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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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hätte Dich für verständiger gehalten, hätte nimmer geglaubt, daß Du dem Verführer ein so williges Ohr liehest!" --

"Verführer -- nein, Erretter! Das ist nicht die Sprache der Heuchelei, welche man sonst nur zu hören gewohnt ist -- es ist die Stimme der Wahrheit, welche mich mächtig ergreift. -- Gieb' ihn her, diesen Brief -- ich eile damit in die Schenke, ich lese ihn vor in unserm Kreis und man wird mir mit Jubelgeschrei zuhören -- komm mit -- gieb den Brief!"

"Bist Du rasend?" rief Franz abwehrend. "Nimmermehr! -- Komm zu Dir! Bedenke, welches Unheil Du anrichten würdest, wenn sie den frevelhaften Worten dieses Briefes Beifall riefen, wenn Dein erhitztes Gemüth sie zu gleicher blinder Hitze fortrisse, Du setztest Alles auf's Spiel!"

"Du hast Recht, daß Du zur Vorsicht räthst," sagte Wilhelm gefaßter -- "ja, sie könnten Alles verderben, und meine eigne frohe Wuth könnte jetzt vernichten, was wir erst im Dunkeln bauen müssen -- Du bist verständiger -- ich werde noch Nichts sagen, aber ich muß hinaus in's Freie -- mir wirbelts im Hirne -- mir ist, als wollt' es mir die Brust zersprengen -- mir ist, als hätt' ich in meinen Armen Kraft, eine Welt ihrem gewohnten Gang zu entreißen und Alles zu zertrümmern. Leb' wohl! -- oder gehst Du mit?"

hätte Dich für verständiger gehalten, hätte nimmer geglaubt, daß Du dem Verführer ein so williges Ohr liehest!“ —

„Verführer — nein, Erretter! Das ist nicht die Sprache der Heuchelei, welche man sonst nur zu hören gewohnt ist — es ist die Stimme der Wahrheit, welche mich mächtig ergreift. — Gieb’ ihn her, diesen Brief — ich eile damit in die Schenke, ich lese ihn vor in unserm Kreis und man wird mir mit Jubelgeschrei zuhören — komm mit — gieb den Brief!“

„Bist Du rasend?“ rief Franz abwehrend. „Nimmermehr! — Komm zu Dir! Bedenke, welches Unheil Du anrichten würdest, wenn sie den frevelhaften Worten dieses Briefes Beifall riefen, wenn Dein erhitztes Gemüth sie zu gleicher blinder Hitze fortrisse, Du setztest Alles auf’s Spiel!“

„Du hast Recht, daß Du zur Vorsicht räthst,“ sagte Wilhelm gefaßter — „ja, sie könnten Alles verderben, und meine eigne frohe Wuth könnte jetzt vernichten, was wir erst im Dunkeln bauen müssen — Du bist verständiger — ich werde noch Nichts sagen, aber ich muß hinaus in’s Freie — mir wirbelts im Hirne — mir ist, als wollt’ es mir die Brust zersprengen — mir ist, als hätt’ ich in meinen Armen Kraft, eine Welt ihrem gewohnten Gang zu entreißen und Alles zu zertrümmern. Leb’ wohl! — oder gehst Du mit?“

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[87/0093] hätte Dich für verständiger gehalten, hätte nimmer geglaubt, daß Du dem Verführer ein so williges Ohr liehest!“ — „Verführer — nein, Erretter! Das ist nicht die Sprache der Heuchelei, welche man sonst nur zu hören gewohnt ist — es ist die Stimme der Wahrheit, welche mich mächtig ergreift. — Gieb’ ihn her, diesen Brief — ich eile damit in die Schenke, ich lese ihn vor in unserm Kreis und man wird mir mit Jubelgeschrei zuhören — komm mit — gieb den Brief!“ „Bist Du rasend?“ rief Franz abwehrend. „Nimmermehr! — Komm zu Dir! Bedenke, welches Unheil Du anrichten würdest, wenn sie den frevelhaften Worten dieses Briefes Beifall riefen, wenn Dein erhitztes Gemüth sie zu gleicher blinder Hitze fortrisse, Du setztest Alles auf’s Spiel!“ „Du hast Recht, daß Du zur Vorsicht räthst,“ sagte Wilhelm gefaßter — „ja, sie könnten Alles verderben, und meine eigne frohe Wuth könnte jetzt vernichten, was wir erst im Dunkeln bauen müssen — Du bist verständiger — ich werde noch Nichts sagen, aber ich muß hinaus in’s Freie — mir wirbelts im Hirne — mir ist, als wollt’ es mir die Brust zersprengen — mir ist, als hätt’ ich in meinen Armen Kraft, eine Welt ihrem gewohnten Gang zu entreißen und Alles zu zertrümmern. Leb’ wohl! — oder gehst Du mit?“

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/93>, abgerufen am 21.11.2024.