Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].bald von dem Waldfrevel unterrichtet, und eilte erzürnt herbei, um seine jungen Kiefern zu retten. Aber die eifrigen Vaterlandsvertheidiger ließen sich weder durch seine guten noch bösen Worte abhalten, in ihrem Geschäfte fortzufahren. Da der Förster nur einer gegen dreißig war, so konnte er nicht daran denken, Gewalt zu brauchen; er lief endlich, fast in Verzweiflung, nach der Stadt, um die Sache der Behörde anzuzeigen. Bald darauf zogen auch die Holzfäller, jeder mit einer tüchtigen Stange versehn nach Hause. Bei unserm nächsten Besuche fragten wir den guten Pfaffenländer, was er denn ausgerichtet? Nichts, war die Antwort, die jungen Bengels haben einen Ausputzer bekommen, und meine Stämme sind zum Teufel! Durch jene feurige Landsturmrede wurden wir mit dem Probste Hanstein und mit seinem würdigen Kollegen, dem Probste Ribbeck näher bekannt. Beide wirkten einträchtig in ihrem geistlichen Berufe, und sind noch lange bei der Brüderstraße im besten Andenken geblieben. Die Petrikirche war, wie schon bemerkt, im Jahre 1808 abgebrannt, und der Gottesdienst wurde nach einem freundlichen Uebereinkommen mit der Domgemeinde in den Frühstunden von 9-11 im Dome abgehalten. Daß hiebei allerlei Kollisionen vorkommen mußten, war unvermeidlich, aber der versöhnliche Sinn unsrer beiden Geistlichen wußte jede ernsthafte Reibung zu vermeiden. Ribbeck war ein feiner Mann von stillem Wesen, liebevoll und gut, aber ohne höhere geistige Bedeutung. Hanstein, obgleich von ganz kleiner Statur, zeigte in Sprache und Gebehrden eine entschlossene, thatkräftige Gesinnung; er war zum Befehlen geboren. Ribbecks Predigten waren langweilig, Hanstein fesselte uns durch seinen lebendigen Vortrag. So oft die bald von dem Waldfrevel unterrichtet, und eilte erzürnt herbei, um seine jungen Kiefern zu retten. Aber die eifrigen Vaterlandsvertheidiger ließen sich weder durch seine guten noch bösen Worte abhalten, in ihrem Geschäfte fortzufahren. Da der Förster nur einer gegen dreißig war, so konnte er nicht daran denken, Gewalt zu brauchen; er lief endlich, fast in Verzweiflung, nach der Stadt, um die Sache der Behörde anzuzeigen. Bald darauf zogen auch die Holzfäller, jeder mit einer tüchtigen Stange versehn nach Hause. Bei unserm nächsten Besuche fragten wir den guten Pfaffenländer, was er denn ausgerichtet? Nichts, war die Antwort, die jungen Bengels haben einen Ausputzer bekommen, und meine Stämme sind zum Teufel! Durch jene feurige Landsturmrede wurden wir mit dem Probste Hanstein und mit seinem würdigen Kollegen, dem Probste Ribbeck näher bekannt. Beide wirkten einträchtig in ihrem geistlichen Berufe, und sind noch lange bei der Brüderstraße im besten Andenken geblieben. Die Petrikirche war, wie schon bemerkt, im Jahre 1808 abgebrannt, und der Gottesdienst wurde nach einem freundlichen Uebereinkommen mit der Domgemeinde in den Frühstunden von 9–11 im Dome abgehalten. Daß hiebei allerlei Kollisionen vorkommen mußten, war unvermeidlich, aber der versöhnliche Sinn unsrer beiden Geistlichen wußte jede ernsthafte Reibung zu vermeiden. Ribbeck war ein feiner Mann von stillem Wesen, liebevoll und gut, aber ohne höhere geistige Bedeutung. Hanstein, obgleich von ganz kleiner Statur, zeigte in Sprache und Gebehrden eine entschlossene, thatkräftige Gesinnung; er war zum Befehlen geboren. Ribbecks Predigten waren langweilig, Hanstein fesselte uns durch seinen lebendigen Vortrag. So oft die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0368" n="356"/> bald von dem Waldfrevel unterrichtet, und eilte erzürnt herbei, um seine jungen Kiefern zu retten. Aber die eifrigen Vaterlandsvertheidiger ließen sich weder durch seine guten noch bösen Worte abhalten, in ihrem Geschäfte fortzufahren. Da der Förster nur einer gegen dreißig war, so konnte er nicht daran denken, Gewalt zu brauchen; er lief endlich, fast in Verzweiflung, nach der Stadt, um die Sache der Behörde anzuzeigen. Bald darauf zogen auch die Holzfäller, jeder mit einer tüchtigen Stange versehn nach Hause. Bei unserm nächsten Besuche fragten wir den guten Pfaffenländer, was er denn ausgerichtet? Nichts, war die Antwort, die jungen Bengels haben einen Ausputzer bekommen, und meine Stämme sind zum Teufel! </p><lb/> <p>Durch jene feurige Landsturmrede wurden wir mit dem Probste Hanstein und mit seinem würdigen Kollegen, dem Probste Ribbeck näher bekannt. Beide wirkten einträchtig in ihrem geistlichen Berufe, und sind noch lange bei der Brüderstraße im besten Andenken geblieben. Die Petrikirche war, wie schon bemerkt, im Jahre 1808 abgebrannt, und der Gottesdienst wurde nach einem freundlichen Uebereinkommen mit der Domgemeinde in den Frühstunden von 9–11 im Dome abgehalten. Daß hiebei allerlei Kollisionen vorkommen mußten, war unvermeidlich, aber der versöhnliche Sinn unsrer beiden Geistlichen wußte jede ernsthafte Reibung zu vermeiden. Ribbeck war ein feiner Mann von stillem Wesen, liebevoll und gut, aber ohne höhere geistige Bedeutung. Hanstein, obgleich von ganz kleiner Statur, zeigte in Sprache und Gebehrden eine entschlossene, thatkräftige Gesinnung; er war zum Befehlen geboren. Ribbecks Predigten waren langweilig, Hanstein fesselte uns durch seinen lebendigen Vortrag. So oft die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [356/0368]
bald von dem Waldfrevel unterrichtet, und eilte erzürnt herbei, um seine jungen Kiefern zu retten. Aber die eifrigen Vaterlandsvertheidiger ließen sich weder durch seine guten noch bösen Worte abhalten, in ihrem Geschäfte fortzufahren. Da der Förster nur einer gegen dreißig war, so konnte er nicht daran denken, Gewalt zu brauchen; er lief endlich, fast in Verzweiflung, nach der Stadt, um die Sache der Behörde anzuzeigen. Bald darauf zogen auch die Holzfäller, jeder mit einer tüchtigen Stange versehn nach Hause. Bei unserm nächsten Besuche fragten wir den guten Pfaffenländer, was er denn ausgerichtet? Nichts, war die Antwort, die jungen Bengels haben einen Ausputzer bekommen, und meine Stämme sind zum Teufel!
Durch jene feurige Landsturmrede wurden wir mit dem Probste Hanstein und mit seinem würdigen Kollegen, dem Probste Ribbeck näher bekannt. Beide wirkten einträchtig in ihrem geistlichen Berufe, und sind noch lange bei der Brüderstraße im besten Andenken geblieben. Die Petrikirche war, wie schon bemerkt, im Jahre 1808 abgebrannt, und der Gottesdienst wurde nach einem freundlichen Uebereinkommen mit der Domgemeinde in den Frühstunden von 9–11 im Dome abgehalten. Daß hiebei allerlei Kollisionen vorkommen mußten, war unvermeidlich, aber der versöhnliche Sinn unsrer beiden Geistlichen wußte jede ernsthafte Reibung zu vermeiden. Ribbeck war ein feiner Mann von stillem Wesen, liebevoll und gut, aber ohne höhere geistige Bedeutung. Hanstein, obgleich von ganz kleiner Statur, zeigte in Sprache und Gebehrden eine entschlossene, thatkräftige Gesinnung; er war zum Befehlen geboren. Ribbecks Predigten waren langweilig, Hanstein fesselte uns durch seinen lebendigen Vortrag. So oft die
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