Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.mit heitrer Freundlichkeit entgegen gekommen. Er war das, was man einen "guten Jungen" zu nennen pflegt. Er schloß sich leicht und schnell an Jedermann an und pflegte allen augenblicklichen Eindrücken zu folgen. Er war leichtsinnig, aber mit dem besten Herzen von der Welt. Sein Gemüth war ungleich hervorstechender, als sein Geist. Immer gefällig, munter, aufgeregt ließ er, wenn er vielleicht auch nicht zu Uebereilungen zu verführen war, sich doch eben so leicht zum Guten leiten -- und so war es für ihn ein Glück, bei guten Anlagen aber Mangel an Grundsätzen und jeder Art von Tiefe und Charakterfestigkeit der ernstfreundlichen Leitung eines Menschen wie Thalheim anvertraut worden zu sein, der er sich dann auch mit kindlicher Hingabe überließ. Anders war es mit Eduin. Er hatte anfangs eine Vorurtheil gegen den aufgedrungenen Mentor, denn erglaubte mit achtzehn Jahren vollkommen mündig zu sein, um seinen Weg durch die Welt allein und selbstständig zurücklegen zu können. -- Ein tiefer Ernst, ein hochfliegender und weitstrebender Geist waren die Grundtypen seines über seine Jahre hinaus entwickelten Wesens. Meist verschlossen, in sich gekehrt, ja abstoßend, war er nicht der Mann, der Anfangs auf Jemanden einen angenehmen Eindruck hätte machen können. Dabei war er wortkarg und hölzern, so jedoch, daß man nicht wußte, ob diese Eigenschaften Folgen mit heitrer Freundlichkeit entgegen gekommen. Er war das, was man einen „guten Jungen“ zu nennen pflegt. Er schloß sich leicht und schnell an Jedermann an und pflegte allen augenblicklichen Eindrücken zu folgen. Er war leichtsinnig, aber mit dem besten Herzen von der Welt. Sein Gemüth war ungleich hervorstechender, als sein Geist. Immer gefällig, munter, aufgeregt ließ er, wenn er vielleicht auch nicht zu Uebereilungen zu verführen war, sich doch eben so leicht zum Guten leiten — und so war es für ihn ein Glück, bei guten Anlagen aber Mangel an Grundsätzen und jeder Art von Tiefe und Charakterfestigkeit der ernstfreundlichen Leitung eines Menschen wie Thalheim anvertraut worden zu sein, der er sich dann auch mit kindlicher Hingabe überließ. Anders war es mit Eduin. Er hatte anfangs eine Vorurtheil gegen den aufgedrungenen Mentor, denn erglaubte mit achtzehn Jahren vollkommen mündig zu sein, um seinen Weg durch die Welt allein und selbstständig zurücklegen zu können. — Ein tiefer Ernst, ein hochfliegender und weitstrebender Geist waren die Grundtypen seines über seine Jahre hinaus entwickelten Wesens. Meist verschlossen, in sich gekehrt, ja abstoßend, war er nicht der Mann, der Anfangs auf Jemanden einen angenehmen Eindruck hätte machen können. Dabei war er wortkarg und hölzern, so jedoch, daß man nicht wußte, ob diese Eigenschaften Folgen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0147" n="141"/> mit heitrer Freundlichkeit entgegen gekommen. Er war das, was man einen „guten Jungen“ zu nennen pflegt. Er schloß sich leicht und schnell an Jedermann an und pflegte allen augenblicklichen Eindrücken zu folgen. Er war leichtsinnig, aber mit dem besten Herzen von der Welt. Sein Gemüth war ungleich hervorstechender, als sein Geist. Immer gefällig, munter, aufgeregt ließ er, wenn er vielleicht auch nicht zu Uebereilungen zu verführen war, sich doch eben so leicht zum Guten leiten — und so war es für ihn ein Glück, bei guten Anlagen aber Mangel an Grundsätzen und jeder Art von Tiefe und Charakterfestigkeit der ernstfreundlichen Leitung eines Menschen wie Thalheim anvertraut worden zu sein, der er sich dann auch mit kindlicher Hingabe überließ.</p> <p>Anders war es mit Eduin. Er hatte anfangs eine Vorurtheil gegen den aufgedrungenen Mentor, denn erglaubte mit achtzehn Jahren vollkommen mündig zu sein, um seinen Weg durch die Welt allein und selbstständig zurücklegen zu können. — Ein tiefer Ernst, ein hochfliegender und weitstrebender Geist waren die Grundtypen seines über seine Jahre hinaus entwickelten Wesens. Meist verschlossen, in sich gekehrt, ja abstoßend, war er nicht der Mann, der Anfangs auf Jemanden einen angenehmen Eindruck hätte machen können. Dabei war er wortkarg und hölzern, so jedoch, daß man nicht wußte, ob diese Eigenschaften Folgen </p> </div> </body> </text> </TEI> [141/0147]
mit heitrer Freundlichkeit entgegen gekommen. Er war das, was man einen „guten Jungen“ zu nennen pflegt. Er schloß sich leicht und schnell an Jedermann an und pflegte allen augenblicklichen Eindrücken zu folgen. Er war leichtsinnig, aber mit dem besten Herzen von der Welt. Sein Gemüth war ungleich hervorstechender, als sein Geist. Immer gefällig, munter, aufgeregt ließ er, wenn er vielleicht auch nicht zu Uebereilungen zu verführen war, sich doch eben so leicht zum Guten leiten — und so war es für ihn ein Glück, bei guten Anlagen aber Mangel an Grundsätzen und jeder Art von Tiefe und Charakterfestigkeit der ernstfreundlichen Leitung eines Menschen wie Thalheim anvertraut worden zu sein, der er sich dann auch mit kindlicher Hingabe überließ.
Anders war es mit Eduin. Er hatte anfangs eine Vorurtheil gegen den aufgedrungenen Mentor, denn erglaubte mit achtzehn Jahren vollkommen mündig zu sein, um seinen Weg durch die Welt allein und selbstständig zurücklegen zu können. — Ein tiefer Ernst, ein hochfliegender und weitstrebender Geist waren die Grundtypen seines über seine Jahre hinaus entwickelten Wesens. Meist verschlossen, in sich gekehrt, ja abstoßend, war er nicht der Mann, der Anfangs auf Jemanden einen angenehmen Eindruck hätte machen können. Dabei war er wortkarg und hölzern, so jedoch, daß man nicht wußte, ob diese Eigenschaften Folgen
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