Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.haben, und einige Jahre teurer zu arbeiten, müßte man Werkstätten und Nähstuben anlegen, um auf dem natürlichen Wege, auf Grund eines vorhandenen Bedarfs, das zu erreichen, was nach den Erfahrungen der J. C. A. und des Galizischen Hilfsvereins auf künstlichem Wege so schlecht gelingt, nämlich einige Stellen dauernder Arbeitsgelegenheit zu schaffen. Die Puppenfabrik der J. C. A. in Tarnow macht auf den flüchtigen Besucher, besonders durch die Sauberkeit der Arbeitsräume, im Gegensatz zu den Lokalen, in denen z. B. die Federnsortiererinnen arbeiten, einen sehr guten Eindruck. Aber auch hier gilt, was ich von den Erziehungsanstalten gesagt habe: wer nicht mit den Mädchen gelebt hat, wer nicht das Vertrauen der Arbeiterinnen hat, um eventuelle Klagen zu hören, darf über einen Betrieb nicht das letzte Wort sprechen wollen. Ich sah auch noch andere Fabrikbetriebe, in denen scheinbar alles gut war und hörte später von geradezu erschreckendem Lohndruck und Ausbeutung der Arbeitskräfte. Die Mädchen in der Puppenfabrik sind, trotzdem sie wöchentlich durchschnittlich nur zwei Gulden verdienen - Anfängerinnen bekommen nur 80 Kreuzer per Woche - leider zufrieden. Der ganze Betrieb scheint bei der Bevölkerung recht beliebt, was daraus hervorgeht, daß wir an verschiedenen Orten gebeten wurden, die Einrichtung von weiteren Puppenfabriken zu befürworten. Daß eine Fabrik eine industrielle Notwendigkeit, d. i. im geschäftlichen Sinne rentabel sein muß, und kein Wohltätigkeitsinstitut, daß der Arbeitslohn kein Almosen mit Hindernissen sein darf, wird im Lande nur schwer begriffen. Weniger gut als mit der Puppenfabrik geht es scheinbar mit der Strumpfstrickerei, was aber nur an der Organisation und der Geschäftsgebarung zu liegen scheint, da im Lande ein ständiger Bedarf an Strumpfwaren vorhanden ist. Statt daß die galizischen Händler und Kaufleute ihre Ware in kleinen einheimischen Betrieben decken könnten, müssen sie außerhalb einkaufen, und die J. C. A. gab sich ihrerseits die größte Mühe, außerhalb Galiziens eine Firma zu finden, mit der sie einen Vertrag abschließen konnte, der seitens der Firma nicht immer eingehalten wurde. Das führte zu Störungen und Mißständen aller Art. Auch über die Behandlung der Arbeiterinnen, und deren haben, und einige Jahre teurer zu arbeiten, müßte man Werkstätten und Nähstuben anlegen, um auf dem natürlichen Wege, auf Grund eines vorhandenen Bedarfs, das zu erreichen, was nach den Erfahrungen der J. C. A. und des Galizischen Hilfsvereins auf künstlichem Wege so schlecht gelingt, nämlich einige Stellen dauernder Arbeitsgelegenheit zu schaffen. Die Puppenfabrik der J. C. A. in Tarnow macht auf den flüchtigen Besucher, besonders durch die Sauberkeit der Arbeitsräume, im Gegensatz zu den Lokalen, in denen z. B. die Federnsortiererinnen arbeiten, einen sehr guten Eindruck. Aber auch hier gilt, was ich von den Erziehungsanstalten gesagt habe: wer nicht mit den Mädchen gelebt hat, wer nicht das Vertrauen der Arbeiterinnen hat, um eventuelle Klagen zu hören, darf über einen Betrieb nicht das letzte Wort sprechen wollen. Ich sah auch noch andere Fabrikbetriebe, in denen scheinbar alles gut war und hörte später von geradezu erschreckendem Lohndruck und Ausbeutung der Arbeitskräfte. Die Mädchen in der Puppenfabrik sind, trotzdem sie wöchentlich durchschnittlich nur zwei Gulden verdienen – Anfängerinnen bekommen nur 80 Kreuzer per Woche – leider zufrieden. Der ganze Betrieb scheint bei der Bevölkerung recht beliebt, was daraus hervorgeht, daß wir an verschiedenen Orten gebeten wurden, die Einrichtung von weiteren Puppenfabriken zu befürworten. Daß eine Fabrik eine industrielle Notwendigkeit, d. i. im geschäftlichen Sinne rentabel sein muß, und kein Wohltätigkeitsinstitut, daß der Arbeitslohn kein Almosen mit Hindernissen sein darf, wird im Lande nur schwer begriffen. Weniger gut als mit der Puppenfabrik geht es scheinbar mit der Strumpfstrickerei, was aber nur an der Organisation und der Geschäftsgebarung zu liegen scheint, da im Lande ein ständiger Bedarf an Strumpfwaren vorhanden ist. Statt daß die galizischen Händler und Kaufleute ihre Ware in kleinen einheimischen Betrieben decken könnten, müssen sie außerhalb einkaufen, und die J. C. A. gab sich ihrerseits die größte Mühe, außerhalb Galiziens eine Firma zu finden, mit der sie einen Vertrag abschließen konnte, der seitens der Firma nicht immer eingehalten wurde. Das führte zu Störungen und Mißständen aller Art. 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Ich sah auch noch andere Fabrikbetriebe, in denen scheinbar alles gut war und hörte später von geradezu erschreckendem Lohndruck und Ausbeutung der Arbeitskräfte.</p> <p>Die Mädchen in der Puppenfabrik sind, trotzdem sie wöchentlich durchschnittlich nur zwei Gulden verdienen – Anfängerinnen bekommen nur 80 Kreuzer per Woche – leider zufrieden. Der ganze Betrieb scheint bei der Bevölkerung recht beliebt, was daraus hervorgeht, daß wir an verschiedenen Orten gebeten wurden, die Einrichtung von weiteren Puppenfabriken zu befürworten.</p> <p>Daß eine Fabrik eine industrielle Notwendigkeit, d. i. im geschäftlichen Sinne rentabel sein muß, und kein Wohltätigkeitsinstitut, daß der Arbeitslohn kein Almosen mit Hindernissen sein darf, wird im Lande nur schwer begriffen.</p> <p>Weniger gut als mit der Puppenfabrik geht es scheinbar mit der Strumpfstrickerei, was aber nur an der Organisation und der Geschäftsgebarung zu liegen scheint, da im Lande ein ständiger Bedarf an Strumpfwaren vorhanden ist.</p> <p>Statt daß die galizischen Händler und Kaufleute ihre Ware in kleinen einheimischen Betrieben decken könnten, müssen sie außerhalb einkaufen, und die J. C. A. gab sich ihrerseits die größte Mühe, außerhalb Galiziens eine Firma zu finden, mit der sie einen Vertrag abschließen konnte, der seitens der Firma nicht immer eingehalten wurde. 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haben, und einige Jahre teurer zu arbeiten, müßte man Werkstätten und Nähstuben anlegen, um auf dem natürlichen Wege, auf Grund eines vorhandenen Bedarfs, das zu erreichen, was nach den Erfahrungen der J. C. A. und des Galizischen Hilfsvereins auf künstlichem Wege so schlecht gelingt, nämlich einige Stellen dauernder Arbeitsgelegenheit zu schaffen.
Die Puppenfabrik der J. C. A. in Tarnow macht auf den flüchtigen Besucher, besonders durch die Sauberkeit der Arbeitsräume, im Gegensatz zu den Lokalen, in denen z. B. die Federnsortiererinnen arbeiten, einen sehr guten Eindruck. Aber auch hier gilt, was ich von den Erziehungsanstalten gesagt habe: wer nicht mit den Mädchen gelebt hat, wer nicht das Vertrauen der Arbeiterinnen hat, um eventuelle Klagen zu hören, darf über einen Betrieb nicht das letzte Wort sprechen wollen. Ich sah auch noch andere Fabrikbetriebe, in denen scheinbar alles gut war und hörte später von geradezu erschreckendem Lohndruck und Ausbeutung der Arbeitskräfte.
Die Mädchen in der Puppenfabrik sind, trotzdem sie wöchentlich durchschnittlich nur zwei Gulden verdienen – Anfängerinnen bekommen nur 80 Kreuzer per Woche – leider zufrieden. Der ganze Betrieb scheint bei der Bevölkerung recht beliebt, was daraus hervorgeht, daß wir an verschiedenen Orten gebeten wurden, die Einrichtung von weiteren Puppenfabriken zu befürworten.
Daß eine Fabrik eine industrielle Notwendigkeit, d. i. im geschäftlichen Sinne rentabel sein muß, und kein Wohltätigkeitsinstitut, daß der Arbeitslohn kein Almosen mit Hindernissen sein darf, wird im Lande nur schwer begriffen.
Weniger gut als mit der Puppenfabrik geht es scheinbar mit der Strumpfstrickerei, was aber nur an der Organisation und der Geschäftsgebarung zu liegen scheint, da im Lande ein ständiger Bedarf an Strumpfwaren vorhanden ist.
Statt daß die galizischen Händler und Kaufleute ihre Ware in kleinen einheimischen Betrieben decken könnten, müssen sie außerhalb einkaufen, und die J. C. A. gab sich ihrerseits die größte Mühe, außerhalb Galiziens eine Firma zu finden, mit der sie einen Vertrag abschließen konnte, der seitens der Firma nicht immer eingehalten wurde. Das führte zu Störungen und Mißständen aller Art.
Auch über die Behandlung der Arbeiterinnen, und deren
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