Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.sagte fragend zu ihm: "Bieten wir der Frau Oberst einen Morgengruß?" Jaromir warf einen Blick in das Fenster -- er sah auf Amalien -- er hätte sie wohl kaum erkannt, wenn er nicht gewußt hätte, daß sie hier sei und dies Haus bewohne -- in diesem Augenblick begegneten Amaliens Blicke den seinigen und im Moment darauf stieß sie einen Schrei aus und warf das Fenster zu. Jaromir blieb stumm. Der Geheimrath aber hatte Alles beobachtet. Er hatte recht wohl gesehen, daß nicht die Oberst, sondern Amalie am Fenster war. Daß ein Verhältniß zwischen Beiden bestanden hatte, wußte er vom Doctor Schuhmacher -- Dank dessen Haussuchung bei Thalheim! -- er wußte nur nicht, ob es noch jetzt bestand, oder ob Jaromir es gelöst hatte; er glaubte das Letztere, zugleich auch, daß Amalie ihn nicht aufgeben wolle und absichtlich ihm hierher nachgereist sei. Dies schien ihm das Wahrscheinlichste und so hatte er es auch bereits Aarens erzählt. Da er nun gern Jaromir sich verpflichten wollte und ihm auch zugleich zeigen, daß er selbst ihm vielleicht auch gefährlich werden könne, so sagte er jetzt vertraulich leise zu ihm: "Die Erscheinung dieser Person hier in unsrem kleinen Kreis, wo wir Alle wie eine Familie leben könnten, ist mir in Ihre Seele zuwider." sagte fragend zu ihm: „Bieten wir der Frau Oberst einen Morgengruß?“ Jaromir warf einen Blick in das Fenster — er sah auf Amalien — er hätte sie wohl kaum erkannt, wenn er nicht gewußt hätte, daß sie hier sei und dies Haus bewohne — in diesem Augenblick begegneten Amaliens Blicke den seinigen und im Moment darauf stieß sie einen Schrei aus und warf das Fenster zu. Jaromir blieb stumm. Der Geheimrath aber hatte Alles beobachtet. Er hatte recht wohl gesehen, daß nicht die Oberst, sondern Amalie am Fenster war. Daß ein Verhältniß zwischen Beiden bestanden hatte, wußte er vom Doctor Schuhmacher — Dank dessen Haussuchung bei Thalheim! — er wußte nur nicht, ob es noch jetzt bestand, oder ob Jaromir es gelöst hatte; er glaubte das Letztere, zugleich auch, daß Amalie ihn nicht aufgeben wolle und absichtlich ihm hierher nachgereist sei. Dies schien ihm das Wahrscheinlichste und so hatte er es auch bereits Aarens erzählt. Da er nun gern Jaromir sich verpflichten wollte und ihm auch zugleich zeigen, daß er selbst ihm vielleicht auch gefährlich werden könne, so sagte er jetzt vertraulich leise zu ihm: „Die Erscheinung dieser Person hier in unsrem kleinen Kreis, wo wir Alle wie eine Familie leben könnten, ist mir in Ihre Seele zuwider.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="59"/> sagte fragend zu ihm: „Bieten wir der Frau Oberst einen Morgengruß?“</p> <p>Jaromir warf einen Blick in das Fenster — er sah auf Amalien — er hätte sie wohl kaum erkannt, wenn er nicht gewußt hätte, daß sie hier sei und dies Haus bewohne — in diesem Augenblick begegneten Amaliens Blicke den seinigen und im Moment darauf stieß sie einen Schrei aus und warf das Fenster zu.</p> <p>Jaromir blieb stumm.</p> <p>Der Geheimrath aber hatte Alles beobachtet. Er hatte recht wohl gesehen, daß nicht die Oberst, sondern Amalie am Fenster war. Daß ein Verhältniß zwischen Beiden bestanden hatte, wußte er vom Doctor Schuhmacher — Dank dessen Haussuchung bei Thalheim! — er wußte nur nicht, ob es noch jetzt bestand, oder ob Jaromir es gelöst hatte; er glaubte das Letztere, zugleich auch, daß Amalie ihn nicht aufgeben wolle und absichtlich ihm hierher nachgereist sei. Dies schien ihm das Wahrscheinlichste und so hatte er es auch bereits Aarens erzählt. Da er nun gern Jaromir sich verpflichten wollte und ihm auch zugleich zeigen, daß er selbst ihm vielleicht auch gefährlich werden könne, so sagte er jetzt vertraulich leise zu ihm:</p> <p>„Die Erscheinung dieser Person hier in unsrem kleinen Kreis, wo wir Alle wie eine Familie leben könnten, ist mir in Ihre Seele zuwider.“</p> </div> </body> </text> </TEI> [59/0063]
sagte fragend zu ihm: „Bieten wir der Frau Oberst einen Morgengruß?“
Jaromir warf einen Blick in das Fenster — er sah auf Amalien — er hätte sie wohl kaum erkannt, wenn er nicht gewußt hätte, daß sie hier sei und dies Haus bewohne — in diesem Augenblick begegneten Amaliens Blicke den seinigen und im Moment darauf stieß sie einen Schrei aus und warf das Fenster zu.
Jaromir blieb stumm.
Der Geheimrath aber hatte Alles beobachtet. Er hatte recht wohl gesehen, daß nicht die Oberst, sondern Amalie am Fenster war. Daß ein Verhältniß zwischen Beiden bestanden hatte, wußte er vom Doctor Schuhmacher — Dank dessen Haussuchung bei Thalheim! — er wußte nur nicht, ob es noch jetzt bestand, oder ob Jaromir es gelöst hatte; er glaubte das Letztere, zugleich auch, daß Amalie ihn nicht aufgeben wolle und absichtlich ihm hierher nachgereist sei. Dies schien ihm das Wahrscheinlichste und so hatte er es auch bereits Aarens erzählt. Da er nun gern Jaromir sich verpflichten wollte und ihm auch zugleich zeigen, daß er selbst ihm vielleicht auch gefährlich werden könne, so sagte er jetzt vertraulich leise zu ihm:
„Die Erscheinung dieser Person hier in unsrem kleinen Kreis, wo wir Alle wie eine Familie leben könnten, ist mir in Ihre Seele zuwider.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-23T11:52:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-23T11:52:15Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-08-23T11:52:15Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |