Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Manchmal blieb auch mein Vater zu Tische, oder ein andrer gelegentlicher Gast. Dann durften wir uns schon etwas mehr regen, entschlüpften jedoch so bald als möglich, um die freie Viertelstunde vor der Nachmittagsschule noch im Garten zuzubringen. Um 5 Uhr wanderten wir wohlgemuth mit den Schulmappen nach der Blumenstraße hinaus; da um diese Stunde das Gewühl des Marktes vorüber war, und wir keine so große Eile hatten als des Morgens, so wurden auf diesem Rückwege alle Sehenswürdigkeiten in Augenschein genommen. Am Anfange des Mühlendammes befand sich damals ein Bilderkram mit vielen bunten Holzschnitten aus der Druckerei von Littfaß. Unter diesen erregten die Schlachtenbilder die meiste Aufmerksamkeit. Sie waren in sehr primitiver Weise dargestellt. Auf jeder Seite stand eine gerade Reihe feuernder Infanterie, perspektivisch nach hinten verjüngt, daneben einige galloppirende Reiter und ein paar Kanonen. In der Mitte des Hintergrundes ragten über dem massiven Pulverdampfe die rothen Thürme eines Dorfes oder einer Stadt hervor. Beigedruckte Zahlen bezogen sich auf die mit großer Schrift darunter gesetzten Erklärungen. Fritz begnügte sich meistens die Titel zu lesen, und wollte dann weiter, ich war aber nicht eher vom Flecke zu bringen, als bis ich bei den neu hinzukommenden Blättern die ganze Erklärung durchstudirt. Das älteste Stück, dessen ich mich deutlich entsinne, ist die Schlacht bei Austerlitz (2. Dec 1805). Rechts prangte vor der Infanterie ein Reiter im grünen Rocke als Kaiser Napoleon, links ein zweiter im grünen Rocke als Kaiser Alexander von Rußland, daneben ein dritter in weißem Rocke als Kaiser Franz von Oestreich. Deshalb Manchmal blieb auch mein Vater zu Tische, oder ein andrer gelegentlicher Gast. Dann durften wir uns schon etwas mehr regen, entschlüpften jedoch so bald als möglich, um die freie Viertelstunde vor der Nachmittagsschule noch im Garten zuzubringen. Um 5 Uhr wanderten wir wohlgemuth mit den Schulmappen nach der Blumenstraße hinaus; da um diese Stunde das Gewühl des Marktes vorüber war, und wir keine so große Eile hatten als des Morgens, so wurden auf diesem Rückwege alle Sehenswürdigkeiten in Augenschein genommen. Am Anfange des Mühlendammes befand sich damals ein Bilderkram mit vielen bunten Holzschnitten aus der Druckerei von Littfaß. Unter diesen erregten die Schlachtenbilder die meiste Aufmerksamkeit. Sie waren in sehr primitiver Weise dargestellt. Auf jeder Seite stand eine gerade Reihe feuernder Infanterie, perspektivisch nach hinten verjüngt, daneben einige galloppirende Reiter und ein paar Kanonen. In der Mitte des Hintergrundes ragten über dem massiven Pulverdampfe die rothen Thürme eines Dorfes oder einer Stadt hervor. Beigedruckte Zahlen bezogen sich auf die mit großer Schrift darunter gesetzten Erklärungen. Fritz begnügte sich meistens die Titel zu lesen, und wollte dann weiter, ich war aber nicht eher vom Flecke zu bringen, als bis ich bei den neu hinzukommenden Blättern die ganze Erklärung durchstudirt. Das älteste Stück, dessen ich mich deutlich entsinne, ist die Schlacht bei Austerlitz (2. Dec 1805). Rechts prangte vor der Infanterie ein Reiter im grünen Rocke als Kaiser Napoléon, links ein zweiter im grünen Rocke als Kaiser Alexander von Rußland, daneben ein dritter in weißem Rocke als Kaiser Franz von Oestreich. Deshalb <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0144" n="132"/> Manchmal blieb auch mein Vater zu Tische, oder ein andrer gelegentlicher Gast. Dann durften wir uns schon etwas mehr regen, entschlüpften jedoch so bald als möglich, um die freie Viertelstunde vor der Nachmittagsschule noch im Garten zuzubringen. </p><lb/> <p>Um 5 Uhr wanderten wir wohlgemuth mit den Schulmappen nach der Blumenstraße hinaus; da um diese Stunde das Gewühl des Marktes vorüber war, und wir keine so große Eile hatten als des Morgens, so wurden auf diesem Rückwege alle Sehenswürdigkeiten in Augenschein genommen. Am Anfange des Mühlendammes befand sich damals ein Bilderkram mit vielen bunten Holzschnitten aus der Druckerei von Littfaß. Unter diesen erregten die Schlachtenbilder die meiste Aufmerksamkeit. Sie waren in sehr primitiver Weise dargestellt. Auf jeder Seite stand eine gerade Reihe feuernder Infanterie, perspektivisch nach hinten verjüngt, daneben einige galloppirende Reiter und ein paar Kanonen. In der Mitte des Hintergrundes ragten über dem massiven Pulverdampfe die rothen Thürme eines Dorfes oder einer Stadt hervor. Beigedruckte Zahlen bezogen sich auf die mit großer Schrift darunter gesetzten Erklärungen. Fritz begnügte sich meistens die Titel zu lesen, und wollte dann weiter, ich war aber nicht eher vom Flecke zu bringen, als bis ich bei den neu hinzukommenden Blättern die ganze Erklärung durchstudirt. </p><lb/> <p>Das älteste Stück, dessen ich mich deutlich entsinne, ist die Schlacht bei Austerlitz (2. Dec 1805). Rechts prangte vor der Infanterie ein Reiter im grünen Rocke als Kaiser Napoléon, links ein zweiter im grünen Rocke als Kaiser Alexander von Rußland, daneben ein dritter in weißem Rocke als Kaiser Franz von Oestreich. Deshalb </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0144]
Manchmal blieb auch mein Vater zu Tische, oder ein andrer gelegentlicher Gast. Dann durften wir uns schon etwas mehr regen, entschlüpften jedoch so bald als möglich, um die freie Viertelstunde vor der Nachmittagsschule noch im Garten zuzubringen.
Um 5 Uhr wanderten wir wohlgemuth mit den Schulmappen nach der Blumenstraße hinaus; da um diese Stunde das Gewühl des Marktes vorüber war, und wir keine so große Eile hatten als des Morgens, so wurden auf diesem Rückwege alle Sehenswürdigkeiten in Augenschein genommen. Am Anfange des Mühlendammes befand sich damals ein Bilderkram mit vielen bunten Holzschnitten aus der Druckerei von Littfaß. Unter diesen erregten die Schlachtenbilder die meiste Aufmerksamkeit. Sie waren in sehr primitiver Weise dargestellt. Auf jeder Seite stand eine gerade Reihe feuernder Infanterie, perspektivisch nach hinten verjüngt, daneben einige galloppirende Reiter und ein paar Kanonen. In der Mitte des Hintergrundes ragten über dem massiven Pulverdampfe die rothen Thürme eines Dorfes oder einer Stadt hervor. Beigedruckte Zahlen bezogen sich auf die mit großer Schrift darunter gesetzten Erklärungen. Fritz begnügte sich meistens die Titel zu lesen, und wollte dann weiter, ich war aber nicht eher vom Flecke zu bringen, als bis ich bei den neu hinzukommenden Blättern die ganze Erklärung durchstudirt.
Das älteste Stück, dessen ich mich deutlich entsinne, ist die Schlacht bei Austerlitz (2. Dec 1805). Rechts prangte vor der Infanterie ein Reiter im grünen Rocke als Kaiser Napoléon, links ein zweiter im grünen Rocke als Kaiser Alexander von Rußland, daneben ein dritter in weißem Rocke als Kaiser Franz von Oestreich. Deshalb
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1)
(2014-01-07T13:04:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |