Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Zuweilen erzählte Lubinski von seinen früheren Feldzügen, und dann wurden seine Worte von den Kindern fast verschlungen. So sehr wir sonst gewohnt waren, nach dem Braten davonzuspringen, ohne den Nachtisch abzuwarten, so hielten wir bei solchen Gelegenheiten bis auf die letzte Minute aus. Besonders ausführlich war er über den Krieg vom Jahre 1809 gegen Oestreich. Hier sagte er, habe der Kaiser die ganze Kraft seines Genies entfaltet. Trotzdem daß er die Oestreicher in den früheren Kriegen so oft geschlagen, und sie also wohl etwas hätten lernen können, so seien sie doch wieder in den alten Fehler verfallen; statt anzugreifen, hätten sie sich vertheidigt. Dabei stellte er den Satz auf: der Angreifende sei immer im Vortheile, so wie der, welcher beim Schachspiele anziehe, die Wahrscheinlichkeit für sich habe, das Spiel zu gewinnen. Dies schien den Kindern damals sehr paradox, und prägte sich eben deshalb dem Gedächtnisse ein. Daß der Kaiser bei Aspern und Eßlingen geschlagen worden sei, wollte Lubinski nicht zugeben. Die Donau habe die Brücken nach der Insel Lobau weggerissen, der Kaiser habe keine Verstärkungen mehr an sich ziehn können, und sei deshalb in seine frühere Stellung zurückgegangen. Der klarste Beweis, daß jenes Gefecht kein Sieg der Oestreicher gewesen, liege darin, daß der Erzherzog Karl nicht einmal versucht habe, das französische Heer zu verfolgen oder anzugreifen, sondern daß er unbeweglich auf dem Schlachtfelde 4 Wochen stehn geblieben sei, und wiederum ruhig abgewartet habe, bis der Kaiser ihn angreifen werde. Dieser habe die Zeit auf das treflichste benutzt, um von vielen Seiten Verstärkungen heranzuziehn, und alles auf einen zweiten Schlag vorzubereiten. Zuletzt habe das große Zuweilen erzählte Lubinski von seinen früheren Feldzügen, und dann wurden seine Worte von den Kindern fast verschlungen. So sehr wir sonst gewohnt waren, nach dem Braten davonzuspringen, ohne den Nachtisch abzuwarten, so hielten wir bei solchen Gelegenheiten bis auf die letzte Minute aus. Besonders ausführlich war er über den Krieg vom Jahre 1809 gegen Oestreich. Hier sagte er, habe der Kaiser die ganze Kraft seines Genies entfaltet. Trotzdem daß er die Oestreicher in den früheren Kriegen so oft geschlagen, und sie also wohl etwas hätten lernen können, so seien sie doch wieder in den alten Fehler verfallen; statt anzugreifen, hätten sie sich vertheidigt. Dabei stellte er den Satz auf: der Angreifende sei immer im Vortheile, so wie der, welcher beim Schachspiele anziehe, die Wahrscheinlichkeit für sich habe, das Spiel zu gewinnen. Dies schien den Kindern damals sehr paradox, und prägte sich eben deshalb dem Gedächtnisse ein. Daß der Kaiser bei Aspern und Eßlingen geschlagen worden sei, wollte Lubinski nicht zugeben. Die Donau habe die Brücken nach der Insel Lobau weggerissen, der Kaiser habe keine Verstärkungen mehr an sich ziehn können, und sei deshalb in seine frühere Stellung zurückgegangen. Der klarste Beweis, daß jenes Gefecht kein Sieg der Oestreicher gewesen, liege darin, daß der Erzherzog Karl nicht einmal versucht habe, das französische Heer zu verfolgen oder anzugreifen, sondern daß er unbeweglich auf dem Schlachtfelde 4 Wochen stehn geblieben sei, und wiederum ruhig abgewartet habe, bis der Kaiser ihn angreifen werde. Dieser habe die Zeit auf das treflichste benutzt, um von vielen Seiten Verstärkungen heranzuziehn, und alles auf einen zweiten Schlag vorzubereiten. Zuletzt habe das große <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p> <pb facs="#f0329" n="317"/> </p><lb/> <p>Zuweilen erzählte Lubinski von seinen früheren Feldzügen, und dann wurden seine Worte von den Kindern fast verschlungen. So sehr wir sonst gewohnt waren, nach dem Braten davonzuspringen, ohne den Nachtisch abzuwarten, so hielten wir bei solchen Gelegenheiten bis auf die letzte Minute aus. Besonders ausführlich war er über den Krieg vom Jahre 1809 gegen Oestreich. Hier sagte er, habe der Kaiser die ganze Kraft seines Genies entfaltet. Trotzdem daß er die Oestreicher in den früheren Kriegen so oft geschlagen, und sie also wohl etwas hätten lernen können, so seien sie doch wieder in den alten Fehler verfallen; statt anzugreifen, hätten sie sich vertheidigt. Dabei stellte er den Satz auf: der Angreifende sei immer im Vortheile, so wie der, welcher beim Schachspiele anziehe, die Wahrscheinlichkeit für sich habe, das Spiel zu gewinnen. Dies schien den Kindern damals sehr paradox, und prägte sich eben deshalb dem Gedächtnisse ein. Daß der Kaiser bei Aspern und Eßlingen geschlagen worden sei, wollte Lubinski nicht zugeben. Die Donau habe die Brücken nach der Insel Lobau weggerissen, der Kaiser habe keine Verstärkungen mehr an sich ziehn können, und sei deshalb in seine frühere Stellung zurückgegangen. Der klarste Beweis, daß jenes Gefecht kein Sieg der Oestreicher gewesen, liege darin, daß der Erzherzog Karl nicht einmal versucht habe, das französische Heer zu verfolgen oder anzugreifen, sondern daß er unbeweglich auf dem Schlachtfelde 4 Wochen stehn geblieben sei, und wiederum ruhig abgewartet habe, bis der Kaiser ihn angreifen werde. Dieser habe die Zeit auf das treflichste benutzt, um von vielen Seiten Verstärkungen heranzuziehn, und alles auf einen zweiten Schlag vorzubereiten. Zuletzt habe das große </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [317/0329]
Zuweilen erzählte Lubinski von seinen früheren Feldzügen, und dann wurden seine Worte von den Kindern fast verschlungen. So sehr wir sonst gewohnt waren, nach dem Braten davonzuspringen, ohne den Nachtisch abzuwarten, so hielten wir bei solchen Gelegenheiten bis auf die letzte Minute aus. Besonders ausführlich war er über den Krieg vom Jahre 1809 gegen Oestreich. Hier sagte er, habe der Kaiser die ganze Kraft seines Genies entfaltet. Trotzdem daß er die Oestreicher in den früheren Kriegen so oft geschlagen, und sie also wohl etwas hätten lernen können, so seien sie doch wieder in den alten Fehler verfallen; statt anzugreifen, hätten sie sich vertheidigt. Dabei stellte er den Satz auf: der Angreifende sei immer im Vortheile, so wie der, welcher beim Schachspiele anziehe, die Wahrscheinlichkeit für sich habe, das Spiel zu gewinnen. Dies schien den Kindern damals sehr paradox, und prägte sich eben deshalb dem Gedächtnisse ein. Daß der Kaiser bei Aspern und Eßlingen geschlagen worden sei, wollte Lubinski nicht zugeben. Die Donau habe die Brücken nach der Insel Lobau weggerissen, der Kaiser habe keine Verstärkungen mehr an sich ziehn können, und sei deshalb in seine frühere Stellung zurückgegangen. Der klarste Beweis, daß jenes Gefecht kein Sieg der Oestreicher gewesen, liege darin, daß der Erzherzog Karl nicht einmal versucht habe, das französische Heer zu verfolgen oder anzugreifen, sondern daß er unbeweglich auf dem Schlachtfelde 4 Wochen stehn geblieben sei, und wiederum ruhig abgewartet habe, bis der Kaiser ihn angreifen werde. Dieser habe die Zeit auf das treflichste benutzt, um von vielen Seiten Verstärkungen heranzuziehn, und alles auf einen zweiten Schlag vorzubereiten. Zuletzt habe das große
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1)
(2014-01-07T13:04:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |