Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].und zurück gereist sei. Als er diesen Plan zuerst seinen Kollegen mittheilte, schüttelten sie den Kopf, und meinten, das sei der menschlichen Natur zu viel zugemuthet, und er möge, als nicht ganz junger Mann, sich ein solches Wagniß vorher wohl überlegen. Desto größer war sein Triumph, als er wohlbehalten zurückkehrte und alles gesehn hatte, was er für seine Reisehandbücher zu sehn brauchte. Den mathematischen und lateinischen Unterricht in Secunda gab Professor Otto Schulz. Er stand am Anfange seiner pädagogischen und litterarischen Laufbahn, auf der er später als Schulrath und als Schriftsteller für die heranwachsende Jugend so bedeutende Erfolge gewann. Seiner eingehenden und gelehrten Erklärung der Ars poetica erinnre ich mich mit dankbarer Freude. Da er nur ein Auge hatte, so wurde ihm per antiphrasin der Name Lynkeus zu Theil. Aber trotzdem, daß wir in seinen Stunden recht viel lernten, so verstand er es nicht, die Herzen der jungen Leute zu gewinnen. Da ich später mit ihm in vielfacher Verbindung geblieben bin, und eine große Zahl seiner vortrefflichen Schulbücher verlegt habe, wobei niemals die geringste Mishelligkeit zwischen uns vorgekommen, so habe ich oft darüber nachgedacht, worin es gelegen, daß Schulz der am wenigsten beliebte Lehrer gewesen sei. Die Ursache muß wohl darin gesucht werden, daß er uns zu wenig Wohlwollen zu erkennen gab, und mit allzugroßer Strenge bei manchen kleinen Unarten verweilte, die sich unmöglich ganz beseitigen lassen, und besser mit einer kurzen Rüge abgemacht werden. Die griechischen und lateinischen Stunden in den höheren Klassen waren dem Professor Walch aus Jena und zurück gereist sei. Als er diesen Plan zuerst seinen Kollegen mittheilte, schüttelten sie den Kopf, und meinten, das sei der menschlichen Natur zu viel zugemuthet, und er möge, als nicht ganz junger Mann, sich ein solches Wagniß vorher wohl überlegen. Desto größer war sein Triumph, als er wohlbehalten zurückkehrte und alles gesehn hatte, was er für seine Reisehandbücher zu sehn brauchte. Den mathematischen und lateinischen Unterricht in Secunda gab Professor Otto Schulz. Er stand am Anfange seiner pädagogischen und litterarischen Laufbahn, auf der er später als Schulrath und als Schriftsteller für die heranwachsende Jugend so bedeutende Erfolge gewann. Seiner eingehenden und gelehrten Erklärung der Ars poetica erinnre ich mich mit dankbarer Freude. Da er nur ein Auge hatte, so wurde ihm per antiphrasin der Name Lynkeus zu Theil. Aber trotzdem, daß wir in seinen Stunden recht viel lernten, so verstand er es nicht, die Herzen der jungen Leute zu gewinnen. Da ich später mit ihm in vielfacher Verbindung geblieben bin, und eine große Zahl seiner vortrefflichen Schulbücher verlegt habe, wobei niemals die geringste Mishelligkeit zwischen uns vorgekommen, so habe ich oft darüber nachgedacht, worin es gelegen, daß Schulz der am wenigsten beliebte Lehrer gewesen sei. Die Ursache muß wohl darin gesucht werden, daß er uns zu wenig Wohlwollen zu erkennen gab, und mit allzugroßer Strenge bei manchen kleinen Unarten verweilte, die sich unmöglich ganz beseitigen lassen, und besser mit einer kurzen Rüge abgemacht werden. Die griechischen und lateinischen Stunden in den höheren Klassen waren dem Professor Walch aus Jena <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0189" n="177"/> und zurück gereist sei. Als er diesen Plan zuerst seinen Kollegen mittheilte, schüttelten sie den Kopf, und meinten, das sei der menschlichen Natur zu viel zugemuthet, und er möge, als nicht ganz junger Mann, sich ein solches Wagniß vorher wohl überlegen. 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Da ich später mit ihm in vielfacher Verbindung geblieben bin, und eine große Zahl seiner vortrefflichen Schulbücher verlegt habe, wobei niemals die geringste Mishelligkeit zwischen uns vorgekommen, so habe ich oft darüber nachgedacht, worin es gelegen, daß Schulz der am wenigsten beliebte Lehrer gewesen sei. Die Ursache muß wohl darin gesucht werden, daß er uns zu wenig Wohlwollen zu erkennen gab, und mit allzugroßer Strenge bei manchen kleinen Unarten verweilte, die sich unmöglich ganz beseitigen lassen, und besser mit einer kurzen Rüge abgemacht werden. </p><lb/> <p>Die griechischen und lateinischen Stunden in den höheren Klassen waren dem Professor Walch aus Jena </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [177/0189]
und zurück gereist sei. Als er diesen Plan zuerst seinen Kollegen mittheilte, schüttelten sie den Kopf, und meinten, das sei der menschlichen Natur zu viel zugemuthet, und er möge, als nicht ganz junger Mann, sich ein solches Wagniß vorher wohl überlegen. Desto größer war sein Triumph, als er wohlbehalten zurückkehrte und alles gesehn hatte, was er für seine Reisehandbücher zu sehn brauchte.
Den mathematischen und lateinischen Unterricht in Secunda gab Professor Otto Schulz. Er stand am Anfange seiner pädagogischen und litterarischen Laufbahn, auf der er später als Schulrath und als Schriftsteller für die heranwachsende Jugend so bedeutende Erfolge gewann. Seiner eingehenden und gelehrten Erklärung der Ars poetica erinnre ich mich mit dankbarer Freude. Da er nur ein Auge hatte, so wurde ihm per antiphrasin der Name Lynkeus zu Theil. Aber trotzdem, daß wir in seinen Stunden recht viel lernten, so verstand er es nicht, die Herzen der jungen Leute zu gewinnen. Da ich später mit ihm in vielfacher Verbindung geblieben bin, und eine große Zahl seiner vortrefflichen Schulbücher verlegt habe, wobei niemals die geringste Mishelligkeit zwischen uns vorgekommen, so habe ich oft darüber nachgedacht, worin es gelegen, daß Schulz der am wenigsten beliebte Lehrer gewesen sei. Die Ursache muß wohl darin gesucht werden, daß er uns zu wenig Wohlwollen zu erkennen gab, und mit allzugroßer Strenge bei manchen kleinen Unarten verweilte, die sich unmöglich ganz beseitigen lassen, und besser mit einer kurzen Rüge abgemacht werden.
Die griechischen und lateinischen Stunden in den höheren Klassen waren dem Professor Walch aus Jena
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