Pahl, Johann Gottfried: Trost- und Condolenz-Schreiben an den guten Mann, welcher über dem Truzlibell für den Wirtembergischen Adel im Angesichte des ehrlöblichen Publicums, bittre Thränen vergossen hat. 1797.Himmel! welch' eine Materie und welch' eine Form! - Solltest du es denn nicht begreifen, wie dir die Enkel des Nikodemus Frischlin hier in die Flanke kommen können? Sie sprechen ja nicht von dem, was der Adel thun, sondern von dem, was er leiden soll, nicht vom Auswandern, sondern vom Hinausstossen, nicht vom Wollen, sondern vom Müssen, nicht von Freyheit, sondern vom Zwang. Oder hast du hier mit Gegnern streiten wollen, die unsre fremden Cavaliers wieder in ihr Vaterland zurükrufen? Aber, Freund! diese Gegner sind, unter und gesagt, nur imaginair, und man hat bis diese Stunde ihre Stimme in Wirtemberg nie gehört. Sieh, lieber, guter Mann! so steht es mit deiner Apologie, und es ist mir von Herzen leid, daß es nicht besser damit steht. Ich weiß nicht, ob du nach meinen Demonstrationen die Schwächen deines Händewerks anerkennen wirst, und ich zweifle auch daran; denn unsre Eigenliebe ist ein Schalk, und so oft wir etwas Geistiges oder Körperliches producirt haben, so steht sie im Hintergrunde, und ruft uns zu: Siehe, es ist Himmel! welch’ eine Materie und welch’ eine Form! – Solltest du es denn nicht begreifen, wie dir die Enkel des Nikodemus Frischlin hier in die Flanke kommen können? Sie sprechen ja nicht von dem, was der Adel thun, sondern von dem, was er leiden soll, nicht vom Auswandern, sondern vom Hinausstossen, nicht vom Wollen, sondern vom Müssen, nicht von Freyheit, sondern vom Zwang. Oder hast du hier mit Gegnern streiten wollen, die unsre fremden Cavaliers wieder in ihr Vaterland zurükrufen? Aber, Freund! diese Gegner sind, unter und gesagt, nur imaginair, und man hat bis diese Stunde ihre Stimme in Wirtemberg nie gehört. Sieh, lieber, guter Mann! so steht es mit deiner Apologie, und es ist mir von Herzen leid, daß es nicht besser damit steht. Ich weiß nicht, ob du nach meinen Demonstrationen die Schwächen deines Händewerks anerkennen wirst, und ich zweifle auch daran; denn unsre Eigenliebe ist ein Schalk, und so oft wir etwas Geistiges oder Körperliches producirt haben, so steht sie im Hintergrunde, und ruft uns zu: Siehe, es ist <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="38"/> Himmel! welch’ eine Materie und welch’ eine Form! – Solltest du es denn nicht begreifen, wie dir die Enkel des <hi rendition="#fr">Nikodemus Frischlin</hi> hier in die Flanke kommen können? Sie sprechen ja nicht von dem, was der Adel thun, sondern von dem, was er leiden soll, nicht vom Auswandern, sondern vom Hinausstossen, nicht vom Wollen, sondern vom Müssen, nicht von Freyheit, sondern vom Zwang. Oder hast du hier mit Gegnern streiten wollen, die unsre fremden Cavaliers wieder in ihr Vaterland zurükrufen? Aber, Freund! diese Gegner sind, unter und gesagt, nur <hi rendition="#aq">imaginair</hi>, und man hat bis diese Stunde ihre Stimme in Wirtemberg nie gehört.</p> <p>Sieh, lieber, guter Mann! so steht es mit deiner Apologie, und es ist mir von Herzen leid, daß es nicht besser damit steht. Ich weiß nicht, ob du nach meinen Demonstrationen die Schwächen deines Händewerks anerkennen wirst, und ich zweifle auch daran; denn unsre Eigenliebe ist ein Schalk, und so oft wir etwas Geistiges oder Körperliches <hi rendition="#aq">producirt</hi> haben, so steht sie im Hintergrunde, und ruft uns zu: Siehe, es ist </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0038]
Himmel! welch’ eine Materie und welch’ eine Form! – Solltest du es denn nicht begreifen, wie dir die Enkel des Nikodemus Frischlin hier in die Flanke kommen können? Sie sprechen ja nicht von dem, was der Adel thun, sondern von dem, was er leiden soll, nicht vom Auswandern, sondern vom Hinausstossen, nicht vom Wollen, sondern vom Müssen, nicht von Freyheit, sondern vom Zwang. Oder hast du hier mit Gegnern streiten wollen, die unsre fremden Cavaliers wieder in ihr Vaterland zurükrufen? Aber, Freund! diese Gegner sind, unter und gesagt, nur imaginair, und man hat bis diese Stunde ihre Stimme in Wirtemberg nie gehört.
Sieh, lieber, guter Mann! so steht es mit deiner Apologie, und es ist mir von Herzen leid, daß es nicht besser damit steht. Ich weiß nicht, ob du nach meinen Demonstrationen die Schwächen deines Händewerks anerkennen wirst, und ich zweifle auch daran; denn unsre Eigenliebe ist ein Schalk, und so oft wir etwas Geistiges oder Körperliches producirt haben, so steht sie im Hintergrunde, und ruft uns zu: Siehe, es ist
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Zitationshilfe: | Pahl, Johann Gottfried: Trost- und Condolenz-Schreiben an den guten Mann, welcher über dem Truzlibell für den Wirtembergischen Adel im Angesichte des ehrlöblichen Publicums, bittre Thränen vergossen hat. 1797, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_truzlibell_1797/38>, abgerufen am 16.07.2024. |