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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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Aloisius Lauska, Tonkünstler, mit Jungfrau Emilie Ermeler. "Tonkünstler", brummt der Küster, dessen Stärke die Orthographie nicht war, "wieder so eine neumodische, vornehme Benennung, die kein Mensch versteht, und die ich vor den Tod nicht leiden kann." Er streicht Tonkünstler aus und setzt statt dessen: Töpfermeister. Mit Verwunderung hören die Freundinnen der Braut am nächsten Sonntage in der Kirche, wie ihre Emilie mit dem Töpfermeister Lauska aufgeboten wird. Zum Glück war es nicht zu spät, um den Irrthum des sprachverbessernden Küsters zu berichtigen.

Nach ihrer gütigen Art zog die Herzogin von Kurland den liebenswürdigen Klavierlehrer auch in ihre Abendzirkel, die er durch sein glänzendes Spiel auf das angenehmste belebte. In den hohen, prächtigen Räumen klang uns seine kräftige Musik ganz anders als in unserer Wohnstube. Mit stummem Entzücken lauschten wir seinen seelenvollen Tönen, erfuhren aber auch eines Abends, daß er zuweilen den Schalk im Nacken trage. Der Strom der allgemeinen musikalischen Begeisterung muß wohl damals reicher geflossen sein als jetzt: denn wer auf den Namen eines Musikers irgend Anspruch machte, der mußte auch im Stande sein, sich in freien Phantasien hören zu lassen, was jetzt beinahe gänzlich aufgehört hat. Nun wurde Lauska eines Abends von der Herzogin aufgefordert, eine freie Phantasie zu geben. Er begann mit einem heitern behaglichen Thema, breitete es nach mehreren Seiten hin aus, steigerte die Wirkung bis zur rauschenden Höhe, und ließ die sanftesten Modulationen im weichen Decrescendo abklingen. Zuletzt stieg er die Stufen einer chromatischen Tonleiter leiser und leiser hinab, und verweilte auf den

Aloisius Lauska, Tonkünstler, mit Jungfrau Emilie Ermeler. „Tonkünstler“, brummt der Küster, dessen Stärke die Orthographie nicht war, „wieder so eine neumodische, vornehme Benennung, die kein Mensch versteht, und die ich vor den Tod nicht leiden kann.“ Er streicht Tonkünstler aus und setzt statt dessen: Töpfermeister. Mit Verwunderung hören die Freundinnen der Braut am nächsten Sonntage in der Kirche, wie ihre Emilie mit dem Töpfermeister Lauska aufgeboten wird. Zum Glück war es nicht zu spät, um den Irrthum des sprachverbessernden Küsters zu berichtigen.

Nach ihrer gütigen Art zog die Herzogin von Kurland den liebenswürdigen Klavierlehrer auch in ihre Abendzirkel, die er durch sein glänzendes Spiel auf das angenehmste belebte. In den hohen, prächtigen Räumen klang uns seine kräftige Musik ganz anders als in unserer Wohnstube. Mit stummem Entzücken lauschten wir seinen seelenvollen Tönen, erfuhren aber auch eines Abends, daß er zuweilen den Schalk im Nacken trage. Der Strom der allgemeinen musikalischen Begeisterung muß wohl damals reicher geflossen sein als jetzt: denn wer auf den Namen eines Musikers irgend Anspruch machte, der mußte auch im Stande sein, sich in freien Phantasien hören zu lassen, was jetzt beinahe gänzlich aufgehört hat. Nun wurde Lauska eines Abends von der Herzogin aufgefordert, eine freie Phantasie zu geben. Er begann mit einem heitern behaglichen Thema, breitete es nach mehreren Seiten hin aus, steigerte die Wirkung bis zur rauschenden Höhe, und ließ die sanftesten Modulationen im weichen Decrescendo abklingen. Zuletzt stieg er die Stufen einer chromatischen Tonleiter leiser und leiser hinab, und verweilte auf den

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[104/0116] Aloisius Lauska, Tonkünstler, mit Jungfrau Emilie Ermeler. „Tonkünstler“, brummt der Küster, dessen Stärke die Orthographie nicht war, „wieder so eine neumodische, vornehme Benennung, die kein Mensch versteht, und die ich vor den Tod nicht leiden kann.“ Er streicht Tonkünstler aus und setzt statt dessen: Töpfermeister. Mit Verwunderung hören die Freundinnen der Braut am nächsten Sonntage in der Kirche, wie ihre Emilie mit dem Töpfermeister Lauska aufgeboten wird. Zum Glück war es nicht zu spät, um den Irrthum des sprachverbessernden Küsters zu berichtigen. Nach ihrer gütigen Art zog die Herzogin von Kurland den liebenswürdigen Klavierlehrer auch in ihre Abendzirkel, die er durch sein glänzendes Spiel auf das angenehmste belebte. In den hohen, prächtigen Räumen klang uns seine kräftige Musik ganz anders als in unserer Wohnstube. Mit stummem Entzücken lauschten wir seinen seelenvollen Tönen, erfuhren aber auch eines Abends, daß er zuweilen den Schalk im Nacken trage. Der Strom der allgemeinen musikalischen Begeisterung muß wohl damals reicher geflossen sein als jetzt: denn wer auf den Namen eines Musikers irgend Anspruch machte, der mußte auch im Stande sein, sich in freien Phantasien hören zu lassen, was jetzt beinahe gänzlich aufgehört hat. Nun wurde Lauska eines Abends von der Herzogin aufgefordert, eine freie Phantasie zu geben. Er begann mit einem heitern behaglichen Thema, breitete es nach mehreren Seiten hin aus, steigerte die Wirkung bis zur rauschenden Höhe, und ließ die sanftesten Modulationen im weichen Decrescendo abklingen. Zuletzt stieg er die Stufen einer chromatischen Tonleiter leiser und leiser hinab, und verweilte auf den

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/116>, abgerufen am 24.11.2024.