Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].der Umgegend von Hamburg gegen die Dänen; allein es wollte überall nicht recht gehn, weil der Anführer entweder verwundet oder gefangen war. Lützows wilde Jagd von Körner kursirte schon in mehreren Abschriften, und wurde nach beliebigen Melodien gesungen; aber die letzte Zeile travestirten die schwarzen Jäger: Das war Lützows stille verlegene Jagd! Weder bei den deutschen Entscheidungschlachten nach dem Waffenstillstande von 1813, noch bei den ruhmreichen Kämpfen in Frankreich im Anfange des Jahres 1814 konnten die Lützower thätig sein. Lange, langweilige Wochen verstrichen ihnen bei der Einschließung der Festung Jülich. Als sie in Frankreich einrückten, ward August, weil er französisch sprach, zum Fourier ernannt, und hatte nun einen leichteren Dienst. Zuweilen requirirte er bei den Bauern Pferde, um schneller zur Stelle zu kommen, aber dies gab wenig Erleichterung, weil das Reiten auf den kolossalen französischen Ackerpferden mit oder ohne Sattel eher eine Beschwerde als ein Vergnügen zu nennen war. Lange bewahrte ich unter meinen Papieren eine geistvolle kleine bunte Zeichnung des Malers Ernst Welker, eines Lützower Reiters. Sie zeigte einen Lützower Fourier auf einem riesengroßen Grauschimmel, und hinter ihm auf einem ähnlichen Elephanten einen französischen Bauern in rother Jacke und mit weißer Nachtmütze, der das Pferd des Fouriers durch einen langen Baumzweig in Trab zu setzen versucht. Langsam rückten die Lützower den siegreichen Heeren bis in die Nähe von Paris nach; auch zur Erstürmung des Montmartre kamen sie zu spät. In den wilden Ardennen, dem Schauplatze so manches romantischen Aben- der Umgegend von Hamburg gegen die Dänen; allein es wollte überall nicht recht gehn, weil der Anführer entweder verwundet oder gefangen war. Lützows wilde Jagd von Körner kursirte schon in mehreren Abschriften, und wurde nach beliebigen Melodien gesungen; aber die letzte Zeile travestirten die schwarzen Jäger: Das war Lützows stille verlegene Jagd! Weder bei den deutschen Entscheidungschlachten nach dem Waffenstillstande von 1813, noch bei den ruhmreichen Kämpfen in Frankreich im Anfange des Jahres 1814 konnten die Lützower thätig sein. Lange, langweilige Wochen verstrichen ihnen bei der Einschließung der Festung Jülich. Als sie in Frankreich einrückten, ward August, weil er französisch sprach, zum Fourier ernannt, und hatte nun einen leichteren Dienst. Zuweilen requirirte er bei den Bauern Pferde, um schneller zur Stelle zu kommen, aber dies gab wenig Erleichterung, weil das Reiten auf den kolossalen französischen Ackerpferden mit oder ohne Sattel eher eine Beschwerde als ein Vergnügen zu nennen war. Lange bewahrte ich unter meinen Papieren eine geistvolle kleine bunte Zeichnung des Malers Ernst Welker, eines Lützower Reiters. Sie zeigte einen Lützower Fourier auf einem riesengroßen Grauschimmel, und hinter ihm auf einem ähnlichen Elephanten einen französischen Bauern in rother Jacke und mit weißer Nachtmütze, der das Pferd des Fouriers durch einen langen Baumzweig in Trab zu setzen versucht. Langsam rückten die Lützower den siegreichen Heeren bis in die Nähe von Paris nach; auch zur Erstürmung des Montmartre kamen sie zu spät. 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Zuweilen requirirte er bei den Bauern Pferde, um schneller zur Stelle zu kommen, aber dies gab wenig Erleichterung, weil das Reiten auf den kolossalen französischen Ackerpferden mit oder ohne Sattel eher eine Beschwerde als ein Vergnügen zu nennen war. Lange bewahrte ich unter meinen Papieren eine geistvolle kleine bunte Zeichnung des Malers Ernst Welker, eines Lützower Reiters. Sie zeigte einen Lützower Fourier auf einem riesengroßen Grauschimmel, und hinter ihm auf einem ähnlichen Elephanten einen französischen Bauern in rother Jacke und mit weißer Nachtmütze, der das Pferd des Fouriers durch einen langen Baumzweig in Trab zu setzen versucht. </p><lb/> <p>Langsam rückten die Lützower den siegreichen Heeren bis in die Nähe von Paris nach; auch zur Erstürmung des Montmartre kamen sie zu spät. In den wilden Ardennen, dem Schauplatze so manches romantischen Aben- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [435/0447]
der Umgegend von Hamburg gegen die Dänen; allein es wollte überall nicht recht gehn, weil der Anführer entweder verwundet oder gefangen war. Lützows wilde Jagd von Körner kursirte schon in mehreren Abschriften, und wurde nach beliebigen Melodien gesungen; aber die letzte Zeile travestirten die schwarzen Jäger:
Das war Lützows stille verlegene Jagd!
Weder bei den deutschen Entscheidungschlachten nach dem Waffenstillstande von 1813, noch bei den ruhmreichen Kämpfen in Frankreich im Anfange des Jahres 1814 konnten die Lützower thätig sein. Lange, langweilige Wochen verstrichen ihnen bei der Einschließung der Festung Jülich. Als sie in Frankreich einrückten, ward August, weil er französisch sprach, zum Fourier ernannt, und hatte nun einen leichteren Dienst. Zuweilen requirirte er bei den Bauern Pferde, um schneller zur Stelle zu kommen, aber dies gab wenig Erleichterung, weil das Reiten auf den kolossalen französischen Ackerpferden mit oder ohne Sattel eher eine Beschwerde als ein Vergnügen zu nennen war. Lange bewahrte ich unter meinen Papieren eine geistvolle kleine bunte Zeichnung des Malers Ernst Welker, eines Lützower Reiters. Sie zeigte einen Lützower Fourier auf einem riesengroßen Grauschimmel, und hinter ihm auf einem ähnlichen Elephanten einen französischen Bauern in rother Jacke und mit weißer Nachtmütze, der das Pferd des Fouriers durch einen langen Baumzweig in Trab zu setzen versucht.
Langsam rückten die Lützower den siegreichen Heeren bis in die Nähe von Paris nach; auch zur Erstürmung des Montmartre kamen sie zu spät. In den wilden Ardennen, dem Schauplatze so manches romantischen Aben-
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/447>, abgerufen am 16.07.2024. |