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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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alte Blücher! so wurden die Kletterbäume, die Recke, die Barren verlassen, und die in graue Leinwandjacken gekleidete Schaar umringte den hochverehrten Gast. Der greise Held trug einen einfachen blauen Ueberrock und einen runden Hut. Zwei Adjutanten in Civil begleiteten ihn. Mit rüstigem Schritte watete er durch den tiefen Sand, der zwischen den dünnen Rasenstellen der Hasenheide unter den dürftigen Kiefernbäumen große Strecken des Bodens bedeckte. Nachdem er den ganzen Turnplatz durchwandert und einige Uebungen mit angesehn, hielt er uns zum Abschiede eine Rede, ungefähr folgenden Inhaltes: er habe sich sehr gefreut, uns so eifrig in der Erwerbung von körperlicher Geschicklichkeit zu finden; wir würden dadurch im Stande sein, später noch größere Beschwerden zu ertragen, und wenn das Vaterland noch einmal nöthig haben sollte, zu seiner Vertheidigung die Waffen zu ergreifen, so werde es uns bereit finden, mit in die Reihen des Heeres einzutreten.

Mit einem lauten Hurrah wurde er entlassen, und nun schwirrten die Bemerkungen über alles was er gesagt und gethan, fröhlich durcheinander. Wir hatten damals mehrere Puristen unter uns, zu denen auch Freund Lette gehörte, die kein fremdes Wort in der deutschen Sprache leiden, und es dem hohen Gaste aufmutzen wollten, daß er in seiner Rede zwei französische Worte gebraucht: Messieurs und Fatiguen, aber sie wurden gründlich ausgelacht. Mit dem erhebenden Gefühle, daß der Besieger Napoleons uns seiner Aufmerksamkeit würdig geachtet, gingen wir nach Hause, wo Fritz mit unendlicher Zungengeläufigkeit den wichtigen Vorfall erst meiner Schwester, dann den Aeltern, dann den Dienstleuten auseinandersetzte.

alte Blücher! so wurden die Kletterbäume, die Recke, die Barren verlassen, und die in graue Leinwandjacken gekleidete Schaar umringte den hochverehrten Gast. Der greise Held trug einen einfachen blauen Ueberrock und einen runden Hut. Zwei Adjutanten in Civil begleiteten ihn. Mit rüstigem Schritte watete er durch den tiefen Sand, der zwischen den dünnen Rasenstellen der Hasenheide unter den dürftigen Kiefernbäumen große Strecken des Bodens bedeckte. Nachdem er den ganzen Turnplatz durchwandert und einige Uebungen mit angesehn, hielt er uns zum Abschiede eine Rede, ungefähr folgenden Inhaltes: er habe sich sehr gefreut, uns so eifrig in der Erwerbung von körperlicher Geschicklichkeit zu finden; wir würden dadurch im Stande sein, später noch größere Beschwerden zu ertragen, und wenn das Vaterland noch einmal nöthig haben sollte, zu seiner Vertheidigung die Waffen zu ergreifen, so werde es uns bereit finden, mit in die Reihen des Heeres einzutreten.

Mit einem lauten Hurrah wurde er entlassen, und nun schwirrten die Bemerkungen über alles was er gesagt und gethan, fröhlich durcheinander. Wir hatten damals mehrere Puristen unter uns, zu denen auch Freund Lette gehörte, die kein fremdes Wort in der deutschen Sprache leiden, und es dem hohen Gaste aufmutzen wollten, daß er in seiner Rede zwei französische Worte gebraucht: Messieurs und Fatiguen, aber sie wurden gründlich ausgelacht. Mit dem erhebenden Gefühle, daß der Besieger Napoléons uns seiner Aufmerksamkeit würdig geachtet, gingen wir nach Hause, wo Fritz mit unendlicher Zungengeläufigkeit den wichtigen Vorfall erst meiner Schwester, dann den Aeltern, dann den Dienstleuten auseinandersetzte.

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alte Blücher! so wurden die Kletterbäume, die Recke, die Barren verlassen, und die in graue Leinwandjacken gekleidete Schaar umringte den hochverehrten Gast. Der greise Held trug einen einfachen blauen Ueberrock und einen runden Hut. Zwei Adjutanten in Civil begleiteten ihn. Mit rüstigem Schritte watete er durch den tiefen Sand, der zwischen den dünnen Rasenstellen der Hasenheide unter den dürftigen Kiefernbäumen große Strecken des Bodens bedeckte. Nachdem er den ganzen Turnplatz durchwandert und einige Uebungen mit angesehn, hielt er uns zum Abschiede eine Rede, ungefähr folgenden Inhaltes: er habe sich sehr gefreut, uns so eifrig in der Erwerbung von körperlicher Geschicklichkeit zu finden; wir würden dadurch im Stande sein, später noch größere Beschwerden zu ertragen, und wenn das Vaterland noch einmal nöthig haben sollte, zu seiner Vertheidigung die Waffen zu ergreifen, so werde es uns bereit finden, mit in die Reihen des Heeres einzutreten. </p><lb/>
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[423/0435] alte Blücher! so wurden die Kletterbäume, die Recke, die Barren verlassen, und die in graue Leinwandjacken gekleidete Schaar umringte den hochverehrten Gast. Der greise Held trug einen einfachen blauen Ueberrock und einen runden Hut. Zwei Adjutanten in Civil begleiteten ihn. Mit rüstigem Schritte watete er durch den tiefen Sand, der zwischen den dünnen Rasenstellen der Hasenheide unter den dürftigen Kiefernbäumen große Strecken des Bodens bedeckte. Nachdem er den ganzen Turnplatz durchwandert und einige Uebungen mit angesehn, hielt er uns zum Abschiede eine Rede, ungefähr folgenden Inhaltes: er habe sich sehr gefreut, uns so eifrig in der Erwerbung von körperlicher Geschicklichkeit zu finden; wir würden dadurch im Stande sein, später noch größere Beschwerden zu ertragen, und wenn das Vaterland noch einmal nöthig haben sollte, zu seiner Vertheidigung die Waffen zu ergreifen, so werde es uns bereit finden, mit in die Reihen des Heeres einzutreten. Mit einem lauten Hurrah wurde er entlassen, und nun schwirrten die Bemerkungen über alles was er gesagt und gethan, fröhlich durcheinander. Wir hatten damals mehrere Puristen unter uns, zu denen auch Freund Lette gehörte, die kein fremdes Wort in der deutschen Sprache leiden, und es dem hohen Gaste aufmutzen wollten, daß er in seiner Rede zwei französische Worte gebraucht: Messieurs und Fatiguen, aber sie wurden gründlich ausgelacht. Mit dem erhebenden Gefühle, daß der Besieger Napoléons uns seiner Aufmerksamkeit würdig geachtet, gingen wir nach Hause, wo Fritz mit unendlicher Zungengeläufigkeit den wichtigen Vorfall erst meiner Schwester, dann den Aeltern, dann den Dienstleuten auseinandersetzte.

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/435>, abgerufen am 22.11.2024.