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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.

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nahm, Aarens machte bittere Bemerkungen, fügte bei: an Achtung gegen die weibliche Würde dürfe man bei einem Menschen wie Szariny nicht denken -- blätterte dann in dem Buch und erklärte nachher: die Gedichte wären alle in dieser Weise und warf es mit verächtlicher Miene weg. Elisabeth hatte während dessen unaussprechlich gelitten, jetzt wußte sie sich nicht mehr zu fassen -- sie nahm das Buch und sagte erzwungen ruhig: "Ich kenne diese Gedichte besser als Sie, Herr von Aarens, und werde nun selbst eins vorlesen" -- ihr Vater wollte das erst überflüssig finden, sie ließ sich aber nicht abbringen und las eine Ballade, welche ein mittelalterliches Sujet behandelte und nun wirklich dem Grafen sehr gefiel. -- Sobald sie dieselbe aber zu Ende gelesen, entfernte sie sich mit dem Buch, um es nicht länger entweihen zu lassen. -- Der angenehme Eindruck verwischt sich aber schneller, als der unangenehme, und so ging es auch dem Elternpaar mit Jaromirs Gedichten. -- Später, als Aarens ging, sagte er beim Abschied zu Elisabeth mit einer besonders feierlichen und zärtlichen Miene, daß er am andern Tag wiederkommen werde -- und bis dahin bitte er alle guten Genien bei ihr ein freundliches Wort für ihn zu reden. --

Dies Alles zusammen machte Elisabeth heute wehmüthig, verstimmt, unruhig.

Da ging die Thüre ihres Zimmers auf und ihre

nahm, Aarens machte bittere Bemerkungen, fügte bei: an Achtung gegen die weibliche Würde dürfe man bei einem Menschen wie Szariny nicht denken — blätterte dann in dem Buch und erklärte nachher: die Gedichte wären alle in dieser Weise und warf es mit verächtlicher Miene weg. Elisabeth hatte während dessen unaussprechlich gelitten, jetzt wußte sie sich nicht mehr zu fassen — sie nahm das Buch und sagte erzwungen ruhig: „Ich kenne diese Gedichte besser als Sie, Herr von Aarens, und werde nun selbst eins vorlesen“ — ihr Vater wollte das erst überflüssig finden, sie ließ sich aber nicht abbringen und las eine Ballade, welche ein mittelalterliches Sujet behandelte und nun wirklich dem Grafen sehr gefiel. — Sobald sie dieselbe aber zu Ende gelesen, entfernte sie sich mit dem Buch, um es nicht länger entweihen zu lassen. — Der angenehme Eindruck verwischt sich aber schneller, als der unangenehme, und so ging es auch dem Elternpaar mit Jaromirs Gedichten. — Später, als Aarens ging, sagte er beim Abschied zu Elisabeth mit einer besonders feierlichen und zärtlichen Miene, daß er am andern Tag wiederkommen werde — und bis dahin bitte er alle guten Genien bei ihr ein freundliches Wort für ihn zu reden. —

Dies Alles zusammen machte Elisabeth heute wehmüthig, verstimmt, unruhig.

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[46/0050] nahm, Aarens machte bittere Bemerkungen, fügte bei: an Achtung gegen die weibliche Würde dürfe man bei einem Menschen wie Szariny nicht denken — blätterte dann in dem Buch und erklärte nachher: die Gedichte wären alle in dieser Weise und warf es mit verächtlicher Miene weg. Elisabeth hatte während dessen unaussprechlich gelitten, jetzt wußte sie sich nicht mehr zu fassen — sie nahm das Buch und sagte erzwungen ruhig: „Ich kenne diese Gedichte besser als Sie, Herr von Aarens, und werde nun selbst eins vorlesen“ — ihr Vater wollte das erst überflüssig finden, sie ließ sich aber nicht abbringen und las eine Ballade, welche ein mittelalterliches Sujet behandelte und nun wirklich dem Grafen sehr gefiel. — Sobald sie dieselbe aber zu Ende gelesen, entfernte sie sich mit dem Buch, um es nicht länger entweihen zu lassen. — Der angenehme Eindruck verwischt sich aber schneller, als der unangenehme, und so ging es auch dem Elternpaar mit Jaromirs Gedichten. — Später, als Aarens ging, sagte er beim Abschied zu Elisabeth mit einer besonders feierlichen und zärtlichen Miene, daß er am andern Tag wiederkommen werde — und bis dahin bitte er alle guten Genien bei ihr ein freundliches Wort für ihn zu reden. — Dies Alles zusammen machte Elisabeth heute wehmüthig, verstimmt, unruhig. Da ging die Thüre ihres Zimmers auf und ihre

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/50>, abgerufen am 28.04.2024.