arbeitern und sagte leicht: „Guten Tag, meine Herren.“ Er hatte sich diese Redensart einmal angewöhnt, seitdem das Jahr 1830 nicht mehr hatte dulden wollen, daß der Aristokrat den Bürger anders als Herr anrede, und da er recht wohl fühlte, wie ein Duzend Jahre später mit der Zahl der Jahre auch die Zahl der Fordernden

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/109>, abgerufen am 21.11.2024.