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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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Als Rode den Schuß durch die Schulter erhielt, und besinnungslos vom Pferde sank, waren seine treuen Füsilire gleich um ihn geschäftig, und trugen ihn aus dem Feuer. Kinder, sagte er, als er die Augen wieder aufschlug, das wird wohl mein Letztes sein! "Dat wüllen wi jo nich hopen", riefen die ehrlichen Bauerjungen, "aber der Wälsche sall dat entgelten!" Nachdem sie ihn sorgfältig auf einen Wagen gehoben, eilten sie gleich wieder in den Kampf zurück, "und da wird wohl", setzte Rode gerührt hinzu, "mancher Wälsche daran geglaubt haben!"

Auch das, was uns Rode aus seinem früheren Leben erzählte, ward mit Theilnahme angenommen. Er mochte damals etwa 40 Jahre zählen, seine Jugend reichte also in die Zeit des großen Friedrich hinauf, dessen Bild in Heroengröße vor seiner Seele stand. Früh seiner Aeltern beraubt, kam er in das Berliner Kadettenhaus, und verlebte hier eine freudlose Jugend, ohne den erquickenden Genuß des Familienlebens, nach dem er sich so innig sehnte. Kost und Behandlung waren in jener Anstalt wohl ganz gut, aber welcher Qual wurden die Kinder zuweilen durch den leidigen Kamaschendienst ausgesetzt. An den großen Paradetagen, die zum Glück im Jahr nur ein- oder zweimal vorkamen, mußten die Kadetten mit steif frisirten und gepuderten Haaren erscheinen, an denen nicht die geringste Unordnung sich zeigen durfte. Der Friseur konnte natürlich nicht alle 100 Kadetten am Morgen vor der Parade adonisiren, daher wurden die ältesten Knaben am Abend vorher frisirt, und mußten die ganze Nacht aufrecht auf Stühlen sitzen, ohne den Kopf anzulegen, weil sonst der künstliche Haarputz verdorben wurde! Anfangs, sagte Rode, sei ihm dies ganz unmöglich gewesen,

Als Rode den Schuß durch die Schulter erhielt, und besinnungslos vom Pferde sank, waren seine treuen Füsilire gleich um ihn geschäftig, und trugen ihn aus dem Feuer. Kinder, sagte er, als er die Augen wieder aufschlug, das wird wohl mein Letztes sein! „Dat wüllen wi jo nich hopen“, riefen die ehrlichen Bauerjungen, „aber der Wälsche sall dat entgelten!“ Nachdem sie ihn sorgfältig auf einen Wagen gehoben, eilten sie gleich wieder in den Kampf zurück, „und da wird wohl“, setzte Rode gerührt hinzu, „mancher Wälsche daran geglaubt haben!“

Auch das, was uns Rode aus seinem früheren Leben erzählte, ward mit Theilnahme angenommen. Er mochte damals etwa 40 Jahre zählen, seine Jugend reichte also in die Zeit des großen Friedrich hinauf, dessen Bild in Heroengröße vor seiner Seele stand. Früh seiner Aeltern beraubt, kam er in das Berliner Kadettenhaus, und verlebte hier eine freudlose Jugend, ohne den erquickenden Genuß des Familienlebens, nach dem er sich so innig sehnte. Kost und Behandlung waren in jener Anstalt wohl ganz gut, aber welcher Qual wurden die Kinder zuweilen durch den leidigen Kamaschendienst ausgesetzt. An den großen Paradetagen, die zum Glück im Jahr nur ein- oder zweimal vorkamen, mußten die Kadetten mit steif frisirten und gepuderten Haaren erscheinen, an denen nicht die geringste Unordnung sich zeigen durfte. Der Friseur konnte natürlich nicht alle 100 Kadetten am Morgen vor der Parade adonisiren, daher wurden die ältesten Knaben am Abend vorher frisirt, und mußten die ganze Nacht aufrecht auf Stühlen sitzen, ohne den Kopf anzulegen, weil sonst der künstliche Haarputz verdorben wurde! Anfangs, sagte Rode, sei ihm dies ganz unmöglich gewesen,

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[398/0410] Als Rode den Schuß durch die Schulter erhielt, und besinnungslos vom Pferde sank, waren seine treuen Füsilire gleich um ihn geschäftig, und trugen ihn aus dem Feuer. Kinder, sagte er, als er die Augen wieder aufschlug, das wird wohl mein Letztes sein! „Dat wüllen wi jo nich hopen“, riefen die ehrlichen Bauerjungen, „aber der Wälsche sall dat entgelten!“ Nachdem sie ihn sorgfältig auf einen Wagen gehoben, eilten sie gleich wieder in den Kampf zurück, „und da wird wohl“, setzte Rode gerührt hinzu, „mancher Wälsche daran geglaubt haben!“ Auch das, was uns Rode aus seinem früheren Leben erzählte, ward mit Theilnahme angenommen. Er mochte damals etwa 40 Jahre zählen, seine Jugend reichte also in die Zeit des großen Friedrich hinauf, dessen Bild in Heroengröße vor seiner Seele stand. Früh seiner Aeltern beraubt, kam er in das Berliner Kadettenhaus, und verlebte hier eine freudlose Jugend, ohne den erquickenden Genuß des Familienlebens, nach dem er sich so innig sehnte. Kost und Behandlung waren in jener Anstalt wohl ganz gut, aber welcher Qual wurden die Kinder zuweilen durch den leidigen Kamaschendienst ausgesetzt. An den großen Paradetagen, die zum Glück im Jahr nur ein- oder zweimal vorkamen, mußten die Kadetten mit steif frisirten und gepuderten Haaren erscheinen, an denen nicht die geringste Unordnung sich zeigen durfte. Der Friseur konnte natürlich nicht alle 100 Kadetten am Morgen vor der Parade adonisiren, daher wurden die ältesten Knaben am Abend vorher frisirt, und mußten die ganze Nacht aufrecht auf Stühlen sitzen, ohne den Kopf anzulegen, weil sonst der künstliche Haarputz verdorben wurde! Anfangs, sagte Rode, sei ihm dies ganz unmöglich gewesen,

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/410>, abgerufen am 22.11.2024.