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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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Ihrer Stirn, in Ihren Blicken leuchtender, ungetrübter Friede und ich dachte, so müss' es immer sein -- damals meinte ich nicht, daß ich nach wenig Monaten Sie so wiedersehen würde, wie es geschah. Jener erste Moment, in welchem ich sie sah, ist einer der erschütterndsten meines Lebens gewesen, ich werde ihn nie vergessen, und als ich Sie zum zweiten Male sah -- darf ich es Ihnen gestehen? so hätt' ich dem Leben fluchen mögen, das auch aus Ihren Augen Thränen preßte, das auch Sie schon so schmerzlich fassen und bewegen konnte! Aber ich lernte auch von Ihnen -- ich hatte oft das Weh meines Herzens übertäuben wollen in rauschender Lust, aber ich dachte dann, es sei besser, gleich Ihnen dies Leid auszuweinen in Gottes freier Natur, an der Brust der mütterlichen Erde -- und so that ich -- und so kam ich auch hierher, um in der heiligen Frühlingswelt alle kleinen menschlichen Schmerzen zu vergessen -- und mir ist, als würde das Herz gesund, wenn es wie hier neben lächelnden Blumen und wirbelndenden Lerchen schlagen kann --" er wollte noch mehr sagen, aber er hielt inne.

"Das Herz wird still, wenn es wie hier auf dieser Höhe dem Himmel näher schlägt," ergänzte Eisabeth, "ich bin jetzt zufrieden. Ich genieße den Fühling -- was will man mehr?"

"Die Nähe verwandter Seelen," sagte Jaromir.

Ihrer Stirn, in Ihren Blicken leuchtender, ungetrübter Friede und ich dachte, so müss’ es immer sein — damals meinte ich nicht, daß ich nach wenig Monaten Sie so wiedersehen würde, wie es geschah. Jener erste Moment, in welchem ich sie sah, ist einer der erschütterndsten meines Lebens gewesen, ich werde ihn nie vergessen, und als ich Sie zum zweiten Male sah — darf ich es Ihnen gestehen? so hätt’ ich dem Leben fluchen mögen, das auch aus Ihren Augen Thränen preßte, das auch Sie schon so schmerzlich fassen und bewegen konnte! Aber ich lernte auch von Ihnen — ich hatte oft das Weh meines Herzens übertäuben wollen in rauschender Lust, aber ich dachte dann, es sei besser, gleich Ihnen dies Leid auszuweinen in Gottes freier Natur, an der Brust der mütterlichen Erde — und so that ich — und so kam ich auch hierher, um in der heiligen Frühlingswelt alle kleinen menschlichen Schmerzen zu vergessen — und mir ist, als würde das Herz gesund, wenn es wie hier neben lächelnden Blumen und wirbelndenden Lerchen schlagen kann —“ er wollte noch mehr sagen, aber er hielt inne.

„Das Herz wird still, wenn es wie hier auf dieser Höhe dem Himmel näher schlägt,“ ergänzte Eisabeth, „ich bin jetzt zufrieden. Ich genieße den Fühling — was will man mehr?“

„Die Nähe verwandter Seelen,“ sagte Jaromir.

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[53/0059] Ihrer Stirn, in Ihren Blicken leuchtender, ungetrübter Friede und ich dachte, so müss’ es immer sein — damals meinte ich nicht, daß ich nach wenig Monaten Sie so wiedersehen würde, wie es geschah. Jener erste Moment, in welchem ich sie sah, ist einer der erschütterndsten meines Lebens gewesen, ich werde ihn nie vergessen, und als ich Sie zum zweiten Male sah — darf ich es Ihnen gestehen? so hätt’ ich dem Leben fluchen mögen, das auch aus Ihren Augen Thränen preßte, das auch Sie schon so schmerzlich fassen und bewegen konnte! Aber ich lernte auch von Ihnen — ich hatte oft das Weh meines Herzens übertäuben wollen in rauschender Lust, aber ich dachte dann, es sei besser, gleich Ihnen dies Leid auszuweinen in Gottes freier Natur, an der Brust der mütterlichen Erde — und so that ich — und so kam ich auch hierher, um in der heiligen Frühlingswelt alle kleinen menschlichen Schmerzen zu vergessen — und mir ist, als würde das Herz gesund, wenn es wie hier neben lächelnden Blumen und wirbelndenden Lerchen schlagen kann —“ er wollte noch mehr sagen, aber er hielt inne. „Das Herz wird still, wenn es wie hier auf dieser Höhe dem Himmel näher schlägt,“ ergänzte Eisabeth, „ich bin jetzt zufrieden. Ich genieße den Fühling — was will man mehr?“ „Die Nähe verwandter Seelen,“ sagte Jaromir.

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/59>, abgerufen am 14.05.2024.