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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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Geld und wer mir von Euch noch Etwas von seinen Schreibereien bringt, der erhält das Dreifache -- aber wo möglich Ungedrucktes, Papiere, die er geheim hält. --< Da ging mir plötzlich ein Licht auf, ich ward zornig, ich warf ihm das Geld in's Gesicht und sagte, ich bin kein Judas, der seinen Bruder an einen Elenden verräth, der vielleicht die Macht hat, ihm Uebles zu thun -- und damit lief ich schnell fort aus der Stube, aus der Schänke, aus der Stadt gerade Wegs heim. Da fand ich meine kranke Mutter hungernd und frierend und sie machte mir Vorwürfe, daß ich ihr kein Geld mitbringe, wie früher -- ich konnt' es nicht ertragen, sie so vor mir zu sehn, bittend und fluchend, matt vor Hunger und Frost, wimmernd unter unsäglichen körperlichen Schmerzen -- ich war noch trunken, es kochte in mir vor kalter, stiller Wuth -- ich ging in unsre Schänke -- ich spielte falsch -- es war ja nicht für mich, es war für meine Mutter -- ich spielte auch erst falsch, als ich sah, daß ich anders nicht gewann, denn ich dachte, ich wär' es in der Stunde wohl werth gewesen zu gewinnen, wo ich den Versucher von mir abgeschüttelt hatte wie eine giftige Schlange, die mich schon umringelt hatte. -- -- Nun weiß ich Alles, und wenn ich mit in Euren Verein treten könnte -- nun thät ich's gern. --"

"Sie werden Dich jetzt nicht aufnehmen," sagte Franz, der mit wachsendem Interesse seinen Bericht angehört hatte.

Geld und wer mir von Euch noch Etwas von seinen Schreibereien bringt, der erhält das Dreifache — aber wo möglich Ungedrucktes, Papiere, die er geheim hält. —‹ Da ging mir plötzlich ein Licht auf, ich ward zornig, ich warf ihm das Geld in’s Gesicht und sagte, ich bin kein Judas, der seinen Bruder an einen Elenden verräth, der vielleicht die Macht hat, ihm Uebles zu thun — und damit lief ich schnell fort aus der Stube, aus der Schänke, aus der Stadt gerade Wegs heim. Da fand ich meine kranke Mutter hungernd und frierend und sie machte mir Vorwürfe, daß ich ihr kein Geld mitbringe, wie früher — ich konnt’ es nicht ertragen, sie so vor mir zu sehn, bittend und fluchend, matt vor Hunger und Frost, wimmernd unter unsäglichen körperlichen Schmerzen — ich war noch trunken, es kochte in mir vor kalter, stiller Wuth — ich ging in unsre Schänke — ich spielte falsch — es war ja nicht für mich, es war für meine Mutter — ich spielte auch erst falsch, als ich sah, daß ich anders nicht gewann, denn ich dachte, ich wär’ es in der Stunde wohl werth gewesen zu gewinnen, wo ich den Versucher von mir abgeschüttelt hatte wie eine giftige Schlange, die mich schon umringelt hatte. — — Nun weiß ich Alles, und wenn ich mit in Euren Verein treten könnte — nun thät ich’s gern. —“

„Sie werden Dich jetzt nicht aufnehmen,“ sagte Franz, der mit wachsendem Interesse seinen Bericht angehört hatte.

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[12/0018] Geld und wer mir von Euch noch Etwas von seinen Schreibereien bringt, der erhält das Dreifache — aber wo möglich Ungedrucktes, Papiere, die er geheim hält. —‹ Da ging mir plötzlich ein Licht auf, ich ward zornig, ich warf ihm das Geld in’s Gesicht und sagte, ich bin kein Judas, der seinen Bruder an einen Elenden verräth, der vielleicht die Macht hat, ihm Uebles zu thun — und damit lief ich schnell fort aus der Stube, aus der Schänke, aus der Stadt gerade Wegs heim. Da fand ich meine kranke Mutter hungernd und frierend und sie machte mir Vorwürfe, daß ich ihr kein Geld mitbringe, wie früher — ich konnt’ es nicht ertragen, sie so vor mir zu sehn, bittend und fluchend, matt vor Hunger und Frost, wimmernd unter unsäglichen körperlichen Schmerzen — ich war noch trunken, es kochte in mir vor kalter, stiller Wuth — ich ging in unsre Schänke — ich spielte falsch — es war ja nicht für mich, es war für meine Mutter — ich spielte auch erst falsch, als ich sah, daß ich anders nicht gewann, denn ich dachte, ich wär’ es in der Stunde wohl werth gewesen zu gewinnen, wo ich den Versucher von mir abgeschüttelt hatte wie eine giftige Schlange, die mich schon umringelt hatte. — — Nun weiß ich Alles, und wenn ich mit in Euren Verein treten könnte — nun thät ich’s gern. —“ „Sie werden Dich jetzt nicht aufnehmen,“ sagte Franz, der mit wachsendem Interesse seinen Bericht angehört hatte.

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/18>, abgerufen am 28.04.2024.