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Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862].

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Konnte ich dies Versäumniss nur von
Herzen bedauern, so hinterliess doch die kurze
Audienz ein sehr wohlthätiges Gefühl. War
auch damals schon längst der Nimbus verbli-
chen, der sich früher um ein gekröntes Haupt
von Gottes Gnaden gezogen, so gewährte es
eine um so tiefere Genugthuung, in der Person
des Grossherzogs neben dem tüchtigen Regen-
ten, den Goethe so schön in den venetianischen
Epigrammen geschildert (1, 282), alle Tugen-
den eines edlen Herzens verehren zu dürfen.

Bald darauf kam der Grossherzog in den
Saal zurück, und unterhielt sich mit Frau von
Eichendorff sehr angelegentlich über das Schau-
spiel, das dem Könige Ludwig zu Ehren am
Abend gegeben werden sollte. Damit dieser
aber nichts merke, waren sie hinter die Thüre
des Saales in das Vorhaus getreten. Sie musste
so laut sprechen, dass die Namen der vorge-
schlagenen Stücke niemandem im Saale ein
Geheimniss bleiben konnten, als dem Könige
Ludwig selbst, der bekanntlich auch etwas taub ist.

Um 12 Uhr entliess unser olympischer
Wirth seine fürstlichen, adlichen und bürger-

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Konnte ich dies Versäumniss nur von
Herzen bedauern, so hinterliess doch die kurze
Audienz ein sehr wohlthätiges Gefühl. War
auch damals schon längst der Nimbus verbli-
chen, der sich früher um ein gekröntes Haupt
von Gottes Gnaden gezogen, so gewährte es
eine um so tiefere Genugthuung, in der Person
des Grossherzogs neben dem tüchtigen Regen-
ten, den Goethe so schön in den venetianischen
Epigrammen geschildert (1, 282), alle Tugen-
den eines edlen Herzens verehren zu dürfen.

Bald darauf kam der Grossherzog in den
Saal zurück, und unterhielt sich mit Frau von
Eichendorff sehr angelegentlich über das Schau-
spiel, das dem Könige Ludwig zu Ehren am
Abend gegeben werden sollte. Damit dieser
aber nichts merke, waren sie hinter die Thüre
des Saales in das Vorhaus getreten. Sie musste
so laut sprechen, dass die Namen der vorge-
schlagenen Stücke niemandem im Saale ein
Geheimniss bleiben konnten, als dem Könige
Ludwig selbst, der bekanntlich auch etwas taub ist.

Um 12 Uhr entliess unser olympischer
Wirth seine fürstlichen, adlichen und bürger-

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[65/0070] Konnte ich dies Versäumniss nur von Herzen bedauern, so hinterliess doch die kurze Audienz ein sehr wohlthätiges Gefühl. War auch damals schon längst der Nimbus verbli- chen, der sich früher um ein gekröntes Haupt von Gottes Gnaden gezogen, so gewährte es eine um so tiefere Genugthuung, in der Person des Grossherzogs neben dem tüchtigen Regen- ten, den Goethe so schön in den venetianischen Epigrammen geschildert (1, 282), alle Tugen- den eines edlen Herzens verehren zu dürfen. Bald darauf kam der Grossherzog in den Saal zurück, und unterhielt sich mit Frau von Eichendorff sehr angelegentlich über das Schau- spiel, das dem Könige Ludwig zu Ehren am Abend gegeben werden sollte. Damit dieser aber nichts merke, waren sie hinter die Thüre des Saales in das Vorhaus getreten. Sie musste so laut sprechen, dass die Namen der vorge- schlagenen Stücke niemandem im Saale ein Geheimniss bleiben konnten, als dem Könige Ludwig selbst, der bekanntlich auch etwas taub ist. Um 12 Uhr entliess unser olympischer Wirth seine fürstlichen, adlichen und bürger- 5

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/70>, abgerufen am 23.11.2024.