Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

sie fähig gewesen wäre, nur Etwas davon zu begreifen. Sie war nur froh, daß die fremden Männer sich wieder entfernt hatten, daß sie nun wieder ungestört ihrem Schmerz um ihr verlornes Kleinod, um ihr gestorbenes Kind nachhängen konnte.

Ihr Schwager Bernhard kam wieder zurück. Er ging schweigend auf sie zu und drückte ihr die Hand -- sie seufzte tief und sagte dann: "Ich danke Dir -- ist doch eine verwandte Seele dabei gewesen, ich hätt' es nicht vermogt."

"Ich habe die erste Hand voll Erde auf den hinabgesenkten Sarg geworfen für Dich, dann eine für Gustav, dann für mich selbst --" sagte er und verschlang eine Thräne.

Nun war es wieder lange stumm in dem kleinen Zimmer zwischen den drei Menschen.

Nachher stand Auguste auf, trat zu Bernhard und erzählte ihm Alles, was während seiner Abwesenheit vorgekommen war und ihr so räthselhaft und unheimlich erschien.

Ihm war es so nicht minder -- er verstand es gar nicht, fragte zu wiederholten Malen und ward doch nicht klüger. Endlich fuhr er heraus:

"Donnerwetter! Wär' ich da gewesen -- ich hätte die Kerle die Treppe hinunter geworfen -- trotz Polizei --

sie fähig gewesen wäre, nur Etwas davon zu begreifen. Sie war nur froh, daß die fremden Männer sich wieder entfernt hatten, daß sie nun wieder ungestört ihrem Schmerz um ihr verlornes Kleinod, um ihr gestorbenes Kind nachhängen konnte.

Ihr Schwager Bernhard kam wieder zurück. Er ging schweigend auf sie zu und drückte ihr die Hand — sie seufzte tief und sagte dann: „Ich danke Dir — ist doch eine verwandte Seele dabei gewesen, ich hätt’ es nicht vermogt.“

„Ich habe die erste Hand voll Erde auf den hinabgesenkten Sarg geworfen für Dich, dann eine für Gustav, dann für mich selbst —“ sagte er und verschlang eine Thräne.

Nun war es wieder lange stumm in dem kleinen Zimmer zwischen den drei Menschen.

Nachher stand Auguste auf, trat zu Bernhard und erzählte ihm Alles, was während seiner Abwesenheit vorgekommen war und ihr so räthselhaft und unheimlich erschien.

Ihm war es so nicht minder — er verstand es gar nicht, fragte zu wiederholten Malen und ward doch nicht klüger. Endlich fuhr er heraus:

„Donnerwetter! Wär’ ich da gewesen — ich hätte die Kerle die Treppe hinunter geworfen — trotz Polizei —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="38"/>
sie fähig gewesen wäre, nur Etwas davon zu begreifen. Sie war nur froh, daß die fremden Männer sich wieder entfernt hatten, daß sie nun wieder ungestört ihrem Schmerz um ihr verlornes Kleinod, um ihr gestorbenes Kind nachhängen konnte.</p>
        <p>Ihr Schwager Bernhard kam wieder zurück. Er ging schweigend auf sie zu und drückte ihr die Hand &#x2014; sie seufzte tief und sagte dann: &#x201E;Ich danke Dir &#x2014; ist doch eine verwandte Seele dabei gewesen, ich hätt&#x2019; es nicht vermogt.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ich habe die erste Hand voll Erde auf den hinabgesenkten Sarg geworfen für Dich, dann eine für Gustav, dann für mich selbst &#x2014;&#x201C; sagte er und verschlang eine Thräne.</p>
        <p>Nun war es wieder lange stumm in dem kleinen Zimmer zwischen den drei Menschen.</p>
        <p>Nachher stand Auguste auf, trat zu Bernhard und erzählte ihm Alles, was während seiner Abwesenheit vorgekommen war und ihr so räthselhaft und unheimlich erschien.</p>
        <p>Ihm war es so nicht minder &#x2014; er verstand es gar nicht, fragte zu wiederholten Malen und ward doch nicht klüger. Endlich fuhr er heraus:</p>
        <p>&#x201E;Donnerwetter! Wär&#x2019; ich da gewesen &#x2014; ich hätte die Kerle die Treppe hinunter geworfen &#x2014; trotz Polizei &#x2014;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0044] sie fähig gewesen wäre, nur Etwas davon zu begreifen. Sie war nur froh, daß die fremden Männer sich wieder entfernt hatten, daß sie nun wieder ungestört ihrem Schmerz um ihr verlornes Kleinod, um ihr gestorbenes Kind nachhängen konnte. Ihr Schwager Bernhard kam wieder zurück. Er ging schweigend auf sie zu und drückte ihr die Hand — sie seufzte tief und sagte dann: „Ich danke Dir — ist doch eine verwandte Seele dabei gewesen, ich hätt’ es nicht vermogt.“ „Ich habe die erste Hand voll Erde auf den hinabgesenkten Sarg geworfen für Dich, dann eine für Gustav, dann für mich selbst —“ sagte er und verschlang eine Thräne. Nun war es wieder lange stumm in dem kleinen Zimmer zwischen den drei Menschen. Nachher stand Auguste auf, trat zu Bernhard und erzählte ihm Alles, was während seiner Abwesenheit vorgekommen war und ihr so räthselhaft und unheimlich erschien. Ihm war es so nicht minder — er verstand es gar nicht, fragte zu wiederholten Malen und ward doch nicht klüger. Endlich fuhr er heraus: „Donnerwetter! Wär’ ich da gewesen — ich hätte die Kerle die Treppe hinunter geworfen — trotz Polizei —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/44
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/44>, abgerufen am 21.11.2024.