[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.arbeitete. Freylich stand die Tugend des Abbes in der ganzen Stadt in einem so großen Ansehen, daß ihme vielleicht jeder Ehemann zum Kammerdiener seines Weibes gemacht haben würde. Aber um so tiefer mußte dieses Ansehen sinken, wenn es erschüttert ward. Und da der Hr. Hofrath seine Gattinn mir dem höchsten Feuer romanhafter Liebe liebte, so konnte es auch nicht schwer seyn, ihn eifersüchtig zu machen. Auf diesen Umstand baute ich meinen Plan. Ich theilte ihn zuvor dem Pater Beda im Beichstuhle mit. "Wenn die Ehre Gottes dein Zweck ist, sprach der fromme Mann, so handle!" Auf das begann ich das Werk mit Freuden. Ich verfertigte einen Brief, als hätte Lucius ihn an die Hofräthinn geschrieben, wie ihn nur ein erhörter Liebhaber an seine Buhlerinn schreiben kann. Ich hatte aus zehn Romanen die Floskeln dazu zusammen gesucht. Er führte den Hofrath auf Entdeckungen, die ihn in Verzweiflung stürzen mußten. Zugleich ward der letztere als ein armer Teufel dargestellt, den man weidlich zum beßten habe. Diesen Brief ließ ich von einem Juden in der Stadt arbeitete. Freylich stand die Tugend des Abbes in der ganzen Stadt in einem so großen Ansehen, daß ihme vielleicht jeder Ehemann zum Kammerdiener seines Weibes gemacht haben würde. Aber um so tiefer mußte dieses Ansehen sinken, wenn es erschüttert ward. Und da der Hr. Hofrath seine Gattinn mir dem höchsten Feuer romanhafter Liebe liebte, so konnte es auch nicht schwer seyn, ihn eifersüchtig zu machen. Auf diesen Umstand baute ich meinen Plan. Ich theilte ihn zuvor dem Pater Beda im Beichstuhle mit. „Wenn die Ehre Gottes dein Zweck ist, sprach der fromme Mann, so handle!“ Auf das begann ich das Werk mit Freuden. Ich verfertigte einen Brief, als hätte Lucius ihn an die Hofräthinn geschrieben, wie ihn nur ein erhörter Liebhaber an seine Buhlerinn schreiben kann. Ich hatte aus zehn Romanen die Floskeln dazu zusammen gesucht. Er führte den Hofrath auf Entdeckungen, die ihn in Verzweiflung stürzen mußten. Zugleich ward der letztere als ein armer Teufel dargestellt, den man weidlich zum beßten habe. Diesen Brief ließ ich von einem Juden in der Stadt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0090" n="90"/> arbeitete. Freylich stand die Tugend des Abbes in der ganzen Stadt in einem so großen Ansehen, daß ihme vielleicht jeder Ehemann zum Kammerdiener seines Weibes gemacht haben würde. Aber um so tiefer mußte dieses Ansehen sinken, wenn es erschüttert ward. Und da der Hr. Hofrath seine Gattinn mir dem höchsten Feuer romanhafter Liebe liebte, so konnte es auch nicht schwer seyn, ihn eifersüchtig zu machen. Auf diesen Umstand baute ich meinen Plan. Ich theilte ihn zuvor dem Pater <hi rendition="#g">Beda</hi> im Beichstuhle mit. „Wenn die Ehre Gottes dein Zweck ist, sprach der fromme Mann, so handle!“ Auf das begann ich das Werk mit Freuden.</p> <p>Ich verfertigte einen Brief, als hätte <hi rendition="#g">Lucius</hi> ihn an die Hofräthinn geschrieben, wie ihn nur ein erhörter Liebhaber an seine Buhlerinn schreiben kann. Ich hatte aus zehn Romanen die Floskeln dazu zusammen gesucht. Er führte den Hofrath auf Entdeckungen, die ihn in Verzweiflung stürzen mußten. Zugleich ward der letztere als ein armer Teufel dargestellt, den man weidlich zum beßten habe. Diesen Brief ließ ich von einem Juden in der Stadt </p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0090]
arbeitete. Freylich stand die Tugend des Abbes in der ganzen Stadt in einem so großen Ansehen, daß ihme vielleicht jeder Ehemann zum Kammerdiener seines Weibes gemacht haben würde. Aber um so tiefer mußte dieses Ansehen sinken, wenn es erschüttert ward. Und da der Hr. Hofrath seine Gattinn mir dem höchsten Feuer romanhafter Liebe liebte, so konnte es auch nicht schwer seyn, ihn eifersüchtig zu machen. Auf diesen Umstand baute ich meinen Plan. Ich theilte ihn zuvor dem Pater Beda im Beichstuhle mit. „Wenn die Ehre Gottes dein Zweck ist, sprach der fromme Mann, so handle!“ Auf das begann ich das Werk mit Freuden.
Ich verfertigte einen Brief, als hätte Lucius ihn an die Hofräthinn geschrieben, wie ihn nur ein erhörter Liebhaber an seine Buhlerinn schreiben kann. Ich hatte aus zehn Romanen die Floskeln dazu zusammen gesucht. Er führte den Hofrath auf Entdeckungen, die ihn in Verzweiflung stürzen mußten. Zugleich ward der letztere als ein armer Teufel dargestellt, den man weidlich zum beßten habe. Diesen Brief ließ ich von einem Juden in der Stadt
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