Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Aber der düstre Schatten, den Napoleons Riesengestalt auf meine frühsten Jahre geworfen, erbleicht vor dem Sonnenglanze der Erinnerung an die Freiheitskriege von 1813 u. 1814. Dies eine Jahr der Erhebung entschädigte für die voran gegangenen sieben Jahre der Knechtschaft. Es wird nicht viele Momente in der Geschichte geben, wo ein ganzes Volk mit gleicher Opferwilligkeit alle seine zeitlichen Güter daran setzte, um das höchste geistige Gut, die Freiheit, zu erwerben. Daß dies große Gefühl alle Stände durchdrang, daß gar keiner zurückbleiben wollte in dem allgemeinen Wetteifer, daß Vornehme und Geringe in neidloser Vereinigung neben einander thätig waren, um das herrliche Ziel zu erreichen, das wird dem Andenken an jene Zeit immer eine ganz besondere Weihe geben. Während des Sommers 1814 kehrten die Truppen in ihre Heimath zurück, und da ward der Einzug jedes Regimentes zu einem Freudenfeste. Zuerst brachte am 7. Juni ein Kurier mit 30 blasenden Postillionen die Nachricht von dem in Paris abgeschlossenen Frieden; am 3. Juli folgte der Einzug der freiwilligen Gardejäger zu Fuß und zu Pferde, unter denen wir manchen lieben Freund und Bekannten begrüßten; am 3. August, als an seinem Geburtstage kehrte der König Friedrich Wilhelm III. in seine festlich geschmückte Hauptstadt zurück; am 14. August sahen wir den Einzug der russischen Garden, die nach treugeleisteter Bundesgenossenpflicht in ihre kalte Heimath abzogen. Als ganz besonderen Festtages muß ich des 17. August erwähnen, an dem Blücher den Turnplatz besuchte. Dies Ereigniß machte auf die dort versammelte Jugend den lebhaftesten Eindruck. Sobald es hieß: da kömmt der Aber der düstre Schatten, den Napoléons Riesengestalt auf meine frühsten Jahre geworfen, erbleicht vor dem Sonnenglanze der Erinnerung an die Freiheitskriege von 1813 u. 1814. Dies eine Jahr der Erhebung entschädigte für die voran gegangenen sieben Jahre der Knechtschaft. Es wird nicht viele Momente in der Geschichte geben, wo ein ganzes Volk mit gleicher Opferwilligkeit alle seine zeitlichen Güter daran setzte, um das höchste geistige Gut, die Freiheit, zu erwerben. Daß dies große Gefühl alle Stände durchdrang, daß gar keiner zurückbleiben wollte in dem allgemeinen Wetteifer, daß Vornehme und Geringe in neidloser Vereinigung neben einander thätig waren, um das herrliche Ziel zu erreichen, das wird dem Andenken an jene Zeit immer eine ganz besondere Weihe geben. Während des Sommers 1814 kehrten die Truppen in ihre Heimath zurück, und da ward der Einzug jedes Regimentes zu einem Freudenfeste. Zuerst brachte am 7. Juni ein Kurier mit 30 blasenden Postillionen die Nachricht von dem in Paris abgeschlossenen Frieden; am 3. Juli folgte der Einzug der freiwilligen Gardejäger zu Fuß und zu Pferde, unter denen wir manchen lieben Freund und Bekannten begrüßten; am 3. August, als an seinem Geburtstage kehrte der König Friedrich Wilhelm III. in seine festlich geschmückte Hauptstadt zurück; am 14. August sahen wir den Einzug der russischen Garden, die nach treugeleisteter Bundesgenossenpflicht in ihre kalte Heimath abzogen. Als ganz besonderen Festtages muß ich des 17. August erwähnen, an dem Blücher den Turnplatz besuchte. Dies Ereigniß machte auf die dort versammelte Jugend den lebhaftesten Eindruck. Sobald es hieß: da kömmt der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0434" n="422"/> </p><lb/> <p>Aber der düstre Schatten, den Napoléons Riesengestalt auf meine frühsten Jahre geworfen, erbleicht vor dem Sonnenglanze der Erinnerung an die Freiheitskriege von 1813 u. 1814. Dies eine Jahr der Erhebung entschädigte für die voran gegangenen sieben Jahre der Knechtschaft. Es wird nicht viele Momente in der Geschichte geben, wo ein ganzes Volk mit gleicher Opferwilligkeit alle seine zeitlichen Güter daran setzte, um das höchste geistige Gut, die Freiheit, zu erwerben. Daß dies große Gefühl alle Stände durchdrang, daß gar keiner zurückbleiben wollte in dem allgemeinen Wetteifer, daß Vornehme und Geringe in neidloser Vereinigung neben einander thätig waren, um das herrliche Ziel zu erreichen, das wird dem Andenken an jene Zeit immer eine ganz besondere Weihe geben. </p><lb/> <p>Während des Sommers 1814 kehrten die Truppen in ihre Heimath zurück, und da ward der Einzug jedes Regimentes zu einem Freudenfeste. Zuerst brachte am 7. Juni ein Kurier mit 30 blasenden Postillionen die Nachricht von dem in Paris abgeschlossenen Frieden; am 3. Juli folgte der Einzug der freiwilligen Gardejäger zu Fuß und zu Pferde, unter denen wir manchen lieben Freund und Bekannten begrüßten; am 3. 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Aber der düstre Schatten, den Napoléons Riesengestalt auf meine frühsten Jahre geworfen, erbleicht vor dem Sonnenglanze der Erinnerung an die Freiheitskriege von 1813 u. 1814. Dies eine Jahr der Erhebung entschädigte für die voran gegangenen sieben Jahre der Knechtschaft. Es wird nicht viele Momente in der Geschichte geben, wo ein ganzes Volk mit gleicher Opferwilligkeit alle seine zeitlichen Güter daran setzte, um das höchste geistige Gut, die Freiheit, zu erwerben. Daß dies große Gefühl alle Stände durchdrang, daß gar keiner zurückbleiben wollte in dem allgemeinen Wetteifer, daß Vornehme und Geringe in neidloser Vereinigung neben einander thätig waren, um das herrliche Ziel zu erreichen, das wird dem Andenken an jene Zeit immer eine ganz besondere Weihe geben.
Während des Sommers 1814 kehrten die Truppen in ihre Heimath zurück, und da ward der Einzug jedes Regimentes zu einem Freudenfeste. Zuerst brachte am 7. Juni ein Kurier mit 30 blasenden Postillionen die Nachricht von dem in Paris abgeschlossenen Frieden; am 3. Juli folgte der Einzug der freiwilligen Gardejäger zu Fuß und zu Pferde, unter denen wir manchen lieben Freund und Bekannten begrüßten; am 3. August, als an seinem Geburtstage kehrte der König Friedrich Wilhelm III. in seine festlich geschmückte Hauptstadt zurück; am 14. August sahen wir den Einzug der russischen Garden, die nach treugeleisteter Bundesgenossenpflicht in ihre kalte Heimath abzogen.
Als ganz besonderen Festtages muß ich des 17. August erwähnen, an dem Blücher den Turnplatz besuchte. Dies Ereigniß machte auf die dort versammelte Jugend den lebhaftesten Eindruck. Sobald es hieß: da kömmt der
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/434>, abgerufen am 16.07.2024. |