[Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799.aller gesunden Staatsphilosophie, daß die bürgerliche Gesellschaft auf einem Vertrage beruhe, wobey die Pflicht des gehorchenden Theils mit der Leistung des Befehlenden stehe und falle. Man findet deßhalb auch in Deutschland kaum eine bessere Verfassung, als die von Wirtemberg. Nur daß es mit den Verfassungen gewöhnlich geht, wie mit dem Dekalogus. Wir lernen ihn von Kindheit an auswendig, und wir sehen, daß er nur das will, was gut ist und frommt, und doch - thun wir nicht darnach. Es hat trotz dieser vorsichtigen Beschränkungen der Alleinmacht, noch in der Mitte dieses Jahrhunderts, in Wirtemberg eine Periode gegeben, wo wir unter die unterdrücktesten, gemißhandeltesten, gehudeltesten Völker Europens gehörten; - und nie gelang es uns überhaupt, uns auf die Stuffe von Wohlstand empor zu schwingen, die wir, bey denn Segnungen des Himmels, die uns geworden sind, und bey der Konstitution, die unsre Freyheit eben so aller gesunden Staatsphilosophie, daß die bürgerliche Gesellschaft auf einem Vertrage beruhe, wobey die Pflicht des gehorchenden Theils mit der Leistung des Befehlenden stehe und falle. Man findet deßhalb auch in Deutschland kaum eine bessere Verfassung, als die von Wirtemberg. Nur daß es mit den Verfassungen gewöhnlich geht, wie mit dem Dekalogus. Wir lernen ihn von Kindheit an auswendig, und wir sehen, daß er nur das will, was gut ist und frommt, und doch – thun wir nicht darnach. Es hat trotz dieser vorsichtigen Beschränkungen der Alleinmacht, noch in der Mitte dieses Jahrhunderts, in Wirtemberg eine Periode gegeben, wo wir unter die unterdrücktesten, gemißhandeltesten, gehudeltesten Völker Europens gehörten; – und nie gelang es uns überhaupt, uns auf die Stuffe von Wohlstand empor zu schwingen, die wir, bey denn Segnungen des Himmels, die uns geworden sind, und bey der Konstitution, die unsre Freyheit eben so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="10"/> aller gesunden Staatsphilosophie, daß die bürgerliche Gesellschaft auf einem Vertrage beruhe, wobey die Pflicht des gehorchenden Theils mit der Leistung des Befehlenden stehe und falle. Man findet deßhalb auch in <hi rendition="#g">Deutschland</hi> kaum eine bessere Verfassung, als die von <hi rendition="#g">Wirtemberg</hi>. Nur daß es mit den Verfassungen gewöhnlich geht, wie mit dem <hi rendition="#g">Dekalogus</hi>. Wir lernen ihn von Kindheit an auswendig, und wir sehen, daß er nur das will, was gut ist und frommt, und doch – thun wir nicht darnach.</p> <p>Es hat trotz dieser vorsichtigen Beschränkungen der Alleinmacht, noch in der Mitte dieses Jahrhunderts, in <hi rendition="#g">Wirtemberg</hi> eine Periode gegeben, wo wir unter die unterdrücktesten, gemißhandeltesten, gehudeltesten Völker Europens gehörten; – und nie gelang es uns überhaupt, uns auf die Stuffe von Wohlstand empor zu schwingen, die wir, bey denn Segnungen des Himmels, die uns geworden sind, und bey der Konstitution, die unsre Freyheit eben so </p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0010]
aller gesunden Staatsphilosophie, daß die bürgerliche Gesellschaft auf einem Vertrage beruhe, wobey die Pflicht des gehorchenden Theils mit der Leistung des Befehlenden stehe und falle. Man findet deßhalb auch in Deutschland kaum eine bessere Verfassung, als die von Wirtemberg. Nur daß es mit den Verfassungen gewöhnlich geht, wie mit dem Dekalogus. Wir lernen ihn von Kindheit an auswendig, und wir sehen, daß er nur das will, was gut ist und frommt, und doch – thun wir nicht darnach.
Es hat trotz dieser vorsichtigen Beschränkungen der Alleinmacht, noch in der Mitte dieses Jahrhunderts, in Wirtemberg eine Periode gegeben, wo wir unter die unterdrücktesten, gemißhandeltesten, gehudeltesten Völker Europens gehörten; – und nie gelang es uns überhaupt, uns auf die Stuffe von Wohlstand empor zu schwingen, die wir, bey denn Segnungen des Himmels, die uns geworden sind, und bey der Konstitution, die unsre Freyheit eben so
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