Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.haben ja Nichts zu verlieren, wir können schon einmal Etwas wagen. Ja wir können Alles wagen -- es ist unsre Pflicht. Die Reichen mögen sich in Acht nehmen, wir werden sie aus ihrer behaglichen Ruhe aufschrecken. Wir haben Nichts mehr zu verlieren, denn wir haben schon Alles verloren durch ihre Erpressungen, ihre Betrügereien, ihren Privaterwerb, ihr Erbrecht. Sie haben zu verlieren, was sie uns entzogen -- und das müssen sie verlieren. Man will uns sagen: das Bestehende dürfe nicht umgestürzt werden! -- Aber wodurch ist das Bestehende gut und unverletzlich gemacht? Es ist schlecht, soll man das Schlechte beibehalten? Aendere hieße die Ordnung stören, sagt man. Aber der jetzige Zustand ist kein geordneter, er ist eine Unordnung, da dem Einen mehr Recht gegeben ist, als dem Andern. Wäre es Ordnung, wenn Millionen hungern und mit der Armuth kämpfen, während einige Tausend Reichthümer aufhäufen und mehr haben als zu einem glücklichen Leben nothwendig? -- Die Noth wird größer und größer -- es handelt sich um Sein und Nichtsein des größten Theils der Menschheit -- wir müssen siegen oder sterben! -- Nicht ewig wollen wir die Diener der Reichen sein, wir haben gerechte Ansprüche an das Leben und das Leben soll uns unsern Antheil nicht länger verweigern!" Wilhelm hatte das laut gelesen und sagte jetzt: "Und bist Du noch nicht überzeugt? Mein Wahlspruch ist: haben ja Nichts zu verlieren, wir können schon einmal Etwas wagen. Ja wir können Alles wagen — es ist unsre Pflicht. Die Reichen mögen sich in Acht nehmen, wir werden sie aus ihrer behaglichen Ruhe aufschrecken. Wir haben Nichts mehr zu verlieren, denn wir haben schon Alles verloren durch ihre Erpressungen, ihre Betrügereien, ihren Privaterwerb, ihr Erbrecht. Sie haben zu verlieren, was sie uns entzogen — und das müssen sie verlieren. Man will uns sagen: das Bestehende dürfe nicht umgestürzt werden! — Aber wodurch ist das Bestehende gut und unverletzlich gemacht? Es ist schlecht, soll man das Schlechte beibehalten? Aendere hieße die Ordnung stören, sagt man. Aber der jetzige Zustand ist kein geordneter, er ist eine Unordnung, da dem Einen mehr Recht gegeben ist, als dem Andern. Wäre es Ordnung, wenn Millionen hungern und mit der Armuth kämpfen, während einige Tausend Reichthümer aufhäufen und mehr haben als zu einem glücklichen Leben nothwendig? — Die Noth wird größer und größer — es handelt sich um Sein und Nichtsein des größten Theils der Menschheit — wir müssen siegen oder sterben! — Nicht ewig wollen wir die Diener der Reichen sein, wir haben gerechte Ansprüche an das Leben und das Leben soll uns unsern Antheil nicht länger verweigern!“ Wilhelm hatte das laut gelesen und sagte jetzt: „Und bist Du noch nicht überzeugt? Mein Wahlspruch ist: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0192" n="186"/> haben ja Nichts zu verlieren, wir können schon einmal Etwas wagen. Ja wir können Alles wagen — es ist unsre Pflicht. Die Reichen mögen sich in Acht nehmen, wir werden sie aus ihrer behaglichen Ruhe aufschrecken. Wir haben Nichts mehr zu verlieren, denn wir haben schon Alles verloren durch ihre Erpressungen, ihre Betrügereien, ihren Privaterwerb, ihr Erbrecht. Sie haben zu verlieren, was sie uns entzogen — und das müssen sie verlieren. Man will uns sagen: das Bestehende dürfe nicht umgestürzt werden! — Aber wodurch ist das Bestehende gut und unverletzlich gemacht? Es ist schlecht, soll man das Schlechte beibehalten? Aendere hieße die Ordnung stören, sagt man. Aber der jetzige Zustand ist kein geordneter, er ist eine Unordnung, da dem Einen mehr Recht gegeben ist, als dem Andern. Wäre es Ordnung, wenn Millionen hungern und mit der Armuth kämpfen, während einige Tausend Reichthümer aufhäufen und mehr haben als zu einem glücklichen Leben nothwendig? — Die Noth wird größer und größer — es handelt sich um Sein und Nichtsein des größten Theils der Menschheit — wir müssen siegen oder sterben! — Nicht ewig wollen wir die Diener der Reichen sein, wir haben gerechte Ansprüche an das Leben und das Leben soll uns unsern Antheil nicht länger verweigern!“</p> <p>Wilhelm hatte das laut gelesen und sagte jetzt: „Und bist Du noch nicht überzeugt? Mein Wahlspruch ist: </p> </div> </body> </text> </TEI> [186/0192]
haben ja Nichts zu verlieren, wir können schon einmal Etwas wagen. Ja wir können Alles wagen — es ist unsre Pflicht. Die Reichen mögen sich in Acht nehmen, wir werden sie aus ihrer behaglichen Ruhe aufschrecken. Wir haben Nichts mehr zu verlieren, denn wir haben schon Alles verloren durch ihre Erpressungen, ihre Betrügereien, ihren Privaterwerb, ihr Erbrecht. Sie haben zu verlieren, was sie uns entzogen — und das müssen sie verlieren. Man will uns sagen: das Bestehende dürfe nicht umgestürzt werden! — Aber wodurch ist das Bestehende gut und unverletzlich gemacht? Es ist schlecht, soll man das Schlechte beibehalten? Aendere hieße die Ordnung stören, sagt man. Aber der jetzige Zustand ist kein geordneter, er ist eine Unordnung, da dem Einen mehr Recht gegeben ist, als dem Andern. Wäre es Ordnung, wenn Millionen hungern und mit der Armuth kämpfen, während einige Tausend Reichthümer aufhäufen und mehr haben als zu einem glücklichen Leben nothwendig? — Die Noth wird größer und größer — es handelt sich um Sein und Nichtsein des größten Theils der Menschheit — wir müssen siegen oder sterben! — Nicht ewig wollen wir die Diener der Reichen sein, wir haben gerechte Ansprüche an das Leben und das Leben soll uns unsern Antheil nicht länger verweigern!“
Wilhelm hatte das laut gelesen und sagte jetzt: „Und bist Du noch nicht überzeugt? Mein Wahlspruch ist:
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