Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].französische Heer auf der kleinen Insel Lobau dicht zusammengedrängt gestanden, so daß man sich kaum habe rühren können. Da seien die wunderbarsten Erkennungsscenen vorgekommen. Französische Offiziere und Soldaten, die sich in Jahren nicht gesehn, Brüder und Vettern, die bei verschiedenen Armeecorps gestanden, und lange nichts von einander gehört, hätten hier ein freudiges Wiedersehn gefeiert, worauf denn freilich für Viele in der nächsten Schlacht bei Wagram ein ewiger Abschied gefolgt sei. Zuletzt sei auf der Insel Lobau ein so empfindlicher Mangel an Lebensmitteln, besonders an Fleisch eingetreten, daß man gezwungen worden sei, Pferde zu stehlen und zu schlachten. Seine Polen hätten es besonders auf die fetten Artilleriepferde abgesehn gehabt, von denen ja auch eins leichter zu entbehren gewesen sei, als von der Kavallerie. Da sei es denn nicht selten vorgekommen, daß in einer recht finstern Nacht ein gestohlnes dickes Artilleriepferd geschlachtet, zerlegt, gebraten und verzehrt worden sei. Noch vor Tagesanbruch habe man die Knochen und das Fell in die Donau geworfen oder vergraben, so daß bei einer Requisition auch nicht das mindeste zu finden gewesen sei. Dieser zusammengepreßte Zustand habe denn endlich auch aufgehört, und mit wahrer Lust sei er (Lubinski) mit seinem Regimente in der lauen Sommernacht vom 4. zum 5. Juli 1809 über die Donaubrücke gezogen, um an der glorreichen Schlacht von Wagram Theil zu nehmen. Hier habe der Kaiser aufs neue sein eminentes Feldherrntalent bewährt. Der Erzherzog Karl habe es ruhig mit angesehn, wie die französische Armee sich in bester Ordnung angestellt, und habe dann wieder den Angriff abgewartet, anstatt die sich entwickelnden französische Heer auf der kleinen Insel Lobau dicht zusammengedrängt gestanden, so daß man sich kaum habe rühren können. Da seien die wunderbarsten Erkennungsscenen vorgekommen. Französische Offiziere und Soldaten, die sich in Jahren nicht gesehn, Brüder und Vettern, die bei verschiedenen Armeecorps gestanden, und lange nichts von einander gehört, hätten hier ein freudiges Wiedersehn gefeiert, worauf denn freilich für Viele in der nächsten Schlacht bei Wagram ein ewiger Abschied gefolgt sei. Zuletzt sei auf der Insel Lobau ein so empfindlicher Mangel an Lebensmitteln, besonders an Fleisch eingetreten, daß man gezwungen worden sei, Pferde zu stehlen und zu schlachten. Seine Polen hätten es besonders auf die fetten Artilleriepferde abgesehn gehabt, von denen ja auch eins leichter zu entbehren gewesen sei, als von der Kavallerie. Da sei es denn nicht selten vorgekommen, daß in einer recht finstern Nacht ein gestohlnes dickes Artilleriepferd geschlachtet, zerlegt, gebraten und verzehrt worden sei. Noch vor Tagesanbruch habe man die Knochen und das Fell in die Donau geworfen oder vergraben, so daß bei einer Requisition auch nicht das mindeste zu finden gewesen sei. Dieser zusammengepreßte Zustand habe denn endlich auch aufgehört, und mit wahrer Lust sei er (Lubinski) mit seinem Regimente in der lauen Sommernacht vom 4. zum 5. Juli 1809 über die Donaubrücke gezogen, um an der glorreichen Schlacht von Wagram Theil zu nehmen. Hier habe der Kaiser aufs neue sein eminentes Feldherrntalent bewährt. Der Erzherzog Karl habe es ruhig mit angesehn, wie die französische Armee sich in bester Ordnung angestellt, und habe dann wieder den Angriff abgewartet, anstatt die sich entwickelnden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0330" n="318"/> französische Heer auf der kleinen Insel Lobau dicht zusammengedrängt gestanden, so daß man sich kaum habe rühren können. Da seien die wunderbarsten Erkennungsscenen vorgekommen. Französische Offiziere und Soldaten, die sich in Jahren nicht gesehn, Brüder und Vettern, die bei verschiedenen Armeecorps gestanden, und lange nichts von einander gehört, hätten hier ein freudiges Wiedersehn gefeiert, worauf denn freilich für Viele in der nächsten Schlacht bei Wagram ein ewiger Abschied gefolgt sei. Zuletzt sei auf der Insel Lobau ein so empfindlicher Mangel an Lebensmitteln, besonders an Fleisch eingetreten, daß man gezwungen worden sei, Pferde zu stehlen und zu schlachten. Seine Polen hätten es besonders auf die fetten Artilleriepferde abgesehn gehabt, von denen ja auch eins leichter zu entbehren gewesen sei, als von der Kavallerie. Da sei es denn nicht selten vorgekommen, daß in einer recht finstern Nacht ein gestohlnes dickes Artilleriepferd geschlachtet, zerlegt, gebraten und verzehrt worden sei. Noch vor Tagesanbruch habe man die Knochen und das Fell in die Donau geworfen oder vergraben, so daß bei einer Requisition auch nicht das mindeste zu finden gewesen sei. Dieser zusammengepreßte Zustand habe denn endlich auch aufgehört, und mit wahrer Lust sei er (Lubinski) mit seinem Regimente in der lauen Sommernacht vom 4. zum 5. Juli 1809 über die Donaubrücke gezogen, um an der glorreichen Schlacht von Wagram Theil zu nehmen. Hier habe der Kaiser aufs neue sein eminentes Feldherrntalent bewährt. Der Erzherzog Karl habe es ruhig mit angesehn, wie die französische Armee sich in bester Ordnung angestellt, und habe dann wieder den Angriff abgewartet, anstatt die sich entwickelnden </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0330]
französische Heer auf der kleinen Insel Lobau dicht zusammengedrängt gestanden, so daß man sich kaum habe rühren können. Da seien die wunderbarsten Erkennungsscenen vorgekommen. Französische Offiziere und Soldaten, die sich in Jahren nicht gesehn, Brüder und Vettern, die bei verschiedenen Armeecorps gestanden, und lange nichts von einander gehört, hätten hier ein freudiges Wiedersehn gefeiert, worauf denn freilich für Viele in der nächsten Schlacht bei Wagram ein ewiger Abschied gefolgt sei. Zuletzt sei auf der Insel Lobau ein so empfindlicher Mangel an Lebensmitteln, besonders an Fleisch eingetreten, daß man gezwungen worden sei, Pferde zu stehlen und zu schlachten. Seine Polen hätten es besonders auf die fetten Artilleriepferde abgesehn gehabt, von denen ja auch eins leichter zu entbehren gewesen sei, als von der Kavallerie. Da sei es denn nicht selten vorgekommen, daß in einer recht finstern Nacht ein gestohlnes dickes Artilleriepferd geschlachtet, zerlegt, gebraten und verzehrt worden sei. Noch vor Tagesanbruch habe man die Knochen und das Fell in die Donau geworfen oder vergraben, so daß bei einer Requisition auch nicht das mindeste zu finden gewesen sei. Dieser zusammengepreßte Zustand habe denn endlich auch aufgehört, und mit wahrer Lust sei er (Lubinski) mit seinem Regimente in der lauen Sommernacht vom 4. zum 5. Juli 1809 über die Donaubrücke gezogen, um an der glorreichen Schlacht von Wagram Theil zu nehmen. Hier habe der Kaiser aufs neue sein eminentes Feldherrntalent bewährt. Der Erzherzog Karl habe es ruhig mit angesehn, wie die französische Armee sich in bester Ordnung angestellt, und habe dann wieder den Angriff abgewartet, anstatt die sich entwickelnden
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