Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862].

Bild:
<< vorherige Seite

der rechten Hand, die obwaltenden Töne be-
gleitend, auch allenfalls einzugreifen, wo der
Chor schwanken sollte. Jn diesem Sinne scheint
der dargestellte Meister sich vorwärts zu neigen,
und sich doch wieder zurück zu halten, wo-
durch wirklich für den Blick eine Art von Be-
wegung entsteht. Aufmerksamkeit und Behagen
spricht sich aus in den verjüngten liebenswür-
digen Gesichtszügen des erfahrnen durch und
durch gebildeten Mannes; hiezu harmoniren alle
Glieder, Formen und Umrisse."

Solchen Betrachtungen sich hinzugeben
hatte man augenblicklich wenig Zeit, da der
Saal sich immer mehr mit Glückwünschenden
füllte. Der Kanzler von Müller, der Medicinal-
rath von Froriep (Bertuchs Schwiegersohn), die
in allem Reize der Jugendfülle prangende Grä-
fin Julie von Egloffstein, die mit dem Gross-
herzog durch die zärtlichsten Bande verknüpfte
Frau von Eichendorff (früher Schauspielerin
Jagemann), sind mir besonders erinnerlich ge-
blieben; bald kamen die Jenenser Gries, Gött-
ling, Niemeyer; als Statisten sah man an den
Wänden ungefähr ein halbes Dutzend Englän-

der rechten Hand, die obwaltenden Töne be-
gleitend, auch allenfalls einzugreifen, wo der
Chor schwanken sollte. Jn diesem Sinne scheint
der dargestellte Meister sich vorwärts zu neigen,
und sich doch wieder zurück zu halten, wo-
durch wirklich für den Blick eine Art von Be-
wegung entsteht. Aufmerksamkeit und Behagen
spricht sich aus in den verjüngten liebenswür-
digen Gesichtszügen des erfahrnen durch und
durch gebildeten Mannes; hiezu harmoniren alle
Glieder, Formen und Umrisse.“

Solchen Betrachtungen sich hinzugeben
hatte man augenblicklich wenig Zeit, da der
Saal sich immer mehr mit Glückwünschenden
füllte. Der Kanzler von Müller, der Medicinal-
rath von Froriep (Bertuchs Schwiegersohn), die
in allem Reize der Jugendfülle prangende Grä-
fin Julie von Egloffstein, die mit dem Gross-
herzog durch die zärtlichsten Bande verknüpfte
Frau von Eichendorff (früher Schauspielerin
Jagemann), sind mir besonders erinnerlich ge-
blieben; bald kamen die Jenenser Gries, Gött-
ling, Niemeyer; als Statisten sah man an den
Wänden ungefähr ein halbes Dutzend Englän-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0066" n="61"/>
        <p xml:id="ID_221" prev="#ID_220">     der rechten Hand, die obwaltenden Töne be-<lb/>
gleitend, auch allenfalls einzugreifen, wo der<lb/>
Chor schwanken sollte. Jn diesem Sinne scheint<lb/>
der dargestellte Meister sich vorwärts zu neigen,<lb/>
und sich doch wieder zurück zu halten, wo-<lb/>
durch wirklich für den Blick eine Art von Be-<lb/>
wegung entsteht. Aufmerksamkeit und Behagen<lb/>
spricht sich aus in den verjüngten liebenswür-<lb/>
digen Gesichtszügen des erfahrnen durch und<lb/>
durch gebildeten Mannes; hiezu harmoniren alle<lb/>
Glieder, Formen und Umrisse.&#x201C; </p><lb/>
        <p xml:id="ID_222" next="#ID_223">     Solchen Betrachtungen sich hinzugeben<lb/>
hatte man augenblicklich wenig Zeit, da der<lb/>
Saal sich immer mehr mit Glückwünschenden<lb/>
füllte. Der Kanzler von Müller, der Medicinal-<lb/>
rath von Froriep (Bertuchs Schwiegersohn), die<lb/>
in allem Reize der Jugendfülle prangende Grä-<lb/>
fin Julie von Egloffstein, die mit dem Gross-<lb/>
herzog durch die zärtlichsten Bande verknüpfte<lb/>
Frau von Eichendorff (früher Schauspielerin<lb/>
Jagemann), sind mir besonders erinnerlich ge-<lb/>
blieben; bald kamen die Jenenser Gries, Gött-<lb/>
ling, Niemeyer; als Statisten sah man an den<lb/>
Wänden ungefähr ein halbes Dutzend Englän-     </p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0066] der rechten Hand, die obwaltenden Töne be- gleitend, auch allenfalls einzugreifen, wo der Chor schwanken sollte. Jn diesem Sinne scheint der dargestellte Meister sich vorwärts zu neigen, und sich doch wieder zurück zu halten, wo- durch wirklich für den Blick eine Art von Be- wegung entsteht. Aufmerksamkeit und Behagen spricht sich aus in den verjüngten liebenswür- digen Gesichtszügen des erfahrnen durch und durch gebildeten Mannes; hiezu harmoniren alle Glieder, Formen und Umrisse.“ Solchen Betrachtungen sich hinzugeben hatte man augenblicklich wenig Zeit, da der Saal sich immer mehr mit Glückwünschenden füllte. Der Kanzler von Müller, der Medicinal- rath von Froriep (Bertuchs Schwiegersohn), die in allem Reize der Jugendfülle prangende Grä- fin Julie von Egloffstein, die mit dem Gross- herzog durch die zärtlichsten Bande verknüpfte Frau von Eichendorff (früher Schauspielerin Jagemann), sind mir besonders erinnerlich ge- blieben; bald kamen die Jenenser Gries, Gött- ling, Niemeyer; als Statisten sah man an den Wänden ungefähr ein halbes Dutzend Englän-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-08-05T13:43:06Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/66
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/66>, abgerufen am 23.11.2024.