Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].greiflich, und dieser hämische Streich setzte die Engländer gar sehr in der Meinung der Jugend herunter, die sonst gewohnt war, Schillers "Unüberwindliche Flotte" mit Enthusiasmus zu deklamiren, und überhaupt die Engländer als die Vorkämpfer der Freiheit zu betrachten. Im Jahre 1808 machte Napoleon, wie schon bemerkt, einen raschen Feldzug nach Spanien, drängte die Spanier und Engländer in vielen siegreichen Gefechten zurück, und erklärte mit stolzem Munde, nun könne ein französischer Unterlieutenant den Krieg beendigen. Aber trotzdem hausten die Guerillas in den Gebirgen, und es gelang den Franzosen nie, das ganze Land unter ihre Bothmäßigkeit zu zwingen. Zwar hatten sie zuletzt, nach langsamer Eroberung der Festungen, fast alle Provinzen besetzt, nur das auf einer Insel gelegene Cadix widerstand. Die Spanier hatten ihre besten Truppen hineingeworfen, und die Engländer vertheidigten es zur See. Die Franzosen besaßen keine Kriegschiffe, um eine Seeschlacht zu wagen, beherrschten aber alle Punkte der Küste, und wollten sogar versuchen, die Festung über einen breiten Meeresarm hinweg, zu beschießen. Napoleon ließ durch den Ingenieur Villeroy zwei Kanonenmörser gießen, die damals als etwas ungeheures angestaunt wurden, aber jetzt gegen unsre Paixhans, Armstrong, Wentworth, Krupp u. s. w. sehr zurückstehn müssen. Man erzählte, daß der Kanonier, der den ersten Villeroyschen Mörser abgefeuert, vom Luftdrucke gefaßt, todt niedergefallen sei; da ward die Sache aufgegeben, die Mörser blieben in Paris, und stehn seit 1816 als Siegeszeichen vor dem Berliner Zeughause. Nachdem die französische Besitznahme von Preußen greiflich, und dieser hämische Streich setzte die Engländer gar sehr in der Meinung der Jugend herunter, die sonst gewohnt war, Schillers „Unüberwindliche Flotte“ mit Enthusiasmus zu deklamiren, und überhaupt die Engländer als die Vorkämpfer der Freiheit zu betrachten. Im Jahre 1808 machte Napoléon, wie schon bemerkt, einen raschen Feldzug nach Spanien, drängte die Spanier und Engländer in vielen siegreichen Gefechten zurück, und erklärte mit stolzem Munde, nun könne ein französischer Unterlieutenant den Krieg beendigen. Aber trotzdem hausten die Guerillas in den Gebirgen, und es gelang den Franzosen nie, das ganze Land unter ihre Bothmäßigkeit zu zwingen. Zwar hatten sie zuletzt, nach langsamer Eroberung der Festungen, fast alle Provinzen besetzt, nur das auf einer Insel gelegene Cadix widerstand. Die Spanier hatten ihre besten Truppen hineingeworfen, und die Engländer vertheidigten es zur See. Die Franzosen besaßen keine Kriegschiffe, um eine Seeschlacht zu wagen, beherrschten aber alle Punkte der Küste, und wollten sogar versuchen, die Festung über einen breiten Meeresarm hinweg, zu beschießen. Napoléon ließ durch den Ingenieur Villeroy zwei Kanonenmörser gießen, die damals als etwas ungeheures angestaunt wurden, aber jetzt gegen unsre Paixhans, Armstrong, Wentworth, Krupp u. s. w. sehr zurückstehn müssen. Man erzählte, daß der Kanonier, der den ersten Villeroyschen Mörser abgefeuert, vom Luftdrucke gefaßt, todt niedergefallen sei; da ward die Sache aufgegeben, die Mörser blieben in Paris, und stehn seit 1816 als Siegeszeichen vor dem Berliner Zeughause. 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Die Spanier hatten ihre besten Truppen hineingeworfen, und die Engländer vertheidigten es zur See. Die Franzosen besaßen keine Kriegschiffe, um eine Seeschlacht zu wagen, beherrschten aber alle Punkte der Küste, und wollten sogar versuchen, die Festung über einen breiten Meeresarm hinweg, zu beschießen. Napoléon ließ durch den Ingenieur Villeroy zwei Kanonenmörser gießen, die damals als etwas ungeheures angestaunt wurden, aber jetzt gegen unsre Paixhans, Armstrong, Wentworth, Krupp u. s. w. sehr zurückstehn müssen. Man erzählte, daß der Kanonier, der den ersten Villeroyschen Mörser abgefeuert, vom Luftdrucke gefaßt, todt niedergefallen sei; da ward die Sache aufgegeben, die Mörser blieben in Paris, und stehn seit 1816 als Siegeszeichen vor dem Berliner Zeughause. </p><lb/> <p>Nachdem die französische Besitznahme von Preußen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0282]
greiflich, und dieser hämische Streich setzte die Engländer gar sehr in der Meinung der Jugend herunter, die sonst gewohnt war, Schillers „Unüberwindliche Flotte“ mit Enthusiasmus zu deklamiren, und überhaupt die Engländer als die Vorkämpfer der Freiheit zu betrachten.
Im Jahre 1808 machte Napoléon, wie schon bemerkt, einen raschen Feldzug nach Spanien, drängte die Spanier und Engländer in vielen siegreichen Gefechten zurück, und erklärte mit stolzem Munde, nun könne ein französischer Unterlieutenant den Krieg beendigen. Aber trotzdem hausten die Guerillas in den Gebirgen, und es gelang den Franzosen nie, das ganze Land unter ihre Bothmäßigkeit zu zwingen.
Zwar hatten sie zuletzt, nach langsamer Eroberung der Festungen, fast alle Provinzen besetzt, nur das auf einer Insel gelegene Cadix widerstand. Die Spanier hatten ihre besten Truppen hineingeworfen, und die Engländer vertheidigten es zur See. Die Franzosen besaßen keine Kriegschiffe, um eine Seeschlacht zu wagen, beherrschten aber alle Punkte der Küste, und wollten sogar versuchen, die Festung über einen breiten Meeresarm hinweg, zu beschießen. Napoléon ließ durch den Ingenieur Villeroy zwei Kanonenmörser gießen, die damals als etwas ungeheures angestaunt wurden, aber jetzt gegen unsre Paixhans, Armstrong, Wentworth, Krupp u. s. w. sehr zurückstehn müssen. Man erzählte, daß der Kanonier, der den ersten Villeroyschen Mörser abgefeuert, vom Luftdrucke gefaßt, todt niedergefallen sei; da ward die Sache aufgegeben, die Mörser blieben in Paris, und stehn seit 1816 als Siegeszeichen vor dem Berliner Zeughause.
Nachdem die französische Besitznahme von Preußen
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/282>, abgerufen am 16.06.2024. |