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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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sondern weil Du auf einmal nicht einsehen willst, was allein vernünftig ist -- Du, von dem ich immer besser dachte, als von mir selbst, den ich für verständiger hielt als mich und all' die Andern --"

"Ach, so thu' dies nur auch das eine Mal, mißtraue Dir und Deiner unzufriedenen Heftigkeit, die Alles verderben wird -- traue nur dies Mal meiner ruhigen Ueberlegung -- ich habe das sonst nie von Dir gefordert, jetzt fordre ich's -- Dich verblendet Leidenschaft -- Du hast Dich irre führen lassen."

"Nein! Ich habe nur zum ersten Mal begriffen, wie lange ich irre geleitet gewesen bin, wie wir Alle es sind, wie die ganze Gesellschaft es ist -- jener Brief hat mir die Augen geöffnet. Du hast es nicht hindern können, ich habe mir daraus wenigstens eine Stelle abgeschrieben, und sie Einigen mitgetheilt."

"Wilhelm -- um Gottes Willen, welche?"

"Diese --" sagte Wilhelm und zog ein beschmuztes Blatt Papier hervor, auf welchem stand:

"Wir wollen nicht mehr länger geduldig unser elendes Leben fristen -- wir haben Alle gleiche Rechte, gleiche Ansprüche auf gleiche Genüsse. Unsere Bitten rühren nicht die versteinerten Herzen der Reichen, freiwillig geben sie kein Theilchen ihres Besitzes ab. Es wird Zeit, daß wir ihnen nehmen, was sie uns nicht geben wollen. Wir

sondern weil Du auf einmal nicht einsehen willst, was allein vernünftig ist — Du, von dem ich immer besser dachte, als von mir selbst, den ich für verständiger hielt als mich und all’ die Andern —“

„Ach, so thu’ dies nur auch das eine Mal, mißtraue Dir und Deiner unzufriedenen Heftigkeit, die Alles verderben wird — traue nur dies Mal meiner ruhigen Ueberlegung — ich habe das sonst nie von Dir gefordert, jetzt fordre ich’s — Dich verblendet Leidenschaft — Du hast Dich irre führen lassen.“

„Nein! Ich habe nur zum ersten Mal begriffen, wie lange ich irre geleitet gewesen bin, wie wir Alle es sind, wie die ganze Gesellschaft es ist — jener Brief hat mir die Augen geöffnet. Du hast es nicht hindern können, ich habe mir daraus wenigstens eine Stelle abgeschrieben, und sie Einigen mitgetheilt.“

„Wilhelm — um Gottes Willen, welche?“

„Diese —“ sagte Wilhelm und zog ein beschmuztes Blatt Papier hervor, auf welchem stand:

„Wir wollen nicht mehr länger geduldig unser elendes Leben fristen — wir haben Alle gleiche Rechte, gleiche Ansprüche auf gleiche Genüsse. Unsere Bitten rühren nicht die versteinerten Herzen der Reichen, freiwillig geben sie kein Theilchen ihres Besitzes ab. Es wird Zeit, daß wir ihnen nehmen, was sie uns nicht geben wollen. Wir

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[185/0191] sondern weil Du auf einmal nicht einsehen willst, was allein vernünftig ist — Du, von dem ich immer besser dachte, als von mir selbst, den ich für verständiger hielt als mich und all’ die Andern —“ „Ach, so thu’ dies nur auch das eine Mal, mißtraue Dir und Deiner unzufriedenen Heftigkeit, die Alles verderben wird — traue nur dies Mal meiner ruhigen Ueberlegung — ich habe das sonst nie von Dir gefordert, jetzt fordre ich’s — Dich verblendet Leidenschaft — Du hast Dich irre führen lassen.“ „Nein! Ich habe nur zum ersten Mal begriffen, wie lange ich irre geleitet gewesen bin, wie wir Alle es sind, wie die ganze Gesellschaft es ist — jener Brief hat mir die Augen geöffnet. Du hast es nicht hindern können, ich habe mir daraus wenigstens eine Stelle abgeschrieben, und sie Einigen mitgetheilt.“ „Wilhelm — um Gottes Willen, welche?“ „Diese —“ sagte Wilhelm und zog ein beschmuztes Blatt Papier hervor, auf welchem stand: „Wir wollen nicht mehr länger geduldig unser elendes Leben fristen — wir haben Alle gleiche Rechte, gleiche Ansprüche auf gleiche Genüsse. Unsere Bitten rühren nicht die versteinerten Herzen der Reichen, freiwillig geben sie kein Theilchen ihres Besitzes ab. Es wird Zeit, daß wir ihnen nehmen, was sie uns nicht geben wollen. Wir

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/191>, abgerufen am 27.11.2024.