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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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Franz sagte: "Ich bleibe hier. -- Aber Du versprichst mir, von diesem Briefe keinem etwas zu sagen? Du versprichst, wenigstens jetzt und bis Du Die selbst darüber deutlicher geworden, von diesen Gedanken nicht zu reden, welche dies Schreiben in Dir erweckt hat? Um Deiner selbst willen -- um der guten Sache willen -- gleichviel, ob die Sache die gute sei, welche ich dafür halte, oder diejenige, welche Du dafür hältst -- versprich es, jetzt nicht von diesen Dingen zu reden!"

"Ja, ich versprech' es! Ein Wort ein Mann!" sagte Wilhelm ernst.

"Es ist gut, ich glaube Dir --" versetzte Franz. "Gute Nacht!"

"Gute Nacht -- wenn Du jetzt schlafen kannst," sagte Wilhelm mit wilder Stimme, die halb wie Gelächter klang, und ging fort.

Franz war allein.

Er setzte sich auf den hölzernen Schemel vor den Tisch, auf welchem die Lampe stand und das verhängnißvolle Schreiben lag.

"Ich will es jetzt nicht noch ein Mal lesen," sagte er zu sich und schob es in den Tischkasten, in welchem seine Papiere und Schreibereien lagen. Dann verlöschte er die Lampe, sie sollte nicht umsonst brennen. Das Oel ist theuer und ein armer Arbeiter muß das bedenken. Die

Franz sagte: „Ich bleibe hier. — Aber Du versprichst mir, von diesem Briefe keinem etwas zu sagen? Du versprichst, wenigstens jetzt und bis Du Die selbst darüber deutlicher geworden, von diesen Gedanken nicht zu reden, welche dies Schreiben in Dir erweckt hat? Um Deiner selbst willen — um der guten Sache willen — gleichviel, ob die Sache die gute sei, welche ich dafür halte, oder diejenige, welche Du dafür hältst — versprich es, jetzt nicht von diesen Dingen zu reden!“

„Ja, ich versprech’ es! Ein Wort ein Mann!“ sagte Wilhelm ernst.

„Es ist gut, ich glaube Dir —“ versetzte Franz. „Gute Nacht!“

„Gute Nacht — wenn Du jetzt schlafen kannst,“ sagte Wilhelm mit wilder Stimme, die halb wie Gelächter klang, und ging fort.

Franz war allein.

Er setzte sich auf den hölzernen Schemel vor den Tisch, auf welchem die Lampe stand und das verhängnißvolle Schreiben lag.

„Ich will es jetzt nicht noch ein Mal lesen,“ sagte er zu sich und schob es in den Tischkasten, in welchem seine Papiere und Schreibereien lagen. Dann verlöschte er die Lampe, sie sollte nicht umsonst brennen. Das Oel ist theuer und ein armer Arbeiter muß das bedenken. Die

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[88/0094] Franz sagte: „Ich bleibe hier. — Aber Du versprichst mir, von diesem Briefe keinem etwas zu sagen? Du versprichst, wenigstens jetzt und bis Du Die selbst darüber deutlicher geworden, von diesen Gedanken nicht zu reden, welche dies Schreiben in Dir erweckt hat? Um Deiner selbst willen — um der guten Sache willen — gleichviel, ob die Sache die gute sei, welche ich dafür halte, oder diejenige, welche Du dafür hältst — versprich es, jetzt nicht von diesen Dingen zu reden!“ „Ja, ich versprech’ es! Ein Wort ein Mann!“ sagte Wilhelm ernst. „Es ist gut, ich glaube Dir —“ versetzte Franz. „Gute Nacht!“ „Gute Nacht — wenn Du jetzt schlafen kannst,“ sagte Wilhelm mit wilder Stimme, die halb wie Gelächter klang, und ging fort. Franz war allein. Er setzte sich auf den hölzernen Schemel vor den Tisch, auf welchem die Lampe stand und das verhängnißvolle Schreiben lag. „Ich will es jetzt nicht noch ein Mal lesen,“ sagte er zu sich und schob es in den Tischkasten, in welchem seine Papiere und Schreibereien lagen. Dann verlöschte er die Lampe, sie sollte nicht umsonst brennen. Das Oel ist theuer und ein armer Arbeiter muß das bedenken. Die

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/94>, abgerufen am 14.05.2024.