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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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Eifer, und schonte seine Truppen auf eine fast unerlaubte Weise. Nachdem er sich mit Blücher vereinigt, ließ er diesem eine Translocation der beiden Armeen vorschlagen, wodurch Blücher ganz vorn gegen den Feind, und Bernadotte in eine mehr gesicherte Stellung kam. Ist mir gerade recht, brummte der alte Blücher, wenn der französische Cujohn im Hintertreffen bleiben will, so kann er's haben!

In Folge der beiden Schlachten von Gros-Beeren und Dennewitz, die so nahe bei Berlin geschlagen wurden, füllten sich die schon vorhandenen Lazarethe, und neue wurden eingerichtet. Die Wohlthätigkeit der Einwohner bewährte sich hier aufs beste; reichliche Gaben an Geld und Wäsche flossen den Spitälern zu, und manches Hemd, das noch lange hätte dienen können, ward aus unseren Wäscheschränken den Krankenhäusern übergeben. Die leicht Verwundeten gingen bald wieder herum, und so kamen auch eines Tages zwei ehemalige Schüler des Grauen Klosters um 12 Uhr nach dem Gymnasium, um ihre Kameraden wieder zu sehn. Von allen Seiten wurden sie umringt und mit Fragen bestürmt. Bei ihren einfachen Erzählungen wechselten Freude und Schmerz in den Herzen der Zuhörer, Freude über die glorreichen Erfolge unserer Waffen, Schmerz über unser unfreiwilliges Zuhausebleiben. Beide Kameraden sahen blaß aus und gingen an Stöcken; sie hatten Schüsse in den Fuß erhalten. Diese Wunden waren damals bei den Preußen ungemein häufig; man wollte sie daraus erklären, daß die zuletzt ausgehobene französische Linieninfanterie fast aus lauter jungen Leuten von 16-17 Jahren bestand, die das schwere Gewehr beim Anlegen und Abfeuern etwas sinken ließen. Deshalb

Eifer, und schonte seine Truppen auf eine fast unerlaubte Weise. Nachdem er sich mit Blücher vereinigt, ließ er diesem eine Translocation der beiden Armeen vorschlagen, wodurch Blücher ganz vorn gegen den Feind, und Bernadotte in eine mehr gesicherte Stellung kam. Ist mir gerade recht, brummte der alte Blücher, wenn der französische Cujohn im Hintertreffen bleiben will, so kann er’s haben!

In Folge der beiden Schlachten von Gros-Beeren und Dennewitz, die so nahe bei Berlin geschlagen wurden, füllten sich die schon vorhandenen Lazarethe, und neue wurden eingerichtet. Die Wohlthätigkeit der Einwohner bewährte sich hier aufs beste; reichliche Gaben an Geld und Wäsche flossen den Spitälern zu, und manches Hemd, das noch lange hätte dienen können, ward aus unseren Wäscheschränken den Krankenhäusern übergeben. Die leicht Verwundeten gingen bald wieder herum, und so kamen auch eines Tages zwei ehemalige Schüler des Grauen Klosters um 12 Uhr nach dem Gymnasium, um ihre Kameraden wieder zu sehn. Von allen Seiten wurden sie umringt und mit Fragen bestürmt. Bei ihren einfachen Erzählungen wechselten Freude und Schmerz in den Herzen der Zuhörer, Freude über die glorreichen Erfolge unserer Waffen, Schmerz über unser unfreiwilliges Zuhausebleiben. Beide Kameraden sahen blaß aus und gingen an Stöcken; sie hatten Schüsse in den Fuß erhalten. Diese Wunden waren damals bei den Preußen ungemein häufig; man wollte sie daraus erklären, daß die zuletzt ausgehobene französische Linieninfanterie fast aus lauter jungen Leuten von 16–17 Jahren bestand, die das schwere Gewehr beim Anlegen und Abfeuern etwas sinken ließen. Deshalb

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[394/0406] Eifer, und schonte seine Truppen auf eine fast unerlaubte Weise. Nachdem er sich mit Blücher vereinigt, ließ er diesem eine Translocation der beiden Armeen vorschlagen, wodurch Blücher ganz vorn gegen den Feind, und Bernadotte in eine mehr gesicherte Stellung kam. Ist mir gerade recht, brummte der alte Blücher, wenn der französische Cujohn im Hintertreffen bleiben will, so kann er’s haben! In Folge der beiden Schlachten von Gros-Beeren und Dennewitz, die so nahe bei Berlin geschlagen wurden, füllten sich die schon vorhandenen Lazarethe, und neue wurden eingerichtet. Die Wohlthätigkeit der Einwohner bewährte sich hier aufs beste; reichliche Gaben an Geld und Wäsche flossen den Spitälern zu, und manches Hemd, das noch lange hätte dienen können, ward aus unseren Wäscheschränken den Krankenhäusern übergeben. Die leicht Verwundeten gingen bald wieder herum, und so kamen auch eines Tages zwei ehemalige Schüler des Grauen Klosters um 12 Uhr nach dem Gymnasium, um ihre Kameraden wieder zu sehn. Von allen Seiten wurden sie umringt und mit Fragen bestürmt. Bei ihren einfachen Erzählungen wechselten Freude und Schmerz in den Herzen der Zuhörer, Freude über die glorreichen Erfolge unserer Waffen, Schmerz über unser unfreiwilliges Zuhausebleiben. Beide Kameraden sahen blaß aus und gingen an Stöcken; sie hatten Schüsse in den Fuß erhalten. Diese Wunden waren damals bei den Preußen ungemein häufig; man wollte sie daraus erklären, daß die zuletzt ausgehobene französische Linieninfanterie fast aus lauter jungen Leuten von 16–17 Jahren bestand, die das schwere Gewehr beim Anlegen und Abfeuern etwas sinken ließen. Deshalb

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/406>, abgerufen am 16.07.2024.