Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].lobte man die Einrichtung der preußischen Armee, die zwar auch aus jungen Leuten bestand, wo aber die kräftigeren Bauersöhne in der Linie standen, und die schwächeren Mittelstände zu freiwilligen Jägercompagnien vereinigt waren, die mit leichteren Gewehren und Büchsen bewaffnet, durch ihre Einzelschüsse beim Tirailliren dem Feinde großen Abbruch thaten. Nicht bloß ihre eignen Abentheuer mußten die Zurückgekehrten erzählen, sondern auch von den übrigen Mitschülern, so viel sie konnten, Nachricht geben. Kein einziger von allen, nach denen wir mit ungeduldigem Eifer fragten, war geblieben, nur wenige waren verwundet. Unsre beiden Freunde konnten die Zeit kaum erwarten, um dem Heere alsbald nachzuhinken. Mit gepreßtem Herzen nahmen wir Abschied; wer von uns hätte sie nicht gern begleitet! Unter den Gefangnen befand sich auch der Graf Edmund von Perigord, der Schwiegersohn der Herzogin von Kurland, der Gemahl der schönen Prinzessin Dorothea. Als ich eines Tages mit Fritz aus der Schule kam, fanden wir bei meinem Vater einen kleinen, zierlichen Herrn von ausländischem Ansehn, braun von Gesicht, schwarz von Augen und Haaren, mit einem wohlgepflegten, fächerartigen Backenbarte, der seinem Kopfe eine übermäßige Größe ertheilte. Kommt näher, Kinder, sagte mein Vater, und gebt dem Herrn die Hand! Nachdem dies geschehn war, und wir erfahren hatten, wer der Herr sei, richtete er einige freundliche französische Worte an uns, und wir wurden entlassen. Fritz eilte sogleich voll Entrüstung in unsre Stube, um sich die Hände zu waschen, die er durch die Berührung eines Franzosen besudelt glaubte. Der Graf von Perigord hatte niemals Lust zum lobte man die Einrichtung der preußischen Armee, die zwar auch aus jungen Leuten bestand, wo aber die kräftigeren Bauersöhne in der Linie standen, und die schwächeren Mittelstände zu freiwilligen Jägercompagnien vereinigt waren, die mit leichteren Gewehren und Büchsen bewaffnet, durch ihre Einzelschüsse beim Tirailliren dem Feinde großen Abbruch thaten. Nicht bloß ihre eignen Abentheuer mußten die Zurückgekehrten erzählen, sondern auch von den übrigen Mitschülern, so viel sie konnten, Nachricht geben. Kein einziger von allen, nach denen wir mit ungeduldigem Eifer fragten, war geblieben, nur wenige waren verwundet. Unsre beiden Freunde konnten die Zeit kaum erwarten, um dem Heere alsbald nachzuhinken. Mit gepreßtem Herzen nahmen wir Abschied; wer von uns hätte sie nicht gern begleitet! Unter den Gefangnen befand sich auch der Graf Edmund von Périgord, der Schwiegersohn der Herzogin von Kurland, der Gemahl der schönen Prinzessin Dorothea. Als ich eines Tages mit Fritz aus der Schule kam, fanden wir bei meinem Vater einen kleinen, zierlichen Herrn von ausländischem Ansehn, braun von Gesicht, schwarz von Augen und Haaren, mit einem wohlgepflegten, fächerartigen Backenbarte, der seinem Kopfe eine übermäßige Größe ertheilte. Kommt näher, Kinder, sagte mein Vater, und gebt dem Herrn die Hand! Nachdem dies geschehn war, und wir erfahren hatten, wer der Herr sei, richtete er einige freundliche französische Worte an uns, und wir wurden entlassen. Fritz eilte sogleich voll Entrüstung in unsre Stube, um sich die Hände zu waschen, die er durch die Berührung eines Franzosen besudelt glaubte. 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Mit gepreßtem Herzen nahmen wir Abschied; wer von uns hätte sie nicht gern begleitet! </p><lb/> <p>Unter den Gefangnen befand sich auch der Graf Edmund von Périgord, der Schwiegersohn der Herzogin von Kurland, der Gemahl der schönen Prinzessin Dorothea. Als ich eines Tages mit Fritz aus der Schule kam, fanden wir bei meinem Vater einen kleinen, zierlichen Herrn von ausländischem Ansehn, braun von Gesicht, schwarz von Augen und Haaren, mit einem wohlgepflegten, fächerartigen Backenbarte, der seinem Kopfe eine übermäßige Größe ertheilte. Kommt näher, Kinder, sagte mein Vater, und gebt dem Herrn die Hand! Nachdem dies geschehn war, und wir erfahren hatten, wer der Herr sei, richtete er einige freundliche französische Worte an uns, und wir wurden entlassen. Fritz eilte sogleich voll Entrüstung in unsre Stube, um sich die Hände zu waschen, die er durch die Berührung eines Franzosen besudelt glaubte. Der Graf von Périgord hatte niemals Lust zum </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [395/0407]
lobte man die Einrichtung der preußischen Armee, die zwar auch aus jungen Leuten bestand, wo aber die kräftigeren Bauersöhne in der Linie standen, und die schwächeren Mittelstände zu freiwilligen Jägercompagnien vereinigt waren, die mit leichteren Gewehren und Büchsen bewaffnet, durch ihre Einzelschüsse beim Tirailliren dem Feinde großen Abbruch thaten. Nicht bloß ihre eignen Abentheuer mußten die Zurückgekehrten erzählen, sondern auch von den übrigen Mitschülern, so viel sie konnten, Nachricht geben. Kein einziger von allen, nach denen wir mit ungeduldigem Eifer fragten, war geblieben, nur wenige waren verwundet. Unsre beiden Freunde konnten die Zeit kaum erwarten, um dem Heere alsbald nachzuhinken. Mit gepreßtem Herzen nahmen wir Abschied; wer von uns hätte sie nicht gern begleitet!
Unter den Gefangnen befand sich auch der Graf Edmund von Périgord, der Schwiegersohn der Herzogin von Kurland, der Gemahl der schönen Prinzessin Dorothea. Als ich eines Tages mit Fritz aus der Schule kam, fanden wir bei meinem Vater einen kleinen, zierlichen Herrn von ausländischem Ansehn, braun von Gesicht, schwarz von Augen und Haaren, mit einem wohlgepflegten, fächerartigen Backenbarte, der seinem Kopfe eine übermäßige Größe ertheilte. Kommt näher, Kinder, sagte mein Vater, und gebt dem Herrn die Hand! Nachdem dies geschehn war, und wir erfahren hatten, wer der Herr sei, richtete er einige freundliche französische Worte an uns, und wir wurden entlassen. Fritz eilte sogleich voll Entrüstung in unsre Stube, um sich die Hände zu waschen, die er durch die Berührung eines Franzosen besudelt glaubte. Der Graf von Périgord hatte niemals Lust zum
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