Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.einzuführen. Aber ich fürchte, sie ahnen es nicht. Und die Ärzte? Sollen sie alle müde und schlaff geworden sein in einem erfolglosen Kampf gegen die Verwaltung? Zustände, wie das Siechenhaus in Tarnopol sie aufweist, sind derart, daß sie unter Juden, denen die Pflege der Kranken und Alten als eine erste religiöse Pflicht gelten soll, unbegreiflich sind. Achtundzwanzig Betten von Greisen und unheilbaren Kranken belegt, unter der Aufsicht und Pflege eines einzigen Mannes, der aussieht, wie etwas, das ich sonst in Galizien kaum gesehen habe, wie ein Straßenkehrer. Die Kost zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel, weshalb "erlaubt" ist, daß etwaige Angehörige täglich Eßwaren bringen! Man hatte uns gesagt, der Kreisphysikus hätte vor kurzem Kontrolle gehalten, und deshalb sei erst alles gelüftet und geputzt worden. Ich kann nicht erzählen, was ich alles sah, und was ich nicht sah, aber ich werde den Jammer dieser Krankenzimmer und Aufenthaltsräume im ganzen Leben nicht vergessen. Wir besuchten auch Krankenhäuser und Siechenhäuser, die weniger schlecht waren, aber gut ist keines, da in allen das ungebildete Pflegepersonal eine sachgemäße Führung ausschließt. Daß sich die chassidischen Männer von keiner Frau berühren lassen, weil es ihr "religiöses Gefühl verletzt", ist kein Grund dafür, daß sich die Arzte mit diesem Bedienungspersonal, diesem Schmutz und dieser Verwaltung zufrieden geben. Was speziell das Kapitel der Spitalverwaltung, und im Zusammenhang damit der Verwaltung von Verlassenschaftsgeldern betrifft, so sind mir darüber so märchenhafte Dinge berichtet worden, daß ich mich wohl hüten muß, sie zu wiederholen. Wenn aber die Gerüchte den Tatsachen entsprechen, ist dann in den betreffenden Gemeinden nicht ein Mann von tadelloser Rechtschaffenheit, der den Mut hat, den ersten Stein aufzuheben? So wie die Spitäler sind die Ambulanzen auch keine Stationen, in denen dem Volk eine Aufklärung zu Teil würde über das, was in gesundheitlicher Hinsicht für das Wohl und Wehe von Familien entscheidend werden kann. Daraus wird denn auch erklärlich, daß im ganzen Lande in hygienischer Beziehung die krasseste Unwissenheit herrschen muß. Es kommen Fälle von einzuführen. Aber ich fürchte, sie ahnen es nicht. Und die Ärzte? Sollen sie alle müde und schlaff geworden sein in einem erfolglosen Kampf gegen die Verwaltung? Zustände, wie das Siechenhaus in Tarnopol sie aufweist, sind derart, daß sie unter Juden, denen die Pflege der Kranken und Alten als eine erste religiöse Pflicht gelten soll, unbegreiflich sind. Achtundzwanzig Betten von Greisen und unheilbaren Kranken belegt, unter der Aufsicht und Pflege eines einzigen Mannes, der aussieht, wie etwas, das ich sonst in Galizien kaum gesehen habe, wie ein Straßenkehrer. Die Kost zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel, weshalb „erlaubt“ ist, daß etwaige Angehörige täglich Eßwaren bringen! Man hatte uns gesagt, der Kreisphysikus hätte vor kurzem Kontrolle gehalten, und deshalb sei erst alles gelüftet und geputzt worden. Ich kann nicht erzählen, was ich alles sah, und was ich nicht sah, aber ich werde den Jammer dieser Krankenzimmer und Aufenthaltsräume im ganzen Leben nicht vergessen. Wir besuchten auch Krankenhäuser und Siechenhäuser, die weniger schlecht waren, aber gut ist keines, da in allen das ungebildete Pflegepersonal eine sachgemäße Führung ausschließt. Daß sich die chassidischen Männer von keiner Frau berühren lassen, weil es ihr „religiöses Gefühl verletzt“, ist kein Grund dafür, daß sich die Arzte mit diesem Bedienungspersonal, diesem Schmutz und dieser Verwaltung zufrieden geben. Was speziell das Kapitel der Spitalverwaltung, und im Zusammenhang damit der Verwaltung von Verlassenschaftsgeldern betrifft, so sind mir darüber so märchenhafte Dinge berichtet worden, daß ich mich wohl hüten muß, sie zu wiederholen. Wenn aber die Gerüchte den Tatsachen entsprechen, ist dann in den betreffenden Gemeinden nicht ein Mann von tadelloser Rechtschaffenheit, der den Mut hat, den ersten Stein aufzuheben? So wie die Spitäler sind die Ambulanzen auch keine Stationen, in denen dem Volk eine Aufklärung zu Teil würde über das, was in gesundheitlicher Hinsicht für das Wohl und Wehe von Familien entscheidend werden kann. Daraus wird denn auch erklärlich, daß im ganzen Lande in hygienischer Beziehung die krasseste Unwissenheit herrschen muß. 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einzuführen. Aber ich fürchte, sie ahnen es nicht. Und die Ärzte? Sollen sie alle müde und schlaff geworden sein in einem erfolglosen Kampf gegen die Verwaltung?
Zustände, wie das Siechenhaus in Tarnopol sie aufweist, sind derart, daß sie unter Juden, denen die Pflege der Kranken und Alten als eine erste religiöse Pflicht gelten soll, unbegreiflich sind.
Achtundzwanzig Betten von Greisen und unheilbaren Kranken belegt, unter der Aufsicht und Pflege eines einzigen Mannes, der aussieht, wie etwas, das ich sonst in Galizien kaum gesehen habe, wie ein Straßenkehrer.
Die Kost zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel, weshalb „erlaubt“ ist, daß etwaige Angehörige täglich Eßwaren bringen!
Man hatte uns gesagt, der Kreisphysikus hätte vor kurzem Kontrolle gehalten, und deshalb sei erst alles gelüftet und geputzt worden.
Ich kann nicht erzählen, was ich alles sah, und was ich nicht sah, aber ich werde den Jammer dieser Krankenzimmer und Aufenthaltsräume im ganzen Leben nicht vergessen.
Wir besuchten auch Krankenhäuser und Siechenhäuser, die weniger schlecht waren, aber gut ist keines, da in allen das ungebildete Pflegepersonal eine sachgemäße Führung ausschließt.
Daß sich die chassidischen Männer von keiner Frau berühren lassen, weil es ihr „religiöses Gefühl verletzt“, ist kein Grund dafür, daß sich die Arzte mit diesem Bedienungspersonal, diesem Schmutz und dieser Verwaltung zufrieden geben.
Was speziell das Kapitel der Spitalverwaltung, und im Zusammenhang damit der Verwaltung von Verlassenschaftsgeldern betrifft, so sind mir darüber so märchenhafte Dinge berichtet worden, daß ich mich wohl hüten muß, sie zu wiederholen.
Wenn aber die Gerüchte den Tatsachen entsprechen, ist dann in den betreffenden Gemeinden nicht ein Mann von tadelloser Rechtschaffenheit, der den Mut hat, den ersten Stein aufzuheben?
So wie die Spitäler sind die Ambulanzen auch keine Stationen, in denen dem Volk eine Aufklärung zu Teil würde über das, was in gesundheitlicher Hinsicht für das Wohl und Wehe von Familien entscheidend werden kann. Daraus wird denn auch erklärlich, daß im ganzen Lande in hygienischer Beziehung die krasseste Unwissenheit herrschen muß. Es kommen Fälle von
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