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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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schiedene Weise verwerthet sein. Buchen und Ulmen ließen sich leicht zertheilen; die Pappel war wegen ihrer geringen Kraft wenig geachtet; die geraden Schosse des Ahorns lieferten ein gutes Brennmaterial, die Linden gaben feine gleichmäßige Stäbchen; bei den Akazien mußte man sich wegen der Stacheln vorsehn, aber sie ließen sich bezwingen; am schwierigsten waren die alten ausgerodeten Stachelbeersträuche zu behandeln, die wie die Igel nach allen Seiten hin mit Spitzen sich vertheidigten; ihnen konnte man nicht anders beikommen, als indem man sie bei der knolligen Wurzel faßte und die Zweige am untersten Ende lostrennte.

Neben diesen Gartenbeschäftigungen diente der Holzstall auch zum Abschlachten der Hühner, Tauben und Enten. Meinem Vater war es äußerst widerwärtig, wenn die Köchin den Tauben den Hals umdrehte oder den Hühnern mit einem stumpfen Messer die Kehle zersägte. Er verrichtete das Geschäft lieber auf dem Haublocke mit dem kleinen, wohlgeschärften Beile. Weil aber die Thiere immer den Kopf einzuziehen pflegen, so mußte der Gartenknecht, während mein Vater das Opfer festhielt, den Kopf hervorziehn, der dann mit einem raschen Hiebe vom Rumpfe getrennt ward.

Diesem Guillotiniren hatte ich oft beigewohnt, und mit einigen Händen voll Sägespänen das Blut bedeckt. Nun wollte ich auch thätigen Antheil nehmen, und da ich im Holzhacken ziemlich geschickt war, so brachte ich es nach vielen Bitten endlich dahin, auch einen Kopf abhacken zu dürfen. Das ging auch ganz gut von Statten, aber einmal ereignete sich etwas, woran ich noch mit Entsetzen denke, und was mir das Abschlachten auf lange

schiedene Weise verwerthet sein. Buchen und Ulmen ließen sich leicht zertheilen; die Pappel war wegen ihrer geringen Kraft wenig geachtet; die geraden Schosse des Ahorns lieferten ein gutes Brennmaterial, die Linden gaben feine gleichmäßige Stäbchen; bei den Akazien mußte man sich wegen der Stacheln vorsehn, aber sie ließen sich bezwingen; am schwierigsten waren die alten ausgerodeten Stachelbeersträuche zu behandeln, die wie die Igel nach allen Seiten hin mit Spitzen sich vertheidigten; ihnen konnte man nicht anders beikommen, als indem man sie bei der knolligen Wurzel faßte und die Zweige am untersten Ende lostrennte.

Neben diesen Gartenbeschäftigungen diente der Holzstall auch zum Abschlachten der Hühner, Tauben und Enten. Meinem Vater war es äußerst widerwärtig, wenn die Köchin den Tauben den Hals umdrehte oder den Hühnern mit einem stumpfen Messer die Kehle zersägte. Er verrichtete das Geschäft lieber auf dem Haublocke mit dem kleinen, wohlgeschärften Beile. Weil aber die Thiere immer den Kopf einzuziehen pflegen, so mußte der Gartenknecht, während mein Vater das Opfer festhielt, den Kopf hervorziehn, der dann mit einem raschen Hiebe vom Rumpfe getrennt ward.

Diesem Guillotiniren hatte ich oft beigewohnt, und mit einigen Händen voll Sägespänen das Blut bedeckt. Nun wollte ich auch thätigen Antheil nehmen, und da ich im Holzhacken ziemlich geschickt war, so brachte ich es nach vielen Bitten endlich dahin, auch einen Kopf abhacken zu dürfen. Das ging auch ganz gut von Statten, aber einmal ereignete sich etwas, woran ich noch mit Entsetzen denke, und was mir das Abschlachten auf lange

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[112/0124] schiedene Weise verwerthet sein. Buchen und Ulmen ließen sich leicht zertheilen; die Pappel war wegen ihrer geringen Kraft wenig geachtet; die geraden Schosse des Ahorns lieferten ein gutes Brennmaterial, die Linden gaben feine gleichmäßige Stäbchen; bei den Akazien mußte man sich wegen der Stacheln vorsehn, aber sie ließen sich bezwingen; am schwierigsten waren die alten ausgerodeten Stachelbeersträuche zu behandeln, die wie die Igel nach allen Seiten hin mit Spitzen sich vertheidigten; ihnen konnte man nicht anders beikommen, als indem man sie bei der knolligen Wurzel faßte und die Zweige am untersten Ende lostrennte. Neben diesen Gartenbeschäftigungen diente der Holzstall auch zum Abschlachten der Hühner, Tauben und Enten. Meinem Vater war es äußerst widerwärtig, wenn die Köchin den Tauben den Hals umdrehte oder den Hühnern mit einem stumpfen Messer die Kehle zersägte. Er verrichtete das Geschäft lieber auf dem Haublocke mit dem kleinen, wohlgeschärften Beile. Weil aber die Thiere immer den Kopf einzuziehen pflegen, so mußte der Gartenknecht, während mein Vater das Opfer festhielt, den Kopf hervorziehn, der dann mit einem raschen Hiebe vom Rumpfe getrennt ward. Diesem Guillotiniren hatte ich oft beigewohnt, und mit einigen Händen voll Sägespänen das Blut bedeckt. Nun wollte ich auch thätigen Antheil nehmen, und da ich im Holzhacken ziemlich geschickt war, so brachte ich es nach vielen Bitten endlich dahin, auch einen Kopf abhacken zu dürfen. Das ging auch ganz gut von Statten, aber einmal ereignete sich etwas, woran ich noch mit Entsetzen denke, und was mir das Abschlachten auf lange

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/124>, abgerufen am 17.05.2024.