Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.III. Mutter und Tochter. Karl Haltaus. Einige Tage nach Aureliens Ankunft saß Elisabeth allein in ihrem Zimmer. Sie warf wehmüthige Blicke zum Fenster hinaus auf die abgemäheten Saatfelder, von denen die Stoppeln öde und starr gleichsam zum Himmel in trostloser Eintönigkeit aufklagten, daß man ihnen ihre goldenen Halme genommen, mit denen sie einst ein wogendes Spiel aufführen konnten zur Ehre der Schöpfung. Auch drüben der Wald begann sich schon zu färben, rothe und gelbschillernde Stellen wurden darin bemerkbar, wo vorher nur grüne Schattirungen sich gezeigt hatten. Und recht still war's draußen geworden, kaum daß noch hier und da eine wirbelnde Lerche aufflatterte oder ein Heimchen still verborgen im Grase zirpte auf der Wiese, die schon zum zweiten Male gemäht ward -- aber stumm geworden waren all' III. Mutter und Tochter. Karl Haltaus. Einige Tage nach Aureliens Ankunft saß Elisabeth allein in ihrem Zimmer. Sie warf wehmüthige Blicke zum Fenster hinaus auf die abgemäheten Saatfelder, von denen die Stoppeln öde und starr gleichsam zum Himmel in trostloser Eintönigkeit aufklagten, daß man ihnen ihre goldenen Halme genommen, mit denen sie einst ein wogendes Spiel aufführen konnten zur Ehre der Schöpfung. Auch drüben der Wald begann sich schon zu färben, rothe und gelbschillernde Stellen wurden darin bemerkbar, wo vorher nur grüne Schattirungen sich gezeigt hatten. Und recht still war’s draußen geworden, kaum daß noch hier und da eine wirbelnde Lerche aufflatterte oder ein Heimchen still verborgen im Grase zirpte auf der Wiese, die schon zum zweiten Male gemäht ward — aber stumm geworden waren all’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0047" n="43"/> <head> <hi rendition="#g #b">III.<lb/> Mutter und Tochter.</hi> </head><lb/> <cit rendition="#right"> <quote> <lg> <l>„Fester ist der Seelen Band als Eisen,</l><lb/> <l>Heiliger als Opfer ihre Gluth.“</l> </lg> </quote> <bibl> <hi rendition="#g #right">Karl Haltaus.</hi> </bibl> </cit> <p><hi rendition="#in">E</hi>inige Tage nach Aureliens Ankunft saß Elisabeth allein in ihrem Zimmer. Sie warf wehmüthige Blicke zum Fenster hinaus auf die abgemäheten Saatfelder, von denen die Stoppeln öde und starr gleichsam zum Himmel in trostloser Eintönigkeit aufklagten, daß man ihnen ihre goldenen Halme genommen, mit denen sie einst ein wogendes Spiel aufführen konnten zur Ehre der Schöpfung. Auch drüben der Wald begann sich schon zu färben, rothe und gelbschillernde Stellen wurden darin bemerkbar, wo vorher nur grüne Schattirungen sich gezeigt hatten. Und recht still war’s draußen geworden, kaum daß noch hier und da eine wirbelnde Lerche aufflatterte oder ein Heimchen still verborgen im Grase zirpte auf der Wiese, die schon zum zweiten Male gemäht ward — aber stumm geworden waren all’ </p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0047]
III.
Mutter und Tochter.
„Fester ist der Seelen Band als Eisen,
Heiliger als Opfer ihre Gluth.“
Karl Haltaus. Einige Tage nach Aureliens Ankunft saß Elisabeth allein in ihrem Zimmer. Sie warf wehmüthige Blicke zum Fenster hinaus auf die abgemäheten Saatfelder, von denen die Stoppeln öde und starr gleichsam zum Himmel in trostloser Eintönigkeit aufklagten, daß man ihnen ihre goldenen Halme genommen, mit denen sie einst ein wogendes Spiel aufführen konnten zur Ehre der Schöpfung. Auch drüben der Wald begann sich schon zu färben, rothe und gelbschillernde Stellen wurden darin bemerkbar, wo vorher nur grüne Schattirungen sich gezeigt hatten. Und recht still war’s draußen geworden, kaum daß noch hier und da eine wirbelnde Lerche aufflatterte oder ein Heimchen still verborgen im Grase zirpte auf der Wiese, die schon zum zweiten Male gemäht ward — aber stumm geworden waren all’
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