Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Dem Kronprinzen von Schweden konnten wir gar keine Sympathien zuwenden. Zwar war er in der Schlacht bei Leipzig mit seinen Truppen thätig gewesen, doch damit glaubte er seiner Pflicht als Bundesgenosse genügt zu haben. Von Anfang an hatte er den Verbündeten gerathen, ja nicht über den Rhein zu gehn, er folgte ihnen daher nicht westwärts, sondern wandte sich nordwärts, um die Dänen zu bekriegen, die noch fest auf Napoleons Seite standen. Bernadotte zwang sie, ihm im Frieden von Kiel Norwegen abzutreten, wo sich unterdessen ein schwedischer Prinz zum unabhängigen Könige von Norwegen aufgeworfen. Bernadotte zog gegen ihn, und eroberte das ganze Land ohne viele Mühe in 14 Tagen. Weil er in Deutschland seine Truppen gar zu sehr geschont, so wendete man auf ihn, als er heimzog, die Verse an: Er zählt die Häupter seiner Lieben, Und sieh, ihm fehlt kein theures Haupt! Nicht lange blieben die verbündeten Heere in und um Leipzig stehn. Das ausgesogene Land war nicht im Stande, einen solchen Schwarm von Menschen zu ernähren. Der alte Blücher drängte am heftigsten gegen den Rhein, und damals hörten wir zuerst, daß die Russen ihn den "Marschall Vorwärts" genannt. Dies benutzte Rückert in dem frischen Liede: Tapfrer Preuße, deinen Blücher, Sprich, wie nennst du würdig ihn? Schlag nur nicht erst nach viel Bücher, Denn da steht nichts kluges drin. Mit dem besten Namensgruße Hat ihn dir genannt der Russe, Marschall Vorwärts nennt er ihn! Dem Kronprinzen von Schweden konnten wir gar keine Sympathien zuwenden. Zwar war er in der Schlacht bei Leipzig mit seinen Truppen thätig gewesen, doch damit glaubte er seiner Pflicht als Bundesgenosse genügt zu haben. Von Anfang an hatte er den Verbündeten gerathen, ja nicht über den Rhein zu gehn, er folgte ihnen daher nicht westwärts, sondern wandte sich nordwärts, um die Dänen zu bekriegen, die noch fest auf Napoléons Seite standen. Bernadotte zwang sie, ihm im Frieden von Kiel Norwegen abzutreten, wo sich unterdessen ein schwedischer Prinz zum unabhängigen Könige von Norwegen aufgeworfen. Bernadotte zog gegen ihn, und eroberte das ganze Land ohne viele Mühe in 14 Tagen. Weil er in Deutschland seine Truppen gar zu sehr geschont, so wendete man auf ihn, als er heimzog, die Verse an: Er zählt die Häupter seiner Lieben, Und sieh, ihm fehlt kein theures Haupt! Nicht lange blieben die verbündeten Heere in und um Leipzig stehn. Das ausgesogene Land war nicht im Stande, einen solchen Schwarm von Menschen zu ernähren. Der alte Blücher drängte am heftigsten gegen den Rhein, und damals hörten wir zuerst, daß die Russen ihn den „Marschall Vorwärts“ genannt. Dies benutzte Rückert in dem frischen Liede: Tapfrer Preuße, deinen Blücher, Sprich, wie nennst du würdig ihn? Schlag nur nicht erst nach viel Bücher, Denn da steht nichts kluges drin. Mit dem besten Namensgruße Hat ihn dir genannt der Russe, Marschall Vorwärts nennt er ihn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0424" n="412"/> </p><lb/> <p>Dem Kronprinzen von Schweden konnten wir gar keine Sympathien zuwenden. Zwar war er in der Schlacht bei Leipzig mit seinen Truppen thätig gewesen, doch damit glaubte er seiner Pflicht als Bundesgenosse genügt zu haben. Von Anfang an hatte er den Verbündeten gerathen, ja nicht über den Rhein zu gehn, er folgte ihnen daher nicht westwärts, sondern wandte sich nordwärts, um die Dänen zu bekriegen, die noch fest auf Napoléons Seite standen. Bernadotte zwang sie, ihm im Frieden von Kiel Norwegen abzutreten, wo sich unterdessen ein schwedischer Prinz zum unabhängigen Könige von Norwegen aufgeworfen. Bernadotte zog gegen ihn, und eroberte das ganze Land ohne viele Mühe in 14 Tagen. Weil er in Deutschland seine Truppen gar zu sehr geschont, so wendete man auf ihn, als er heimzog, die Verse an: </p><lb/> <p>Er zählt die Häupter seiner Lieben, </p><lb/> <p>Und sieh, ihm fehlt kein theures Haupt!</p><lb/> <p>Nicht lange blieben die verbündeten Heere in und um Leipzig stehn. Das ausgesogene Land war nicht im Stande, einen solchen Schwarm von Menschen zu ernähren. Der alte Blücher drängte am heftigsten gegen den Rhein, und damals hörten wir zuerst, daß die Russen ihn den „Marschall Vorwärts“ genannt. Dies benutzte Rückert in dem frischen Liede: </p><lb/> <p>Tapfrer Preuße, deinen Blücher, </p><lb/> <p>Sprich, wie nennst du würdig ihn? </p><lb/> <p>Schlag nur nicht erst nach viel Bücher, </p><lb/> <p>Denn da steht nichts kluges drin. </p><lb/> <p>Mit dem besten Namensgruße </p><lb/> <p>Hat ihn dir genannt der Russe, </p><lb/> <p>Marschall Vorwärts nennt er ihn! </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [412/0424]
Dem Kronprinzen von Schweden konnten wir gar keine Sympathien zuwenden. Zwar war er in der Schlacht bei Leipzig mit seinen Truppen thätig gewesen, doch damit glaubte er seiner Pflicht als Bundesgenosse genügt zu haben. Von Anfang an hatte er den Verbündeten gerathen, ja nicht über den Rhein zu gehn, er folgte ihnen daher nicht westwärts, sondern wandte sich nordwärts, um die Dänen zu bekriegen, die noch fest auf Napoléons Seite standen. Bernadotte zwang sie, ihm im Frieden von Kiel Norwegen abzutreten, wo sich unterdessen ein schwedischer Prinz zum unabhängigen Könige von Norwegen aufgeworfen. Bernadotte zog gegen ihn, und eroberte das ganze Land ohne viele Mühe in 14 Tagen. Weil er in Deutschland seine Truppen gar zu sehr geschont, so wendete man auf ihn, als er heimzog, die Verse an:
Er zählt die Häupter seiner Lieben,
Und sieh, ihm fehlt kein theures Haupt!
Nicht lange blieben die verbündeten Heere in und um Leipzig stehn. Das ausgesogene Land war nicht im Stande, einen solchen Schwarm von Menschen zu ernähren. Der alte Blücher drängte am heftigsten gegen den Rhein, und damals hörten wir zuerst, daß die Russen ihn den „Marschall Vorwärts“ genannt. Dies benutzte Rückert in dem frischen Liede:
Tapfrer Preuße, deinen Blücher,
Sprich, wie nennst du würdig ihn?
Schlag nur nicht erst nach viel Bücher,
Denn da steht nichts kluges drin.
Mit dem besten Namensgruße
Hat ihn dir genannt der Russe,
Marschall Vorwärts nennt er ihn!
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/424>, abgerufen am 16.07.2024. |