Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].mehr zu fürchten. Gegen Morgen setzten sich alle drei in des Grosvaters Stube zum Thee nieder. So gut als dieser Thee habe ihm lange keiner geschmeckt, hörte ich noch oft meinen Vater sagen. An den folgenden Tagen erfuhr man allerlei über die Entstehung und den Verlauf des Brandes. Die Petrikirche, ein unschönes Gebäude aus der Zopfzeit, war nach der damaligen Unsitte rings mit Krämerbuden beklebt. Die Handwerksleute brachten in der Nacht, gegen ein Trinkgeld an den Küster, ihre Geräthschaften in die Kirche, weil sie dort sichrer waren. Die Hökerinnen bedienten sich der sogenannten Feuersorgen, blecherner, mit glühenden Kohlen gefüllter Töpfe, die unter die Sitzbank gestellt wurden. Muthmaslich war eine solche, noch nicht erloschene Feuersorge mit der Sitzbank unter die hölzerne Kirchentreppe geschoben worden, und hatte so den Brand von unten auf veranlaßt. Der Dachboden der Kirche wurde als Magazin vermiethet, und mehrere Buchhandlungen, zu denen die Nicolaische nicht gehörte, hatten dort Niederlagen. Diese Vorräthe gingen alle im Feuer auf, und bei dieser Gelegenheit sah ich eine Art der Verkohlung, an die ich beim Anblick der Herculanischen Rollen auf das lebhafteste zurückerinnert wurde. Eine Lage Druckbogen war dergestalt verkohlt, daß man ganze Oktavblätter unversehrt vorfand, und auf dem schwarzen Grunde die noch schwärzere Schrift ohne alle Mühe lesen konnte. Als der Petrithurm in vollen Flammen stand, trug der Sturm einen brennenden Splitter auf das Dach des hölzernen Waisenthurmes, der nun auch im Feuer aufging. Die ganze dazwischen liegende Stralauer Straße hielt man mehr zu fürchten. Gegen Morgen setzten sich alle drei in des Grosvaters Stube zum Thee nieder. So gut als dieser Thee habe ihm lange keiner geschmeckt, hörte ich noch oft meinen Vater sagen. An den folgenden Tagen erfuhr man allerlei über die Entstehung und den Verlauf des Brandes. Die Petrikirche, ein unschönes Gebäude aus der Zopfzeit, war nach der damaligen Unsitte rings mit Krämerbuden beklebt. Die Handwerksleute brachten in der Nacht, gegen ein Trinkgeld an den Küster, ihre Geräthschaften in die Kirche, weil sie dort sichrer waren. Die Hökerinnen bedienten sich der sogenannten Feuersorgen, blecherner, mit glühenden Kohlen gefüllter Töpfe, die unter die Sitzbank gestellt wurden. Muthmaslich war eine solche, noch nicht erloschene Feuersorge mit der Sitzbank unter die hölzerne Kirchentreppe geschoben worden, und hatte so den Brand von unten auf veranlaßt. Der Dachboden der Kirche wurde als Magazin vermiethet, und mehrere Buchhandlungen, zu denen die Nicolaische nicht gehörte, hatten dort Niederlagen. Diese Vorräthe gingen alle im Feuer auf, und bei dieser Gelegenheit sah ich eine Art der Verkohlung, an die ich beim Anblick der Herculanischen Rollen auf das lebhafteste zurückerinnert wurde. Eine Lage Druckbogen war dergestalt verkohlt, daß man ganze Oktavblätter unversehrt vorfand, und auf dem schwarzen Grunde die noch schwärzere Schrift ohne alle Mühe lesen konnte. Als der Petrithurm in vollen Flammen stand, trug der Sturm einen brennenden Splitter auf das Dach des hölzernen Waisenthurmes, der nun auch im Feuer aufging. Die ganze dazwischen liegende Stralauer Straße hielt man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0154" n="142"/> mehr zu fürchten. Gegen Morgen setzten sich alle drei in des Grosvaters Stube zum Thee nieder. So gut als dieser Thee habe ihm lange keiner geschmeckt, hörte ich noch oft meinen Vater sagen. </p><lb/> <p>An den folgenden Tagen erfuhr man allerlei über die Entstehung und den Verlauf des Brandes. 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Eine Lage Druckbogen war dergestalt verkohlt, daß man ganze Oktavblätter unversehrt vorfand, und auf dem schwarzen Grunde die noch schwärzere Schrift ohne alle Mühe lesen konnte. </p><lb/> <p>Als der Petrithurm in vollen Flammen stand, trug der Sturm einen brennenden Splitter auf das Dach des hölzernen Waisenthurmes, der nun auch im Feuer aufging. Die ganze dazwischen liegende Stralauer Straße hielt man </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0154]
mehr zu fürchten. Gegen Morgen setzten sich alle drei in des Grosvaters Stube zum Thee nieder. So gut als dieser Thee habe ihm lange keiner geschmeckt, hörte ich noch oft meinen Vater sagen.
An den folgenden Tagen erfuhr man allerlei über die Entstehung und den Verlauf des Brandes. Die Petrikirche, ein unschönes Gebäude aus der Zopfzeit, war nach der damaligen Unsitte rings mit Krämerbuden beklebt. Die Handwerksleute brachten in der Nacht, gegen ein Trinkgeld an den Küster, ihre Geräthschaften in die Kirche, weil sie dort sichrer waren. Die Hökerinnen bedienten sich der sogenannten Feuersorgen, blecherner, mit glühenden Kohlen gefüllter Töpfe, die unter die Sitzbank gestellt wurden. Muthmaslich war eine solche, noch nicht erloschene Feuersorge mit der Sitzbank unter die hölzerne Kirchentreppe geschoben worden, und hatte so den Brand von unten auf veranlaßt.
Der Dachboden der Kirche wurde als Magazin vermiethet, und mehrere Buchhandlungen, zu denen die Nicolaische nicht gehörte, hatten dort Niederlagen. Diese Vorräthe gingen alle im Feuer auf, und bei dieser Gelegenheit sah ich eine Art der Verkohlung, an die ich beim Anblick der Herculanischen Rollen auf das lebhafteste zurückerinnert wurde. Eine Lage Druckbogen war dergestalt verkohlt, daß man ganze Oktavblätter unversehrt vorfand, und auf dem schwarzen Grunde die noch schwärzere Schrift ohne alle Mühe lesen konnte.
Als der Petrithurm in vollen Flammen stand, trug der Sturm einen brennenden Splitter auf das Dach des hölzernen Waisenthurmes, der nun auch im Feuer aufging. Die ganze dazwischen liegende Stralauer Straße hielt man
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/154>, abgerufen am 18.06.2024. |