Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.Poet aus der Fülle seines Herzens, und jene seligen Momente kamen ihm wieder, wo in lauter, rauschender Sphärenmusik ein ganzer Himmel urewiger Harmonieen im Innern einer Menschenbrust aufweckt, die so lange wogen und dringen und nicht zur Ruhe kommen wollen, bis sie eine äußere Erscheinung gefunden -- ein Lied, das jubelndes Zeugniß ablegt von ihrem Dasein, ihrer Macht und Herrlichkeit. Ein seliges Liebeleben vereinigte ihn mit Elisabeth. Und sie, die ernste, verschlossene Jungfrau, weihte ihm die ersten vollsten Blüthen eines Gefühls, dem bisher ihr Herz kaum eine leise Ahnung gezollt hatte. Man konnte ihr Inneres einer hohen weißen Lilie vergleichen, die schlank aufgesprossen ist und deren Blüthen über Nacht in heiliger, schweigender Ruhe bei melodischem, gleichförmigem Quellengeriesel träumend groß geworden sind und im weißen silberreinen Glanze viel heilige Geheimnisse in sich selbst noch ungeahnt und schlummernd verschlossen halten. Da strahlt der Morgenstern hell und tagverheißend auf die Blüthenkrone, der erste Morgenthau hängt sich an sie, mit einem zarten, durchsichtigen Perlenschleier sie noch verklärend, vorahnend schlägt die erste Lerche ihr Lied ihr vorüber im dunkeln Morgengrauen empor -- es klingt mit seltsamer Bewegung wieder im Blumenkelch -- er richtet sehnsüchtig sein Haupt noch höher auf -- aber er bleibt verschlossen. Poet aus der Fülle seines Herzens, und jene seligen Momente kamen ihm wieder, wo in lauter, rauschender Sphärenmusik ein ganzer Himmel urewiger Harmonieen im Innern einer Menschenbrust aufweckt, die so lange wogen und dringen und nicht zur Ruhe kommen wollen, bis sie eine äußere Erscheinung gefunden — ein Lied, das jubelndes Zeugniß ablegt von ihrem Dasein, ihrer Macht und Herrlichkeit. Ein seliges Liebeleben vereinigte ihn mit Elisabeth. Und sie, die ernste, verschlossene Jungfrau, weihte ihm die ersten vollsten Blüthen eines Gefühls, dem bisher ihr Herz kaum eine leise Ahnung gezollt hatte. Man konnte ihr Inneres einer hohen weißen Lilie vergleichen, die schlank aufgesprossen ist und deren Blüthen über Nacht in heiliger, schweigender Ruhe bei melodischem, gleichförmigem Quellengeriesel träumend groß geworden sind und im weißen silberreinen Glanze viel heilige Geheimnisse in sich selbst noch ungeahnt und schlummernd verschlossen halten. Da strahlt der Morgenstern hell und tagverheißend auf die Blüthenkrone, der erste Morgenthau hängt sich an sie, mit einem zarten, durchsichtigen Perlenschleier sie noch verklärend, vorahnend schlägt die erste Lerche ihr Lied ihr vorüber im dunkeln Morgengrauen empor — es klingt mit seltsamer Bewegung wieder im Blumenkelch — er richtet sehnsüchtig sein Haupt noch höher auf — aber er bleibt verschlossen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="6"/> Poet aus der Fülle seines Herzens, und jene seligen Momente kamen ihm wieder, wo in lauter, rauschender Sphärenmusik ein ganzer Himmel urewiger Harmonieen im Innern einer Menschenbrust aufweckt, die so lange wogen und dringen und nicht zur Ruhe kommen wollen, bis sie eine äußere Erscheinung gefunden — ein Lied, das jubelndes Zeugniß ablegt von ihrem Dasein, ihrer Macht und Herrlichkeit.</p> <p>Ein seliges Liebeleben vereinigte ihn mit Elisabeth.</p> <p>Und sie, die ernste, verschlossene Jungfrau, weihte ihm die ersten vollsten Blüthen eines Gefühls, dem bisher ihr Herz kaum eine leise Ahnung gezollt hatte. Man konnte ihr Inneres einer hohen weißen Lilie vergleichen, die schlank aufgesprossen ist und deren Blüthen über Nacht in heiliger, schweigender Ruhe bei melodischem, gleichförmigem Quellengeriesel träumend groß geworden sind und im weißen silberreinen Glanze viel heilige Geheimnisse in sich selbst noch ungeahnt und schlummernd verschlossen halten. Da strahlt der Morgenstern hell und tagverheißend auf die Blüthenkrone, der erste Morgenthau hängt sich an sie, mit einem zarten, durchsichtigen Perlenschleier sie noch verklärend, vorahnend schlägt die erste Lerche ihr Lied ihr vorüber im dunkeln Morgengrauen empor — es klingt mit seltsamer Bewegung wieder im Blumenkelch — er richtet sehnsüchtig sein Haupt noch höher auf — aber er bleibt verschlossen. </p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0010]
Poet aus der Fülle seines Herzens, und jene seligen Momente kamen ihm wieder, wo in lauter, rauschender Sphärenmusik ein ganzer Himmel urewiger Harmonieen im Innern einer Menschenbrust aufweckt, die so lange wogen und dringen und nicht zur Ruhe kommen wollen, bis sie eine äußere Erscheinung gefunden — ein Lied, das jubelndes Zeugniß ablegt von ihrem Dasein, ihrer Macht und Herrlichkeit.
Ein seliges Liebeleben vereinigte ihn mit Elisabeth.
Und sie, die ernste, verschlossene Jungfrau, weihte ihm die ersten vollsten Blüthen eines Gefühls, dem bisher ihr Herz kaum eine leise Ahnung gezollt hatte. Man konnte ihr Inneres einer hohen weißen Lilie vergleichen, die schlank aufgesprossen ist und deren Blüthen über Nacht in heiliger, schweigender Ruhe bei melodischem, gleichförmigem Quellengeriesel träumend groß geworden sind und im weißen silberreinen Glanze viel heilige Geheimnisse in sich selbst noch ungeahnt und schlummernd verschlossen halten. Da strahlt der Morgenstern hell und tagverheißend auf die Blüthenkrone, der erste Morgenthau hängt sich an sie, mit einem zarten, durchsichtigen Perlenschleier sie noch verklärend, vorahnend schlägt die erste Lerche ihr Lied ihr vorüber im dunkeln Morgengrauen empor — es klingt mit seltsamer Bewegung wieder im Blumenkelch — er richtet sehnsüchtig sein Haupt noch höher auf — aber er bleibt verschlossen.
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