Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846."O, ist man nicht selber reich genug, dem Wald, dem Bach, den Blumen allen verwandte Seelen zu geben? Und bringt nicht jede Schwalbe, die sich in unsrer Nähe anheimelt, nicht jede Lerche, die aus der Saat zum Himmel jubelnd emporschwirrt, jede Nachtigall, die im Stillen und Dunkel sich hören läßt, die verwandte Seele mit, nach welcher wir uns sehnen? Fühlen Sie nicht, daß das Lied, welches von dem wechselnden Vögelchen da drunten im Garten ertönt, alle die Regungen zur Sprache bringt, über welche Sie mit sympathisirenden Wesen sich unterhalten mögten? Nun und warum nicht mit diesen gefiederten Sängern?" fragte Elisabeth. "Nun, wer von uns Beiden ist denn der Poet?" sagte Jaromir lächelnd. In diesem Augenblick traten der Graf und die Gräfin in den Saal. Jaromir und Elisabeth hatten sie vorher nicht bemerkt -- sie standen jetzt schnell überrascht auf und traten zu ihnen in den Saal. Die Unterhaltung war allgemein und kam nicht aus der Sphäre des gewöhnlichen Conversationstones heraus. Jaromir hielt das nicht lange aus und entfernte sich sobald als es schicklich war. Später sagte die Gräfin zu Elisabeth: "Du ließest „O, ist man nicht selber reich genug, dem Wald, dem Bach, den Blumen allen verwandte Seelen zu geben? Und bringt nicht jede Schwalbe, die sich in unsrer Nähe anheimelt, nicht jede Lerche, die aus der Saat zum Himmel jubelnd emporschwirrt, jede Nachtigall, die im Stillen und Dunkel sich hören läßt, die verwandte Seele mit, nach welcher wir uns sehnen? Fühlen Sie nicht, daß das Lied, welches von dem wechselnden Vögelchen da drunten im Garten ertönt, alle die Regungen zur Sprache bringt, über welche Sie mit sympathisirenden Wesen sich unterhalten mögten? Nun und warum nicht mit diesen gefiederten Sängern?“ fragte Elisabeth. „Nun, wer von uns Beiden ist denn der Poet?“ sagte Jaromir lächelnd. In diesem Augenblick traten der Graf und die Gräfin in den Saal. Jaromir und Elisabeth hatten sie vorher nicht bemerkt — sie standen jetzt schnell überrascht auf und traten zu ihnen in den Saal. Die Unterhaltung war allgemein und kam nicht aus der Sphäre des gewöhnlichen Conversationstones heraus. Jaromir hielt das nicht lange aus und entfernte sich sobald als es schicklich war. Später sagte die Gräfin zu Elisabeth: „Du ließest <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0060" n="54"/> <p> „O, ist man nicht selber reich genug, dem Wald, dem Bach, den Blumen allen verwandte Seelen zu geben? Und bringt nicht jede Schwalbe, die sich in unsrer Nähe anheimelt, nicht jede Lerche, die aus der Saat zum Himmel jubelnd emporschwirrt, jede Nachtigall, die im Stillen und Dunkel sich hören läßt, die verwandte Seele mit, nach welcher wir uns sehnen? Fühlen Sie nicht, daß das Lied, welches von dem wechselnden Vögelchen da drunten im Garten ertönt, alle die Regungen zur Sprache bringt, über welche Sie mit sympathisirenden Wesen sich unterhalten mögten? Nun und warum nicht mit diesen gefiederten Sängern?“ fragte Elisabeth.</p> <p>„Nun, wer von uns Beiden ist denn der Poet?“ sagte Jaromir lächelnd.</p> <p>In diesem Augenblick traten der Graf und die Gräfin in den Saal. Jaromir und Elisabeth hatten sie vorher nicht bemerkt — sie standen jetzt schnell überrascht auf und traten zu ihnen in den Saal.</p> <p>Die Unterhaltung war allgemein und kam nicht aus der Sphäre des gewöhnlichen Conversationstones heraus. Jaromir hielt das nicht lange aus und entfernte sich sobald als es schicklich war.</p> <p>Später sagte die Gräfin zu Elisabeth: „Du ließest </p> </div> </body> </text> </TEI> [54/0060]
„O, ist man nicht selber reich genug, dem Wald, dem Bach, den Blumen allen verwandte Seelen zu geben? Und bringt nicht jede Schwalbe, die sich in unsrer Nähe anheimelt, nicht jede Lerche, die aus der Saat zum Himmel jubelnd emporschwirrt, jede Nachtigall, die im Stillen und Dunkel sich hören läßt, die verwandte Seele mit, nach welcher wir uns sehnen? Fühlen Sie nicht, daß das Lied, welches von dem wechselnden Vögelchen da drunten im Garten ertönt, alle die Regungen zur Sprache bringt, über welche Sie mit sympathisirenden Wesen sich unterhalten mögten? Nun und warum nicht mit diesen gefiederten Sängern?“ fragte Elisabeth.
„Nun, wer von uns Beiden ist denn der Poet?“ sagte Jaromir lächelnd.
In diesem Augenblick traten der Graf und die Gräfin in den Saal. Jaromir und Elisabeth hatten sie vorher nicht bemerkt — sie standen jetzt schnell überrascht auf und traten zu ihnen in den Saal.
Die Unterhaltung war allgemein und kam nicht aus der Sphäre des gewöhnlichen Conversationstones heraus. Jaromir hielt das nicht lange aus und entfernte sich sobald als es schicklich war.
Später sagte die Gräfin zu Elisabeth: „Du ließest
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