Panizza, Oskar: Der Illusionismus und Die Rettung der Persönlichkeit. Leipzig, 1895.Grundlage unserer Persönlichkeit" sind. Hier wird man unwillkürlich - man verzeihe! - an das kräftige Wort Scheffel's vom "Hegel'schen Mist" erinnert. Zu der idealistischen Exagerazion dort haben wir hier das materjalistische Gegenstük. Die Herren werden uns nächstens sagen, auf welchen Muskelspannungen "Wiz", "Kausalität", "Mitleid", "das Edle, Wahre und Gute", und vor Allem "der Unsinn" beruht, damit ihnen zur Lösung des Menschenrätsels nichts mehr übrig bleibe - bis auf's Denken! §. 4. Was ist das grosse Hindernis, Geistiges und Körperliches auseinanderzuhalten, sie definitiv zu trennen, wie die einfache Überlegung meines Denkens verlangt? Die Erscheinung. Die Erscheinung ihrer Gleichzeitigkeit, oder doch ihrer Zusammengehörigkeit. Weil ich Schmerz empfinde, wenn ich gestochen werde, weil mein Gemüt bewegt wird, wenn ich Musik höre, weil ich einen Vorstellungs-Inhalt habe, wenn man mit mir spricht, weil mein Geist sich übel befindet, wenn mein Magen nicht in Ordnung ist, weil mein Denken beeinflusst wird, wenn ich berauschende Getränke oder gewisse Arzneimittel zu mir nehme, weil mein Geist auslischt, wenn man aus einer Ader mein Blut fliessen lässt! Die Aufeinanderfolge dieser Erscheinungen zwingt die Materjalisten zu ihren Teorieen. Die Wucht dieser Erscheinungen war es auch, die selbst Descartes stolpern liess, jenen konsequenten Denker, der Körperliches und Gedachtes für immer getrent zu haben glaubte. Sehen wir, wie wir später mit dieser "Erscheinung" fertig werden. §. 5. Nun ist klar: was die Materjalisten am liebsten los wären, - ist das Denken. Denn hier beginnt ihre Schwierigkeit. Ihre Teorie verlangt absolute Einhaltung des Programms, dass das gesamte Dasein des Menschen in materjellen Vorgängen sich abspiele, seine gesamte Persönlichkeit Grundlage unserer Persönlichkeit“ sind. Hier wird man unwillkürlich – man verzeihe! – an das kräftige Wort Scheffel’s vom „Hegel’schen Mist“ erinnert. Zu der idealistischen Exagerazion dort haben wir hier das materjalistische Gegenstük. Die Herren werden uns nächstens sagen, auf welchen Muskelspannungen „Wiz“, „Kausalität“, „Mitleid“, „das Edle, Wahre und Gute“, und vor Allem „der Unsinn“ beruht, damit ihnen zur Lösung des Menschenrätsels nichts mehr übrig bleibe – bis auf’s Denken! §. 4. Was ist das grosse Hindernis, Geistiges und Körperliches auseinanderzuhalten, sie definitiv zu trennen, wie die einfache Überlegung meines Denkens verlangt? Die Erscheinung. Die Erscheinung ihrer Gleichzeitigkeit, oder doch ihrer Zusammengehörigkeit. Weil ich Schmerz empfinde, wenn ich gestochen werde, weil mein Gemüt bewegt wird, wenn ich Musik höre, weil ich einen Vorstellungs-Inhalt habe, wenn man mit mir spricht, weil mein Geist sich übel befindet, wenn mein Magen nicht in Ordnung ist, weil mein Denken beeinflusst wird, wenn ich berauschende Getränke oder gewisse Arzneimittel zu mir nehme, weil mein Geist auslischt, wenn man aus einer Ader mein Blut fliessen lässt! Die Aufeinanderfolge dieser Erscheinungen zwingt die Materjalisten zu ihren Teorieen. Die Wucht dieser Erscheinungen war es auch, die selbst Descartes stolpern liess, jenen konsequenten Denker, der Körperliches und Gedachtes für immer getrent zu haben glaubte. Sehen wir, wie wir später mit dieser „Erscheinung“ fertig werden. §. 5. Nun ist klar: was die Materjalisten am liebsten los wären, – ist das Denken. Denn hier beginnt ihre Schwierigkeit. Ihre Teorie verlangt absolute Einhaltung des Programms, dass das gesamte Dasein des Menschen in materjellen Vorgängen sich abspiele, seine gesamte Persönlichkeit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0014" n="13"/> Grundlage unserer Persönlichkeit“ sind. Hier wird man unwillkürlich – man verzeihe! – an das kräftige Wort <hi rendition="#g">Scheffel</hi>’s vom „Hegel’schen Mist“ erinnert. Zu der idealistischen Exagerazion dort haben wir hier das materjalistische Gegenstük. Die Herren werden uns nächstens sagen, auf welchen Muskelspannungen „Wiz“, „Kausalität“, „Mitleid“, „das Edle, Wahre und Gute“, und vor Allem „der Unsinn“ beruht, damit ihnen zur Lösung des Menschenrätsels nichts mehr übrig bleibe – bis auf’s Denken!</p> </div> <div n="2"> <head>§. 4.</head><lb/> <p>Was ist das grosse Hindernis, Geistiges und Körperliches auseinanderzuhalten, sie definitiv zu trennen, wie die einfache Überlegung meines Denkens verlangt? Die <hi rendition="#g">Erscheinung</hi>. Die <hi rendition="#g">Erscheinung</hi> ihrer Gleichzeitigkeit, oder doch ihrer Zusammengehörigkeit. Weil ich Schmerz empfinde, wenn ich gestochen werde, weil mein Gemüt bewegt wird, wenn ich Musik höre, weil ich einen Vorstellungs-Inhalt habe, wenn man mit mir spricht, weil mein Geist sich übel befindet, wenn mein Magen nicht in Ordnung ist, weil mein Denken beeinflusst wird, wenn ich berauschende Getränke oder gewisse Arzneimittel zu mir nehme, weil mein Geist auslischt, wenn man aus einer Ader mein Blut fliessen lässt! Die Aufeinanderfolge dieser <hi rendition="#g">Erscheinungen</hi> zwingt die Materjalisten zu ihren Teorieen. Die Wucht dieser <hi rendition="#g">Erscheinungen</hi> war es auch, die selbst <hi rendition="#g">Descartes</hi> stolpern liess, jenen konsequenten Denker, der Körperliches und Gedachtes für immer getrent zu haben glaubte. Sehen wir, wie wir später mit dieser „<hi rendition="#g">Erscheinung</hi>“ fertig werden.</p> </div> <div n="2"> <head>§. 5.</head><lb/> <p>Nun ist klar: was die Materjalisten am liebsten los wären, – ist das <hi rendition="#g">Denken</hi>. Denn hier beginnt ihre Schwierigkeit. Ihre Teorie verlangt absolute Einhaltung des Programms, dass das gesamte Dasein des Menschen in materjellen Vorgängen sich abspiele, seine gesamte Persönlichkeit </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0014]
Grundlage unserer Persönlichkeit“ sind. Hier wird man unwillkürlich – man verzeihe! – an das kräftige Wort Scheffel’s vom „Hegel’schen Mist“ erinnert. Zu der idealistischen Exagerazion dort haben wir hier das materjalistische Gegenstük. Die Herren werden uns nächstens sagen, auf welchen Muskelspannungen „Wiz“, „Kausalität“, „Mitleid“, „das Edle, Wahre und Gute“, und vor Allem „der Unsinn“ beruht, damit ihnen zur Lösung des Menschenrätsels nichts mehr übrig bleibe – bis auf’s Denken!
§. 4.
Was ist das grosse Hindernis, Geistiges und Körperliches auseinanderzuhalten, sie definitiv zu trennen, wie die einfache Überlegung meines Denkens verlangt? Die Erscheinung. Die Erscheinung ihrer Gleichzeitigkeit, oder doch ihrer Zusammengehörigkeit. Weil ich Schmerz empfinde, wenn ich gestochen werde, weil mein Gemüt bewegt wird, wenn ich Musik höre, weil ich einen Vorstellungs-Inhalt habe, wenn man mit mir spricht, weil mein Geist sich übel befindet, wenn mein Magen nicht in Ordnung ist, weil mein Denken beeinflusst wird, wenn ich berauschende Getränke oder gewisse Arzneimittel zu mir nehme, weil mein Geist auslischt, wenn man aus einer Ader mein Blut fliessen lässt! Die Aufeinanderfolge dieser Erscheinungen zwingt die Materjalisten zu ihren Teorieen. Die Wucht dieser Erscheinungen war es auch, die selbst Descartes stolpern liess, jenen konsequenten Denker, der Körperliches und Gedachtes für immer getrent zu haben glaubte. Sehen wir, wie wir später mit dieser „Erscheinung“ fertig werden.
§. 5.
Nun ist klar: was die Materjalisten am liebsten los wären, – ist das Denken. Denn hier beginnt ihre Schwierigkeit. Ihre Teorie verlangt absolute Einhaltung des Programms, dass das gesamte Dasein des Menschen in materjellen Vorgängen sich abspiele, seine gesamte Persönlichkeit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-04-29T10:04:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-04-29T10:04:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-04-29T10:04:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |