Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.waren Ihnen zu alt -- vielleicht kann ich Ihnen neue geben." "Sie würden Sich dadurch ein großes Verdienst erwerben." Es kam nun zu einem weitläufigen Hin- und Herreden, wo Keines dem Andern seine Absichten verrathen wollte, man capitulirte förmlich und gelobte sich Schweigen. Endlich sagte Amalie: "Wir haben hier mit einigen Familien ein gemeinschaftliches Portefeuille, worein die Briefe kommen, welche am andern Tage zur Stadt gebracht werden sollen. Der Oberst macht von diesem kleinen Verein gewissermaßen den Postrath -- das Portefeuille ist hier," -- sie holte es. "Graf Szariny hat heute einige Briefe hergeschickt." Dem Polizeirath war es doch bedenklich, seine Geheimmittel, wie man allwissend wird, eine Frau wissen zu lassen. Er wieß ihren Vorschlag zurück. Sie hatte dennoch das Portefeuille geöffnet und hielt ihm einen Brief mit Szarinys Wappen und Handschrift hin. Er war an den Redacteur eines neuen Volksblattes adressirt, welches eine ziemlich radicale Färbung hatte. Der Umstand war bedenklich. Der Polizeirath wog ihn bedenklich und bemühte sich, durch das dünne Couvert zu lesen; er unterschied die Worte: Franz Thalheim, ein Fabrikarbeiter. waren Ihnen zu alt — vielleicht kann ich Ihnen neue geben.“ „Sie würden Sich dadurch ein großes Verdienst erwerben.“ Es kam nun zu einem weitläufigen Hin- und Herreden, wo Keines dem Andern seine Absichten verrathen wollte, man capitulirte förmlich und gelobte sich Schweigen. Endlich sagte Amalie: „Wir haben hier mit einigen Familien ein gemeinschaftliches Portefeuille, worein die Briefe kommen, welche am andern Tage zur Stadt gebracht werden sollen. Der Oberst macht von diesem kleinen Verein gewissermaßen den Postrath — das Portefeuille ist hier,“ — sie holte es. „Graf Szariny hat heute einige Briefe hergeschickt.“ Dem Polizeirath war es doch bedenklich, seine Geheimmittel, wie man allwissend wird, eine Frau wissen zu lassen. Er wieß ihren Vorschlag zurück. Sie hatte dennoch das Portefeuille geöffnet und hielt ihm einen Brief mit Szarinys Wappen und Handschrift hin. Er war an den Redacteur eines neuen Volksblattes adressirt, welches eine ziemlich radicale Färbung hatte. Der Umstand war bedenklich. Der Polizeirath wog ihn bedenklich und bemühte sich, durch das dünne Couvert zu lesen; er unterschied die Worte: Franz Thalheim, ein Fabrikarbeiter. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0155" n="151"/> waren Ihnen zu alt — vielleicht kann ich Ihnen neue geben.“</p> <p>„Sie würden Sich dadurch ein großes Verdienst erwerben.“</p> <p>Es kam nun zu einem weitläufigen Hin- und Herreden, wo Keines dem Andern seine Absichten verrathen wollte, man capitulirte förmlich und gelobte sich Schweigen. Endlich sagte Amalie: „Wir haben hier mit einigen Familien ein gemeinschaftliches Portefeuille, worein die Briefe kommen, welche am andern Tage zur Stadt gebracht werden sollen. Der Oberst macht von diesem kleinen Verein gewissermaßen den Postrath — das Portefeuille ist hier,“ — sie holte es. „Graf Szariny hat heute einige Briefe hergeschickt.“</p> <p>Dem Polizeirath war es doch bedenklich, seine Geheimmittel, wie man allwissend wird, eine Frau wissen zu lassen. Er wieß ihren Vorschlag zurück.</p> <p>Sie hatte dennoch das Portefeuille geöffnet und hielt ihm einen Brief mit Szarinys Wappen und Handschrift hin. Er war an den Redacteur eines neuen Volksblattes adressirt, welches eine ziemlich radicale Färbung hatte. Der Umstand war bedenklich.</p> <p>Der Polizeirath wog ihn bedenklich und bemühte sich, durch das dünne Couvert zu lesen; er unterschied die Worte: Franz Thalheim, ein Fabrikarbeiter.</p> </div> </body> </text> </TEI> [151/0155]
waren Ihnen zu alt — vielleicht kann ich Ihnen neue geben.“
„Sie würden Sich dadurch ein großes Verdienst erwerben.“
Es kam nun zu einem weitläufigen Hin- und Herreden, wo Keines dem Andern seine Absichten verrathen wollte, man capitulirte förmlich und gelobte sich Schweigen. Endlich sagte Amalie: „Wir haben hier mit einigen Familien ein gemeinschaftliches Portefeuille, worein die Briefe kommen, welche am andern Tage zur Stadt gebracht werden sollen. Der Oberst macht von diesem kleinen Verein gewissermaßen den Postrath — das Portefeuille ist hier,“ — sie holte es. „Graf Szariny hat heute einige Briefe hergeschickt.“
Dem Polizeirath war es doch bedenklich, seine Geheimmittel, wie man allwissend wird, eine Frau wissen zu lassen. Er wieß ihren Vorschlag zurück.
Sie hatte dennoch das Portefeuille geöffnet und hielt ihm einen Brief mit Szarinys Wappen und Handschrift hin. Er war an den Redacteur eines neuen Volksblattes adressirt, welches eine ziemlich radicale Färbung hatte. Der Umstand war bedenklich.
Der Polizeirath wog ihn bedenklich und bemühte sich, durch das dünne Couvert zu lesen; er unterschied die Worte: Franz Thalheim, ein Fabrikarbeiter.
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