Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.eines eitlen Dünkels oder knabenhafter Schüchternheit waren. Thalheim war Menschenkenner genug, um bald zu finden, wie ungleich mehr es lohne, nach der Liebe und dem Vertrauen dieses schwerzugänglichen Herzens zu streben, als nach dem Karls, daß sich jedem freundlich Entgegenkommenden sogleich fröhlich öffnete und sonder Rückhalt anschloß. Lange Zeit sah er sich von Eduin nur mit kalter Höflichkeit behandelt. Ein an sich unbedeutender Vorfall hatte aber Alles geändert. Die drei Reisenden hatten einst einen Ausflug zu Pferd gemacht. Die Dunkelheit hatte sie übereilt, als sie auf dem Rückweg waren, es brach eine Gewitternacht herein mit kaum aufhörendem Blitzen und Wetterleuchten. Davor scheute Karls Pferd, warf den Reiter ab und entfloh. Thalheim war um den Verwundeten beschäftigt. Eduin suchte das Pferd wieder zu fangen und bracht' es triumphirend zurück. Nachher sagte Thalheim: "Mir wär' es das schönste Geschäft, im Stillen Wunden zu verbinden und Balsam aufzulegen -- für Sie taugt es besser, in's Weite zu jagen und widerspenstigen Trotz zu besiegen -- so will ich die Jugend -- einst war ich auch so." "Und es wird Zeit, daß ich anders werde?" antwortete Eduin kalt und höhnisch fragend. "Nein -- es wird höchstens Zeit, daß Sie Anderes als ein Roß bezwingen lernen -- denn das Wort ist so eines eitlen Dünkels oder knabenhafter Schüchternheit waren. Thalheim war Menschenkenner genug, um bald zu finden, wie ungleich mehr es lohne, nach der Liebe und dem Vertrauen dieses schwerzugänglichen Herzens zu streben, als nach dem Karls, daß sich jedem freundlich Entgegenkommenden sogleich fröhlich öffnete und sonder Rückhalt anschloß. Lange Zeit sah er sich von Eduin nur mit kalter Höflichkeit behandelt. Ein an sich unbedeutender Vorfall hatte aber Alles geändert. Die drei Reisenden hatten einst einen Ausflug zu Pferd gemacht. Die Dunkelheit hatte sie übereilt, als sie auf dem Rückweg waren, es brach eine Gewitternacht herein mit kaum aufhörendem Blitzen und Wetterleuchten. Davor scheute Karls Pferd, warf den Reiter ab und entfloh. Thalheim war um den Verwundeten beschäftigt. Eduin suchte das Pferd wieder zu fangen und bracht’ es triumphirend zurück. Nachher sagte Thalheim: „Mir wär’ es das schönste Geschäft, im Stillen Wunden zu verbinden und Balsam aufzulegen — für Sie taugt es besser, in’s Weite zu jagen und widerspenstigen Trotz zu besiegen — so will ich die Jugend — einst war ich auch so.“ „Und es wird Zeit, daß ich anders werde?“ antwortete Eduin kalt und höhnisch fragend. „Nein — es wird höchstens Zeit, daß Sie Anderes als ein Roß bezwingen lernen — denn das Wort ist so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="142"/> eines eitlen Dünkels oder knabenhafter Schüchternheit waren. Thalheim war Menschenkenner genug, um bald zu finden, wie ungleich mehr es lohne, nach der Liebe und dem Vertrauen dieses schwerzugänglichen Herzens zu streben, als nach dem Karls, daß sich jedem freundlich Entgegenkommenden sogleich fröhlich öffnete und sonder Rückhalt anschloß. Lange Zeit sah er sich von Eduin nur mit kalter Höflichkeit behandelt. Ein an sich unbedeutender Vorfall hatte aber Alles geändert. Die drei Reisenden hatten einst einen Ausflug zu Pferd gemacht. Die Dunkelheit hatte sie übereilt, als sie auf dem Rückweg waren, es brach eine Gewitternacht herein mit kaum aufhörendem Blitzen und Wetterleuchten. Davor scheute Karls Pferd, warf den Reiter ab und entfloh. Thalheim war um den Verwundeten beschäftigt. Eduin suchte das Pferd wieder zu fangen und bracht’ es triumphirend zurück. Nachher sagte Thalheim: „Mir wär’ es das schönste Geschäft, im Stillen Wunden zu verbinden und Balsam aufzulegen — für Sie taugt es besser, in’s Weite zu jagen und widerspenstigen Trotz zu besiegen — so will ich die Jugend — einst war ich auch so.“</p> <p>„Und es wird Zeit, daß ich anders werde?“ antwortete Eduin kalt und höhnisch fragend.</p> <p>„Nein — es wird höchstens Zeit, daß Sie Anderes als ein Roß bezwingen lernen — denn das Wort ist so </p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0148]
eines eitlen Dünkels oder knabenhafter Schüchternheit waren. Thalheim war Menschenkenner genug, um bald zu finden, wie ungleich mehr es lohne, nach der Liebe und dem Vertrauen dieses schwerzugänglichen Herzens zu streben, als nach dem Karls, daß sich jedem freundlich Entgegenkommenden sogleich fröhlich öffnete und sonder Rückhalt anschloß. Lange Zeit sah er sich von Eduin nur mit kalter Höflichkeit behandelt. Ein an sich unbedeutender Vorfall hatte aber Alles geändert. Die drei Reisenden hatten einst einen Ausflug zu Pferd gemacht. Die Dunkelheit hatte sie übereilt, als sie auf dem Rückweg waren, es brach eine Gewitternacht herein mit kaum aufhörendem Blitzen und Wetterleuchten. Davor scheute Karls Pferd, warf den Reiter ab und entfloh. Thalheim war um den Verwundeten beschäftigt. Eduin suchte das Pferd wieder zu fangen und bracht’ es triumphirend zurück. Nachher sagte Thalheim: „Mir wär’ es das schönste Geschäft, im Stillen Wunden zu verbinden und Balsam aufzulegen — für Sie taugt es besser, in’s Weite zu jagen und widerspenstigen Trotz zu besiegen — so will ich die Jugend — einst war ich auch so.“
„Und es wird Zeit, daß ich anders werde?“ antwortete Eduin kalt und höhnisch fragend.
„Nein — es wird höchstens Zeit, daß Sie Anderes als ein Roß bezwingen lernen — denn das Wort ist so
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